Treffen aller ,,Neustädter“ – ein Erfolg

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Ausgabe Nr. 2880

Drei sehr gut besuchte Veranstaltungen in der ,,nova civitas“ im Burzenland

Die Delegation aus Neustadt an der Donau vor der Ringmauer mit den Wappen der einzelnen Ortschaften „Neustadt in Europa“. Foto: Rareș RUSU

Insgesamt 37 Städte, Gemeinden und Ortsteile mit dem Namen „Neustadt“ von Holland bis Rumänien, von Polen bis Österreich, bilden seit 1975 eine Arbeitsgemeinschaft, auch Städtegemeinschaft genannt. Die alte lateinische Bezeichnung nova civitas trifft auf Neustadt/Cristian im Burzenland zu, eine neue Stätte, die 1377 erstmals als solche urkundlich erwähnt wurde. Auf der Karte Siebenbürgens von Johannes Honterus aus dem Jahre 1532 ist neustatneben corona zu sehen. Ein historischer Beweis dafür, dass nova civitas = neustat (Neustadt/Cristian, deutsch-rumänisch) da steht.

2020 wurde Neustadt/Cristian in diese Städtegemeinschaft aufgenommen. Rechte und Pflichten mussten wahrgenommen werden und man durfte am Treffen Juli 2023 in Neustadt an der Donau dabei sein. Es war ein erster und ein wichtiger Schritt, direkt im touristischen, kulturellen und sozialen Austausch mit den Ortschaften „Neustadt“ Europas zu stehen.

Die Veranstaltung beeindruckte Bürgermeister Gicu Cojocaru dermaßen, dass er nicht zu bremsen war und er verschickte schon im Januar 2024 die Einladungen für drei Veranstaltungen in Neustadt, im August: das Treffen der Ortschaften mit Namen NEUSTADT in Europa, das Treffen der HOG Neustadt und die traditionellen Neustädter Tage („Zilele Cristianului”). Neustadt im Burzenland wurde somit gestürmt. Für das internationale NEUSTADT-Treffen meldeten sich 188 Teilnehmer aus 16 Ortschaften, für das HOG-Treffen mehr als 270 an.  Im Nachhinein sollen es mehr als 7.000 „Eventler“ gewesen sein, die Neustadt in diesen Tagen transitierten. Finanziert wurden die Treffen vom Bürgermeisteramt.

Natürlich war ein solcher Aufwand schwer zu schaffen. Denisa Boltres führte den Schriftverkehr und die ausgeklügelten Vorbereitungen; für den Gottesdienst war Pfarrer Kurt Boltres zuständig. Programmhefte, Informationen, Plakate, Wappenreihen, Quartier und Verköstigung mussten geregelt werden, und das in so kurzer Zeit. Ein Eventmanager wurde herbeigeholt, der die entsprechenden Verträge regelte.  Bühnen, Festzelte, Gastronomie, Sicherheit, Musik und Sänger für diese Tage unter einen Hut zu bringen, war seine Aufgabe.

Mit einem Paradeaufmarsch der Teilnehmer begann das Neustadt-Treffen am 8. August. Allen voran die Blasmusik des Deutschen Forums Kronstadt. Es folgte die feierliche Eröffnung, bei der der Bürgermeister die Gäste begrüßte. Reihum wurden die teilnehmenden Ortschaften mit Namen „Neustadt“ vorgestellt und durften ihre Paradetafeln entgegennehmen. Martin Frank, in Vertretung des Vorstandes der AG „Neustadt in Europa“, richtete eine ergreifende Botschaft an alle Teilnehmer. Der Eröffnung wurde noch ein kurzes Kulturprogramm beigefügt, bestehend aus siebenbürgisch-sächsischen, ungarischen und rumänischen Darbietungen. Unmittelbar danach, unter klarem Himmel und drückender Hitze, ging man zur Ringmauer der Kirchenburg, wo die Wappen der einzelnen Ortschaften „Neustadt in Europa“ feierlich enthüllt wurden.

Der zweite Tag, der 9. August, war für touristische Ziele reserviert. Dafür wurde ein Angebot für das Bärenreservat und die Dracula-Burg ausgewählt. Es folgte die Bürgermeisterrunde der AG „Neustadt in Europa“, im Anschluss wurde das Begießen der jungen Eichen auf der Neustadt-Allee vorgenommen. Eicheln und Eichenbäume sind nämlich das Symbol von Neustadt im Burzenland, wegen der jahrhundertealten Eichen, die sich auf dem Hattert (Gebiet) von Neustadt befinden. Für jedes „Neustadt“ wurde bereits im April eine junge Eiche gepflanzt, mit Tafel und QR-Code.

