Ausgabe Nr. 2881
Ursula Philippi konzertierte an der Großauer Orgel

Ursula Philippi an der mustergültig restaurierten Orgel in der evangelischen Kirche in Großau. Fotos: die Verfasserin
Alle Register gezogen und mehrere Manuale und Pedale gleichzeitig bedient hat die Organistin Ursula Philippi bei ihrem außerordentlichen Konzert in der Großauer evangelischen Kirche am vergangenen Sonntag. Eigentlich erlebten die Anwesenden ein Gesamtkunstwerk Marke Philippi.
Musikwart Jürg Leutert hatte im Namen der Organisatoren der Konzertreihe in Großau u. a. geschrieben: „Die 2021-23 restaurierte Orgel fordert uns dazu heraus, vollwertige, für das Publikum attraktive Orgelkonzerte anzubieten. Seine wieder gewonnene, äußere Form- und Farbenpracht wird durch die entsprechenden Klänge bestens ergänzt. Das Instrument stammt aus der Hand von Johannes Hahn und wurde 1775/82 erbaut. Es wurde durch die Firma COT Honigberg mustergültig restauriert. Die sechs eingeladenen Organistinnen und Organisten haben alle auf ihre Art eine Beziehung zur Großauer Orgel, die sie dazu inspiriert, ihr Programm entsprechend zu gestalten. Die Veranstalter haben ihnen aufgetragen, je zur Hälfte Musik von Johann Sebastian Bach auszuwählen. Die Musik dieses für die Orgel nicht wegzudenkenden Meisters lässt sich auf der Großauer Orgel besonders gut darstellen.”
Nun behauptete doch Ursula Philippi, das Instrument eigne sich perfekt für Carl Philipp Emanuel Bachs revolutionäre Kompositionen und spielte zum Abschluss des unter dem Titel „Familie BACH und die Orgel” stehenden Konzerts dessen Sonata in F-Dur. Damit habe sich der Bach-Sohn stilistisch deutlich von seinem Vater abgegrenzt und „fast aus dem Nichts” eine neue Musikrichtung geschaffen.

Kurt Philippi (rechts stehend) beim Vorlesen der Titel der einzelnen Teile des „Capriccios über die Abreise des geliebten Brüderleins”.
Eingangs hatte sie das „Capriccio über die Abreise des geliebten Brüderleins” zu Gehör gebracht, ein Werk, das der damals 18jährige Johann Sebastian Bach seinem 1682 geborenen Bruder Johann Jacob gewidmet hatte, der als Trompeter in dem Heer des Schwedenkönig Karl XII. angeheuert hatte. Die Titel der einzelnen Teile des Werkes las Kurt Philippi vor: 1. „Ist eine Schmeichelung der Freunde, um denselben von seiner Reise abzuhalten”; 2. „Ist eine Vorstellung unterschiedlicher Casuum, die ihm in der Fremde könnten vorfallen.“ 3. „Ist ein allgemeines Lamento der Freunde.“; 4. „Allhier kommen die Freunde, weil sie doch sehen, dass es anders nicht sein kann, und nehmen Abschied.“; 5. Aria di Postiglione; 6. Fuga all’imitazione della cornetta di postiglione.
Das zweite vorgetragene Werk Johann Sebastian Bachs hat auch eine sehr spannende Geschichte. Da es zu jener Zeit keine Tonträger (Kassetten oder CDs) gab und Antonio Vivaldi sehr beliebt war, brachte der junge musikalisch begabte Neffe von Ernst August I., Herzog von Sachsen-Weimar, Prinz Johann Ernst, aus den Niederlanden viele Partituren von Vivaldi mit. Bach transkribierte einige davon für die Orgel, so auch das „Concerto in C-Dur nach Antonio Vivaldi” (BWV 594). Dieses Werk erfordert eine hochvirtuose Interpretation und die hat Ursula Philippi souverän geboten.
Das war das vorletzte Konzert der Reihe, das letzte bestreitet am 22. September, ebenfalls 18 Uhr, Erich Türk aus Klausenburg.
Beatrice UNGAR