Streiflichter von den 32. Deutschen Literaturtagen in Reschitza
Ausgabe Nr. 2786
Was sucht eine Bierfabrik auf der Apfelalm? Gutes Wasser natürlich. Und was ein Klapotetz im Hof der Deutschen ,,Alexander Tietz“-Bibliothek? Die Spende des Landes Steiermark soll, so Gastgeber und Hauptorganisator Erwin Josef Țigla, die bösen Geister vertreiben… Der Klapotetz ist eine im südsteirischen Weinland verbreitete Vogelscheuche und besteht aus einem Windrad mit Welle und Schlägeln, die durch ihr rhythmisches Geklapper die Vögel von den Weingärten zur Zeit der Traubenreife fernhalten sollen. Der Name stammt aus dem Slowenischen: klopótec, zu deutsch „Klapper“. Solchen und ähnlichen Fragen konnten die Teilnehmenden an den 32. Deutschen Literaturtagen in Reschitza vom 19. bis 21. August nachgehen.
Chronologisch gesehen, machten sie zunächst Bekanntschaft mit dem Klapotetz, der zumindest etwas Erfrischung versprach bei den hochsommerlichen Temperaturen an den ersten beiden Tagen. Wie auch im Vorjahr stellte Volker Wollmann zum Auftakt einen neuen (den neunten) Band seiner rumänischsprachigen Reihe ,,Vorindustrielles und industrielles Erbe in Rumänien“ vor.
Passend dazu besuchten alle (siehe Gruppenbild rechts oben) auf der literarischen Reise im Banater Bergland am Sonntag auf der 700 Meter über dem Meeresspiegel gelegenen Apfelalm, so die deutsche Bezeichnung des Luftkurortes Poiana Mărului, eine Fabrik, in der Craftbier produziert wird. In Begleitung des Vorstehers des unweit gelegenen Klosters. Die Frage, warum das Bier nicht ,,Mönchsbräu“ sondern ,,Scorilo“ heißt, bleibt offen. Ebenso jene nach dem Ursprung von Erwin Josef Țiglas Zuversicht, was das Wetter betrifft, denn in Reschitza regnete es in Strömen und auf der Apfelalm empfing uns Sonnenschein…
Mit dabei als stets erfrischende Präsenz war die Grande Dame der rumänischen Poesie Nora Iuga, die u. a. ihren in der Zeitschrift Spiegelungen in der deutschen Fassung von Hellmut Seiler erschienenen Beitrag über Rolf Bossert, ,,Das Echo des letzten Streichholzes“ vorlas. Mit einem Essay zu der Diktatur in Russland dabei war Alexander Estis (Aarau), Preisträger des „Rolf Bossert“-Gedächtnispreises für das Jahr 2020.
Gedichte lasen Ana Kremm (Reschitza), Traian Pop (Ludwigsburg), Edith Ottschofski (Berlin), Hellmut Seiler (Backnang), Ivan Korponai (Stehanja vas/Slowenien) und Josef Michaelis (Somberek) vor, Fotos zeigten Éva Seiler-Iszlai (Backnang) und Bastian Kienitz (Mainz), der Rolf Bossert-Gedächtnispreis-Träger 2022.
Veröffentlichte bzw. unveröffentlichte Prosawerke präsentierten Dagmar Dusil (Bamberg), Ioana Heidel (Würzburg), Nelu Bradean-Ebinger (Budapest), Thomas Krause (Braunschweig), Balthasar Waitz (Temeswar), Gábor Ruda (Pilisvörösvár), Joachim Wittstock (Hermannstadt), Robert Klages (Berlin), Veronika Haring (Maribor, Slowenien) und Aleš Tacer (Radlje ob Dravi, Slowenien).
Die Germanistin Eleonora Ringler-Pascu (Temeswar) hielt den Vortrag „Die Aktionsgruppe Banat – ein performativer Akt” und Carmen E. Puchianu (Kronstadt) zeigte in Premiere ihr Stück „Entsorgt. Theater des Ichs”.
Zum Abschluss gab es erneut eine Vorstellung eines Buches in rumänischer Sprache. Mariana Gorczyca (Schässburg) präsentierte ihr der Bărăgan-Verschleppung gewidmeten Roman „Rubla, locul fără umbră”.
Ab dem 15. September d. J. können Interessierte die Video-Aufzeichnung der Veranstaltung auf der Facebook-Seite des Demokratischen Forums der Deutschen im Banater Bergland sehen.
Schon jetzt sind daselbst Fotos von der Veranstaltung gepostet.
Beatrice UNGAR
Die Artistin
Blankosonett zum gleichnamigen Werk von
Ernst Ludwig Kirchner
dein Blick streift durch die Zimmerleere
der Einsamkeit, ganz ohne Publikum
durchschneidest du die grüne Lichttapete
und Schnittmenge, die einen Anker sucht
verortet zwischen Raum und schrägen Fluchten
begradigt mittlerweile durch das Nichts
das feinen Staub ansammelt und dort liegt
wo es vergessen wird, im Ungenutzten…
jetzt träumst du dich in einen Augenblick
dahinter, wo der Wein von letzter Nacht
am alten Platz in deinem Zimmer steht
nur deine Katze streckt bereits verschlafen
die Glieder aus und legt sich wieder hin:
ich tröste dich – mein Stern – und das Gedicht
Bastian KIENITZ
Mit diesem und weiteren sechs, ebenfalls Kunstwerken gewidmeten Blankosonetten hatte der diesjährige Gewinner des Rolf Bossert-Preises sich beworben.