Eine Geschichte von Liebe und Flucht

Der Roman ,,Einer, der Hans hieß“ von Dietfried Zink

Ausgabe Nr. 2708

 

Sucht man im Zusammenhang mit der Deportation unserer Landsleute nach Russland, im Januar 1945, nach schöngeistigen Darstellungen des Leidens und der Schrecken der Verschleppung zur Zwangsarbeit, so entdeckt man wohl kein anderes, welches das zwischenmenschlichen Geschehen und die Verwandlung des inneren Lebens der von der Deportation Betroffenen so überraschend thematisiert wie der Roman ,,Einer, der Hans hieß“ von Dietfried Zink. Und wohl keines, das so intensiv die Macht ihres inneren Lebens schildert, welches zunächst seinen Ausgang und darauf eine bedeutsame Erweiterung nimmt aus der Wechselwirkung von Zwecken und Trieben und ebenso von Vereinigung und Trennung  –  von Herausforderungen und von Handlungen somit, die die eigenen seelischen Zustände oder die des anderen beeinflussen. Weiterlesen

Vier Frauen, vier Lebenswege

Eine rumänisch-deutsche Familiengeschichte

Ausgabe Nr. 2705

Yvonne Hergane (links) bei ihrer ersten Teilnahme an den ,,Reschitzaer Deutschen Literaturtagen“ im Jahr 2019, mit der Temeswarer Autorin Edith Guip-Cobilanschi (rechts). Foto: Beatrice UNGAR

Edith, Marita, Ellie und Hanne sind vier Mütter, deren Lebensbögen sich über 120 Jahre spannen. Über vier Generationen hinweg verfolgt Yvonne Hergane in ihrem Debütroman „Die Chamäleondamen“, der Ende vergangenen Jahres im MaroVerlag in Deutschland erschienen ist, eine banatdeutsche Familiengeschichte, die in Reschitza beginnt und in Hamburg endet.Weiterlesen

Literarischer Chronist seiner Gemeinschaft

Der Schriftsteller Johann Lippet wird 70 / Von Luzian GEIER

Ausgabe Nr. 2704

Johann Lippet 1975.Foto: Archiv Luzian GEIER

Wiseschdia, rumänisch Vizejdia, zählt zu den kleinen und vom Hauptverkehr bis heute abgehängten Dörfern der Banater Heide. Solche Situationen prägen die Menschen der Gemeinschaft. Aus diesem Ort mit knapp 700 Einwohnern im Jahr 1940, Deutsche bis auf 4 Rumänen, stammte die Familie Lippet, der in der Fremde (Wels, Österreich) am 12. Januar 1951 das erste Kind, der Sohn Johann, geboren wurde. Fünf Jahre später kehrte die Familie ins Dorf der Vorfahren zurück, ein Ereignis mit Folgen für viel literarischen Stoff. „biographie. ein muster“ (Gedicht/e aus 1977, Kriterion Bukarest 1980, Reihe kriterion hefte) stand daher am Anfang der Buchveröffentlichungen des jungen Autors, der als Lyzeaner in Großsanktnikolaus und Germanistik-Student in Temeswar ab 1969 erste Gedichte in Zeitungen und danach in Anthologien (Temeswar 1972, 1979, Klausenburg 1976) veröffentlichte.Weiterlesen

Wo gehöre ich hin?

Online-Lesung mit Thomas Perle in der Münchner Stadtbibliothek

Ausgabe Nr. 2703

Thomas Perle gewann u. a. den Retzhofer Dramapreis 2019. Wie das Drama Forum uniT in Graz mitteilt, wurde er für sein Stück ,,karpatenflecken“ ausgezeichnet. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert und verbunden mit einer Uraufführung am Wiener Burgtheater.               Foto: Nikola MILATOVIC

In der Münchner Stadtbibliothek hat am vergangenen Dienstag, den 8. Dezember d. J., eine Online-Lesung mit Thomas Perle stattgefunden. Im Rahmen des EU-Kulturprogramms war die Lesung Teil der bundesweiten Veranstaltungsreihe „Shared Heritage – Gemeinsames Erbe“. Der rumäniendeutsche Autor gab Texte aus seinem Sammelband „wir gingen weil alle gingen.“ zum besten.