Das Augenmerk fiel jedoch auf den Samstag, den 10. August, wo das eigentliche Treffen der drei Veranstaltungen seinen Höhepunkt haben sollte. Zum Gottesdienst wurde mit dem imposanten Glockengeläute eingeladen, – einzigartiger Klang in der Harmonie im Burzenland. Der ökumenische Gottesdienst verlief nach vorgeplanter Ordnung, wobei keiner der 500 stillen Teilnehmer enttäuscht wurden. Das Orgelspiel, der Kirchenchor von Honigberg und die vielen Ansprachen passten wunderbar zusammen. Der rumänisch-orthodoxe Pfarrer N. Floroiu und der evangelische Pfarrer Uwe Seidner gestalteten Liturgie und Verkündigung zweisprachig, rumänisch und deutsch.

Begrüßungen, Befreundungen, Adressenaustausch, Küsschen, Hallo usw., haben mit Sicherheit stattgefunden, – das war eigentlich der Zweck dieser internationalen Gemeinschaft, die hier erlebt werden sollte. Anschließend folgte der beeindruckende Festzug. Voran die Blaskapelle des Deutschen Forums Kronstadt, es folgte der siebenbürgische Trachtenzug mit dem Kirchenchor Honigberg, der Trachtengruppe Neustadt, danach die Amtsträger von Neustadt mit ihrem Bürgermeister. Natürlich durften die Teilnehmer der Ortschaften „Neustadt“ nicht ausbleiben, es folgten andere Teilnehmer am Neustadt-Treffen, sowie die der HOG Neustadt aus Deutschland. Das war ein langer Festzug, welcher sich von der evangelischen Kirche bis zum großen Saal bewegte. Im Hof des Saales (gebaut 1927) begegneten sich alle „Neustädter“ und schlossen Freundschaft. Es war auch Zweck und Grundgedanke des Treffens: Nicht nur touristisch trockene Gedanken zu übermitteln, sondern Gemeinschaft auf sozial-kultureller Ebene zu schaffen. Das vorzügliche Essen im Festzelt und die anschließend befolgten Tanzaufforderungen von der Hermannstadt-Band wurden angenommen und ausgekostet.

Die Neustädter-Tage hatten bereits am 8. August am Marktplatz bei großer Bühne und Erlebnisständen mit vorzüglicher rumänischer Gastronomie begonnen und die laute Musik hallte über den ganzen Ort. Die Gruppe „Neustadt in Europa“ im Festzelt und die HOG-Neustadt im großen Saal, waren geschlossene Gesellschaften, die nur durch Armband und Erkennungsmarke zueinander finden konnten. Es war ein gelungenes Treffen und das Echo aus allen Ecken Europas spricht dafür. Bis spät hat man im großen Saal tanzen können und es gab am Marktplatz von Neustadt Bewegung. Eine Lasershow projizierte die Teilnehmerortschaften an den großen Kirchturm und am Marktplatz waren ringsum Stände aufgestellt. An Konzerten gab es rumänische Folklore, bekannte rumänische Musik, sowie ein etwas klassische Musik. Der Zulauf zu diesem Dreierfest war enorm. Es ist nicht die Gier nach Kultur oder Event maßgebend, sondern der Wunsch nach Gemeinschaft, nach Zusammenschluss und Anteilnahme. Das haben die Siebenbürger Sachsen 800 Jahre hindurch gezeigt und allen Veränderungen statthalten können. Man blieb trotzdem heimatverbunden und es gab Begegnungen besonderer Art. Kinder und Enkelkinder der durch den kommunistisch ersichtlichen Druck ausgewanderten Neustädter Sachsen konnten die Heimatstätte ihrer Ahnen besuchen und an dem traditionellen Gemeinschaftswesen teilhaben.

Der Abschluss am 11. August in der Honigberger Kirchenburg sollte für die Gäste auch ein Highlight sein. Gemeinschaftliches Überleben bei großen Gefahren wurde hier sichtbar. Kirchenburg mit Wohnkammern zeugen davon. Bürgermeister Gicu Cojocaru verabschiedete sich würdig und stolz bei allen anwesenden Gruppen mit dem Wunsch „Gott gebe Frieden zu einem neuen Treffen“.

Ich denke, nicht nur den Organisatoren sondern auch den Teilnehmern gebührt es zu danken. Es gelang, nach altem Siebenbürger Spruch zu zeigen „was sich gehört“! Dass wir Gemeinschaft hatten, kann kein Teilnehmer verneinen und die Hoffnung, in der Arbeitsgemeinschaft „Neustadt in Europa“ diese Gemeinschaft weiter zu pflegen, länderübergreifend zu wirken, trotz Gefahren, Leiden, Krieg und Not nahmen alle mit. Die Geschichte Siebenbürgens, als Geschichte deutscher Siedler im Osten, ist ein Beispiel dafür.

Pfr. i.R. Kurt BOLTRES

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Gesellschaft, Stadtentwicklung, Tourismus, Tradition.