,,Ahnenland oder die Suche nach der Seele meiner Familie“ von Boris Kálnoky vorgestellt
Ausgabe Nr. 2904

Boris Kálnoky nahm sich bei der an die Buchvorstellung anschließenden Autogrammstunde Zeit. Foto: Werner FINK
Die Neuausgabe der deutschen Version seines Buches „Ahnenland oder die Suche nach der Seele meiner Familie“ stellte Boris Kálnoky am Mittwoch der Vorwoche im Erasmus-Büchercafé in Hermannstadt vor. Erschienen ist das Buch dieses Mal im Schiller-Verlag Hermannstadt-Bonn. Kálnoky las aus dem Buch vor, erzählte den Anwesenden Anekdoten, antwortete auf die Fragen von Jens Kielhorn vom Verlag, der die Lesung moderierte oder auf die Fragen der Anwesenden. Einen Tag davor hatte Kálnoky das Buch auch in der Kronstädter „Inspiratio“-Galerie vorgestellt. In Kronstadt hatte sogar sein Vater Farkas Kálnoky Erinnerungen und Gedanken mit dem zahlreichen Publikum geteilt.
„Ahnenland“ erschien bereits 2011 im Droemer-Verlag, 2023 folgte die ungarische Übersetzung „Őseim földje. A Kálnoky család története”. Durch einen Artikel in der Hermannstädter Zeitung Nr. 2846 vom 22. Dezember 2023 war der Buchhändler und Verleger Jens Kielhorn auf das Buch aufmerksam geworden, dessen deutsche Fassung ausverkauft war. Und so ist es Ende 2024 zu einer neuen deutschen Ausgabe im Schiller-Verlag gekommen. „Ich habe mir ein letztes Exemplar, dass ich im Internet antiquarisch finden konnte, kommen lassen, es gelesen, habe gesehen, dass es super flüssig geschrieben ist, super gut zu lesen ist und einen sehr interressanten Aspekt der siebenbürgischen Geschichte wiederspiegelte, der eigentlich jemandem wie mir, der sehr ‚Sachsenzentriert‘ hier lebt, noch recht fremd war, und von daher mein Interesse halt geweckt hat“, sagte Kielhorn. „Es ist nämlich ein Unterschied von der Perspektive her ob ich die Geschichte Siebenbürgens aus Sicht eines Sachsen oder aus Sicht einer szeklerischen Adelsfamile erzähle. Da spielen nämlich dann die Sachsen entsprechend nicht die Hauptrolle. Es geht um andere Aspekte. Es waren sehr interessante Aspekte dabei, die mir bisher völlig unbekannt waren. Ich habe es mit großem Interesse, großer Freude gelesen.“ Kielhorn fand es schade, falls es auf Deutsch nicht mehr auf dem Markt erhältlich wäre und entschied sich, eine Neuausgabe herauszugeben. Er kontaktierte folglich den Autor Boris Kálnoky, und dieser stimmte dem Ansinnen zu. „Wir haben schon viel über die Siebenbürger Sachsen rausgebracht, aber über die Szekler haben wir nie etwas erfahren“, meinte Kielhorn. „Es ist eine schöne Ergänzung“.

Boris Kálnoky: Ahnenland oder die Suche nach der Seele meiner Familie. Eine siebenbürgische Familiensaga, Schiller-Verlag Bonn-Hermannstadt, 2024, 518 Seiten, ISBN 978-3-228-90919557, 79 Lei. Die Umschlagabbildung vorne zeigt Graf Hugo Leopold Kálnoky.
Das Buch „Ahnenland” ist eine Suche nach den Wurzeln, nach der „Seele” der Familie, ein Geschichtsbuch und Roman in einem, alles erzählt aus der Perspektive der Kálnokys. Erzählt wird u. a. die Geschichte von Hugó, dem Großvater von Boris und dessen Bruder Tibor Kálnoky, wobei immer wieder auf die verschiedenen Vorfahren zurückgegriffen wird.