Zudem präsentierte er einen bisher unveröffentlichten Text aus seiner Zeit als Katzendorfer Dorfschreiber. Weiterlesen

Celan sang rumänische Volkslieder

55 Stimmen von Zeitzeugen aus der Welt der Poesie

Ausgabe Nr. 2702

Petro Rychlo (Hg.): Mit den Augen von Zeitgenossen, Erinnerungen an Paul Celan, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 2020, 469 Seiten, ISBN: 978-3-518-42964-8

„Dann trank er zu einer Hammelkeule eine Flasche Mirabelle, einen starken Schnaps, seine Frau und wir tranken Bordeaux, er trank eine zweite Flasche Mirabelle, Bordeaux dazwischen, in der Pergola vor der Küche, am Himmel die Sommersterne. …er begann zu tanzen, sang rumänische Volkslieder, kommunistische Gesänge, ein wilder, gesunder, übermütiger Bursche.“ So konnte er auch sein, der große deutsche Dichter, der aus den Quartieren von Friedrich Hölderlin und Georg Trakl kam. Friedrich Dürrenmatt berichtet so von einem Besuch von Paul Celan in Neuchâtel.Weiterlesen

Die poetische Zweisprachigkeit erfahren

12 Studien zu Paul Celan von Andrei Corbea im Polirom-Verlag erschienen

Ausgabe Nr. 2700

Andrei Corbea: ,,nu vrea/cicatrice“. Studii despre Paul Celan la împlinirea a 100 de ani de la nașterea poetului. Polirom-Verlag, Jassy 2020, 384 Seiten, ISBN 9789734682829.

Der Polirom-Verlag hat einen neuen Band in rumänischer Sprache herausgegeben, der dem Dichter Paul Celan gewidmet ist und 12 Studien von Andrei Corbea umfasst. Das titelgebende Zitat – ,,nu vrea/cicatrice“ stammt aus dem Gedicht, ,,Stimmen“ (rumänische Fassung George State). Es handelt sich um die beiden letzten Zeilen: ,,will nicht/vernarben“. Corbea schreibt in dem Vorwort, diese stünden für das Wesentliche in Celans Nachlass. Dessen Gedichte erinnern oft an eine offene Wunde, die nicht vernarben kann.

Celans Biografie ähnelte diesen Zeilen und fand ihr Ende im April 1970 durch Selbstmord in der Seine, kurz vor seinem 50. Geburtstag. Davon hatte er mehr als die Hälfte in Rumänien verbracht. Weiterlesen

,,Unverwechselbare Stimme“

US-Nobelpreisträgerin mit europäischen Wurzeln

Ausgabe Nr. 2698

Louise Glück wurde für ihre ,,unverwechselbare poetische Stimme“ mit dem Literaturnobelpreis 2020 ausgezeichnet.           Foto: www.scena9.ro

Die Literatur-Nobelpreisträgerin 2020, Louise Glück (auch Glueck), ist eine in Europa weniger bekannte und übersetzte US-amerikanische Lyrikerin und Essayistin. Sie wurde 1943 in New York City geboren und durch die Eltern schon früh zur Beschäftigung mit schöngeistiger Literatur geführt. Die Wurzeln ihrer Familie liegen in Europa, mütterlicherseits sind es russisch-jüdische Vorfahren, väterlicherseits werden sie im damaligen (Österreich)Ungarn angegeben. Weiterlesen

Eine Kostprobe für Letzeburgisch

Luxemburgischer Lyrikabend in Hermannstadt

Ausgabe Nr. 2692

Den luxemburgischen Poesieabend gestalteten  Philippe Blasen, Daniel Plier, Johanna Adam, Liviu Vlad und Romulus Cipariu (v. l. n. r.).Foto: Cynthia PINTER

„Kommt hier aus Frankreich, Belgie, Preisen,/ Mir kënnen iech ons Heemecht weisen;/ Frot dir no alle Seiten hinn:/ Mir wëlle bleiwe wat mer sinn.“ So klingt Letzeburgisch im Gedicht „De Feierwon“, der inoffiziellen Hymne Luxemburgs von Michel Lentz. Eine Kostprobe für die Sprache und die luxemburgische Poesie konnten Hermannstädter am Mittwochabend, dem 23. September, auf der Dachterrasse des Thalia-Saals in der Harteneckgasse/Cetății bekommen.Weiterlesen

