Chinesin errät siebenbürgisch-sächsischen Dialekt

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Erstmals fröhliches Dialektraten bei den Texttagen in Nürnberg

Ausgabe Nr. 2780

Die Schriftstellerin Malwine Markel.

Die Texttage Nürnberg sind einzigartig in Deutschland! Sie finden jedes Jahr vom 08. Juli -10. Juli statt. Nur hier steht das Schreiben im Vordergrund, mehr als das Lesen. Und sie sind immer Open Air und umsonst. Dieses Literaturfestival ist eine Begegnungsstätte vorwiegend für Literaturschaffende, Literaturverbände und -vereine  aus Nürnberg und Franken. Organisiert werden die Texttage seit 2019 vom Bildungszentrum und der Stadtbibliothek Nürnberg. Ihr Maskottchen ist die Katze. Ein Symbol für Willensfreiheit und Gedankenfreiheit. Die Katze hat in der Literatur einen hohen Stellenwert, und gilt als Inspiration für die Kreativität.

Zum ersten Mal bei den Texttagen gab es „Fröhliches  Fränkisches Dialektraten“. Ein Projekt initiiert von Dr. Amadé Esperer, Herausgeber des „Fränkischen Jahrbuchs Literatur 2022“, und der Schwabacher Schriftstellerin Malwine Markel. Ihren Auftritt hatten sie im Foyer des Katharinensaals. Anmoderiert wurde dieser Literaturpoint von Elke Thoma, Leiterin der Stadtbibliothek Nürnberg. Und das geht so: Vier Autorinnen und Autoren bringen ihre Texte und Gedichte in unterschiedlichen fränkischen Dialekten zu Gehör. Die Zuhörer können dann unter sieben Punkten auf einem vorgefertigten Antwortbogen ankreuzen, welcher fränkische Dialekt gerade gehört wurde. Hat ein Zuhörer alle richtig erraten, bekommt er ein Exemplar der Zeitschrift „Ariel-Art“ geschenkt. Nun war aber die Idee von Esperer, dass Markel ihren eigenen Dialekt zu Gehör bringen soll, um „etwas Verwirrung zu stiften“, wie er sagte. So las sie zwei Gedichte im Deutschweißkircher siebenbürgisch-sächischen Dialekt vor. Das war ein richtiges Raten beim Publikum. Denn man verstand, wenn überhaupt, nur ein oder zwei Wörter, die auch in der deutschen Sprache genauso ausgesprochen werden und auch genau den gleichen Sinn haben. Die Spannung stieg. Ein Zuhörer traute sich zu sagen, dass er „kein fränkischer Dialekt“ angekreuzt habe. Zustimmung von Esperer. Eine Zuhörerin, die in China aufgewachsen ist und seit ihrem Studium hier in Deutschland lebt, meldete sich mit den Worten: „Siebenbürgischer Dialekt“. Erstaunte Gesichter schauten in die Runde. Ebenso Markel, weil sie der Auffassung war, eine Erklärung abliefern zu müssen. Esperer fragte, woher sie es weiß. Sie antwortete dass ihre Nachbarin aus Siebenbürgen kommt und sie daher einige Worte kennt und den Lauten und dem Slang nach kann es halt nur Siebenbürgisch-Sächsisch sein. Die Zuhörer fragten, ob es auch eine deutsche Version gibt. Markel bejahte und las nun ihre beiden Gedichte in deutscher Sprache vor. Das Besondere daran: das Publikum kam und ging während dieser Zeit, sodass es immer neue Zuhörer gab und die Autoren mehr als einmal vorlesen mussten.

