Franzos und sein Siebenbürger Freund

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Ausgabe Nr. 2880

Zur rumänischen Übersetzung der Erzählung ,,Der kleine Martin“

Karl Emil Franzos: Micul Martin. Rumänische Fassung Ana-Maria Alb, Selbstverlag Demokratisches Forum der Deutschen Gura Humorului 2024, 167 Seiten Seiten, ISBN 978-973-0-40092-2

Anlässlich der Feier zum 30. Jahrestag der Gründung des Lokalforums Gura Humor/Gura Humorului der Buchenlanddeutschen wurde als Neuerscheinung die von Ana-Maria Alb verfasste Übersetzung ins Rumänische der Erzählung von Karl Emil Franzos „Der kleine Martin“ vorgestellt.

Gründe für die Übersetzung der autobiographisch gefärbten Geschichte – sie wird hier als Roman bezeichnet – gab es laut Übersetzerin Ana-Maria Alb mehrere: Der in Chortkow in Galizien geborene Autor Karl Emil Franzos (1848-1904), dessen Schaffen vom Aufenthalt in seiner Studienzeit in Czernowitz und mehreren Besuchen danach geprägt war, hatte tatsächlich den Marktflecken Gura Humorului 1875 besucht, und hielt in diesem Spätwerk (das Buch erlebte zwischen 1896 und 1910 drei Auflagen) Bukowiner Schul-, Lebens- und Zeitbilder fest; zudem lebte der Hauptheld der Erzählung, der aus dem siebenbürgischen Hermannstadt stammende spätere Anwalt mit Doktorat in Wien  Martin Hilbrich, ehemaliger enger Freund und Klassenkollege des Schriftstellers am Czernowitzer Obergymnsium, der seinerseits aus Galizien nach Czernowitz an das deutsche Obergymnasium gekommen war, viele Jahre in dem „Nest“ Gura Humorului. Durch die Übersetzung sind diese sehr lebensnahen Beschreibungen von Menschen und ihrer kleinen Welt, den Bewohnern der Stadt und Lesern von Heute zugänglich.

Kernstränge der Handlungen sind eine besondere, langjährige Freundschaft zwischen zwei jungen Intellektuellen einerseits, und eine unglückliche, gescheiterte Liebe, die nach vielen dramatischen Wirrungen und Irrungen („Jeder kann verleumdet werden.“, Seite 30) für die Betroffenen tragisch endete. Eingerahmt sind die Geschehnisse von interessanten Sittengemälden der Bukowiner städtischen Mittelschicht.

Das Vorwort von Lucy Glaser und Ana-Maria Alb gibt ausführlich Auskunft über den Autor und seine Zeit.

Luzian GEIER

 

Veröffentlicht in Allgemein.