Eine Glanzleistung hingelegt

Die 30. ,,Deutschen Literaturtage in Reschitza“ fanden off- und online statt

Ausgabe Nr. 2689

Der Veranstalter und Moderator Erwin Josef Țigla mit Bianca Barbu bei deren Buchvorstellung am Samstag.                                          Foto: DFFB

Die 30. Auflage der „Deutschen Literaturtage in Reschitza” hat vom 4. bis 6. September d. J. in Reschitza stattgefunden. Die meisten Autorinnen und Autoren waren online zugeschaltet, einige schickten Videoaufnahmen. Der Initiator und Hauptveranstalter Erwin Josef Ţigla und sein Team vor Ort haben eine Glanzleistung hingelegt.  Im Innenhof der Deutschen ,,Alexander Tietz“-Bibliothek war ein kleines Studio eingerichtet worden und Ţigla moderierte an den drei Tagen mehr als 12 Stunden. Die Aufzeichnungen kann man auf Youtube unter https://www.youtube.com/channel/UC_kYvj3wj9oGipq7pmZoS_g? oder auf der Facebook-Seite: https://www.facebook.com/Demokrati sches.Forum.der.Banater.Berglanddeutschen abrufen und in aller Ruhe genießen.Weiterlesen

Jubiläumsauflage online

30. ,,Deutsche Literaturtage in Reschitza“

Ausgabe Nr. 2688

Die 30. Auflage der „Deutschen Literaturtage in Reschitza” findet von heute bis einschließlich Sonntag  in Reschitza statt. Die Veranstaltung findet sowohl off- als auch online statt. Eröffnet wird die Jubiläumsauflage heute, den 4. September, 16 Uhr, in der Deutschen „Alexander Tietz“-Bibliothek durch Erwin Josef Ţigla. Weiterlesen

,,Unverblümt und knallhart ehrlich“

Claudiu Fălămaș trug im BIS-Theatergarten Texte von Charles Bukowski vor

Ausgabe Nr. 2687

Claudiu Fălămaș.                                                       Foto: Radu TOMPA

Der Hermannstädter Claudiu Fălămaș hat sich dem Theater und der Musik verschrieben. Am Donnerstag der Vorwoche zeigte er im BIS-Theatergarten seine Aufführung „Beat Bukowski“, um an Charles Bukowski zu erinnern. Die Aufführung verband Gedichte des amerikanischen Schriftstellers und Poeten mit musikalischer Untermalung durch Gitarre, Schlagzeug und Trompete. Dumpf hallte das Schlagzeug im Sekundentakt. Akkorde gesellten sich dazu, begleitet vom stetigen Plätschern des Regens. Dann ertönte eine Stimme: „Es gibt eine Einsamkeit auf dieser Welt, die so groß ist, dass man sie in der langsamen Bewegung der Zeiger einer Uhr sehen kann.“ Es ist die erste Zeile aus Charles Bukowskis Gedicht „Die Krise“.Weiterlesen

Wie eine Enescu-Rhapsodie

Der Roman „Die Unschärfe der Welt“ von Iris Wolff ist bald auf dem Büchermarkt

Ausgabe Nr. 2685

Iris Wolff: Die Unschärfe der Welt, Roman, Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2020, 213 Seiten, ISBN 978-3-608-98326-5, erscheint am 22. August 2020

„Tief ist der Brunnen der Vergangenheit. Sollte man ihn nicht unergründlich nennen?“ Mit diesem Zweiklang stimmt Thomas Mann den Leser in das epische Werk „Joseph und seine Brüder“ ein. Die Koordinaten, die Iris Wolff ihrem Bilderbogen aus Erinnerung, Familie und Freundschaften zwischen dem rumänischen Banat und dem Ausreise-Deutschland in den 80-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts setzt, heißen „Lass mir das Kind“ – zu Beginn – und „Der Blick des Zauberers ist der Blick des Publikums“ – am Schluss. Ein epischer Atem kann zu einem durchkonstruierten Roman führen, er kann aber auch ein Netz aufspannen, ein Zelt aus Einsichten, Begegnungen und Beobachtungen, in dem der Leser hin- und hergehen kann. Weiterlesen