Ebenfalls zum ersten Mal bei den Texttagen dabei war „12. Min.me Vorträge über die Literatur und die Welt“. Es ging darum, dass drei Gäste aus Nürnberg und Erlangen sich und ihr Projekt in 12 Minuten vorstellen durften. „12 Min.me“ ist ein ehrenamtlicher Verein, der vor fünf Jahren in Hamburg gegründet wurde, mittlerweile in 42 Städten zu finden ist, und 27 Gruppen in 7 Ländern hat. Sein Ziel: Ideen kurz, knapp mit vielen Infos zu einem Thema vortragen, und damit das Publikum motivieren, überzeugen und begeistern. Alles unter dem Motto: „Verschwenden Sie nicht ihre Zeit!“ Folgendermaßen spielt sich das ab: ein Experte hat 12 Minuten Zeit, seine Idee dem Publikum vorzutragen, dann hat das Publikum 12 Minuten Zeit, Fragen zu stellen und dann folgen 12 Minuten Pause, bevor die nächste Person ihre Idee vorstellen kann. Dabei läuft auf einem großen Monitor gnadenlos die Uhr. Bei den Texttagen Nürnberg haben folgende drei Personen ihre Ideen vorgestellt: Claudia Poletti „von der klingenden Etage in der Stadtbibliothek Nürnberg“, Philip Römer über das Leben eines freien Schriftstellers und Halbtagshausmanns, und Nadine Zwingel von „Edel Extra e.V.“ mit ihrem Projekt „1Story/1Shot“ Thema: Internetkultur. Nadine Zwingel ist die Urheberin dieses Projektes. Es war ihre Idee, im Literaturbereich etwas besonders Interdisziplinäres und Kreatives zu gestalten. Und es musste digital sein. Um auf diese Weise Literatur einem breiteren  und jüngeren Publikum leicht und spaßig zu vermitteln. Zuerst hat Nadine Zwingel ihr Projekt beim „Runden Tisch Literatur Nürnberg“ vorgestellt und viele damit begeistert. Noch an diesem Abend war die Entscheidung gefallen, dieses Projekt bei den Texttagen Nürnberg 2022 mit ins Programm zu nehmen. Am Samstag, den 9. Juli, stellte Nadine Zwingel im Rahmen von 12.Min.me ihr Projekt vor und am Sonntag den 10. Juli wurden alle 10 Videos mit den dazugehörenden Infos in der Katharinenruine vorgespielt. Anderthalb Stunden konnte man die Videos ansehen. Bei dem Projekt „1Story/1Shot“ geht es darum, dass 10 Autoren einen Text schreiben, der genau 2200 Zeichen haben muss. Orthographisch muss/soll er nicht korrekt sein. Man kann also Zahlen verwenden statt Wörter, man kann die Satzzeichen alle weglassen, oder man schreibt wirklich kurz, um die vorgegebene Zeichenanzahl auch genau einzuhalten. Ist der Text fertig, macht der Autor ein kleines Lesevideo und schickt es an Nadine Zwingel. Dann werden 10 Fotografen gesucht, die zu einem dieser Texte ein Foto machen. Ist auch dieser Schritt erledigt, stellt Nadine Zwingel alles zusammen und lädt es hoch auf den Instagramkanal von „Edel Extra e.V.“ Unter diesen 10 Autoren ist auch Malwine Markel mit ihrem kurzen Text „Ausweglos, oder doch nicht“ vertreten. Zum Thema Internetkultur hat sich Malwine Markel mit dem Problem Ritzen in der Pubertät und Mobbing an der Schule auseinander gesetzt. Das Foto dazu machte die Fotografin Lana Novikova. Darauf ist eine junge Frau mit gebeugtem Kopf zu sehen, deren blonde Haare das Gesicht verdecken.

Unter dem Programmpunkt „Textparcours“ fand an zwei Tagen die Kurzlesung der Autorengruppe „Wortkünstler Mittelfranken“, deren aktives Mitglied Malwine Markel ist, statt. Jeweils 5 Autoren hatten 12 Minuten Zeit, ihre Texte vorzutragen. Unter dem Titel „Aus dem Leben“ las Malwine Markel folgende bisher unveröffentlichte Gedichte: „Die Seele spannt ihre Flügel weit“, „Mein eigener Bericht an die Nachgeborenen“ und „Ein Blick in den Spiegel“. Außerdem las sie aus ihrem Lyrikband „Stürmische Lüfte“ die Gedichte „Was ist Liebe“ und „Sehnsucht“.

M. M.

Veröffentlicht in Literatur, Aktuelle Ausgabe.