Ausschlaggebend war, dass sich die Eltern von Boris und Tibor Kálnoky scheiden ließen, was Tibor Kálnoky nicht gut vertrug. Er kam darauf, dass die große Familie auch was Schönes sein kann, wenn die kleine zerbricht. Und er wünschte sich zum Geburtstag von seinem Vater, dass sie nach Siebenbürgen gehen, um zu schauen, was übrig ist von den „alten Steinen”. Ausschlaggebend war auch die Herzlichkeit, mit der sie im Dorf namens Kőröspatak (Valea Crișului), dem einstigen Hauptsitz der Familie, von den Bewohnern empfangen wurden, was dazu führte, dass Tibor Kálnoky heute mit seiner Familie hier lebt und u. a. Tourimus betreibt und Boris Kálnoky in Budapest dann auch das Buch verfasste.
Die Familiengeschichte beginnt etwa im Jahr 1252, als der König von Ungarn Béla IV. dem Urahn Bencenc, dem Sohn von Akadas, ein Stück Land im südlichen Karpatenbogen schenkt, wo heute noch die Szekler leben. Über die vielen Kálnokys (der Name deutet auf die Herkunft hin: Kálnok/Calnic ist nämlich das Nachbardorf von Sepsikőröspatak/Valea Crișului), darunter der Vizekanzler Siebenbürgens Sámuel Kálnoky, der den Grafentitel verliehen bekommt, den Husarengeneral Graf Antal Kálnoky, dem besten Reiter der k.u.k. Monarchie Graf Hugo Leopold Kálnoky, einem Vertreter des mährischen Zweiges der Familie oder dessen Sohn Hugó geht es bis in die heutige Zeit. Hugó sollte nämlich das Anwesen in Kőröspatak von Gräfin Ludmilla Kálnoky erben, die im Dorf eine Schule bauen ließ und als eine fürsorgliche Mutterfigur galt. Hugós Frau Ingeborg von Breitenbuch wird übrigens 1945 von den Amerikanern berufen, das Zeugenhaus der Nürnberger Prozesse zu leiten.
Im Rahmen der Lesung am Vortag in Kronstadt wurden angeblich alle angelieferten Bücher verkauft. „Ich erlebte dort eigentlich genau dasselbe wie bei jeder Buchvorstellung im ungarischen Teil Siebenbürgens: volles Haus und eigentlich richtig Emotion im Raum bei den Leuten”, meinte Kálnoky. „Mein Eindruck war gestern, wie schon so oft zuvor, dass in diesem Buch eine Welt heraufbeschworen wird, die vielleicht jetzt gerade am Verschwinden ist”. Im Buch gibt es natürlich auch ziemlich viele Verflechtungen zwischen Siebenbürger Sachsen und Szeklern in diversen Anekdoten. Beispielsweise betreiben die Jesuiten eine geheime Jesuitenschule in Kronstadt, in einer Zeit wo sie womöglich gar nicht da sein durften. Die Schule wird dabei von Sámuel Kálnoky finanziert.
Boris Kálnoky hatte auch einige Studenten mitgebracht, wobei sie nun die Möglichkeit hatten mehr zur Geschichte der Siebenbürger Sachsen zu erfahren. Boris Kálnoky, ehemals Korrespondent der deutschen Tageszeitung Die Welt, ist gegenwärtig Leiter der Medienschule an dem Mathias Corvinus Collegium (MCC) in Budapest sowie stellvertretender Chefredakteur des seit 2019 wöchentlich erscheinenden Nachrichtenmagazins Mandiner.
Den Schiller Verlag Bonn-Hermannstadt gibt es seit Herbst 2007 und er ist dem Erasmsus-Büchercafé und der Schiller-Buchhandlung angegliedert. Spezialisiert hat sich der Verlag auf Bücher aus und über Siebenbürgen und Rumänien. Das neue Buch kostet 79 Lei und ist in den genannten Buchhandlungen sowie per online-Bestellung unter www.buechercafe.ro erhältlich.
Werner FINK