Erinnerungskultur

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Begleitkatalog zu Sonderausstellung von Peter Jacobi

Ausgabe Nr. 2799

Markus Lörz: Memoria. Denk- und Mahnmale des Bildhauers Peter Jacobi. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung herausgegeben vom Siebenbürgischen Museum Gundelsheim 2022, 84 Seiten, ISBN 978-3-9821131-2-8, 19,80 Euro. Erhältlich im Museumsshop oder nach Anfrage gegen Rechnung zzgl. Versandkosten. Näheres unter www.siebenbuergisches-museum.de

Der reich bebilderte Begleitkatalog zur aktuellen Sonderausstellung „Memoria. Denk- und Mahnmale des Bildhauers Peter Jacobi“  im Siebenbürgischen Museum Gundelsheim auf Schloss Horneck ist vor kurzem erschienen. In der Ausstellung präsentiert das Siebenbürgische Museum Werke eines der bedeutendsten zeitgenössischen Bildhauer siebenbürgischer Herkunft.

Bereits 1970 vertrat der 1935 in Ploiești/Rumänien geborene Peter Jacobi Rumänien bei der Biennale in Venedig. Es folgten zahlreiche Einzelausstellungen unter anderem 1981 im Chicago Museum of Contemporary Art und 1984 im Musée d’Art Moderne de Paris. Nach seiner im Juni 1970 erfolgten Ausreise in die Bundesrepublik hatte er zudem von 1971 bis 1998 eine Professur an der Hochschule für Gestaltung in Pforzheim inne. Seit mehr als 50 Jahren ist die künstlerische Beschäftigung mit der Erinnerungskultur ein Leitthema im Werk des Bildhauers und Fotografen.

Im begleitenden Katalog stellt Ausstellungskurator Dr. Markus Lörz in vier Kapiteln die wichtigsten Themenfelder in Peter Jacobis Beschäftigung mit Denk- und Mahnmalen vor.

Am Anfang stehen seine Werke zum Zweiten Weltkrieg, die auch chronologisch den Beginn seiner künstlerischen Vergangenheitsbewältigung bilden.

Einzeln besprochen werden hier unter anderem sein Memorial für Claus Schenk Graf von Stauffenberg, der am 20. Juli 1944 ein Attentat auf Hitler verübte, und das Denkmal zum verheerenden Bombenangriff 1945 auf seine Wahlheimat Pforzheim (Der Wallberg). Neben den plastischen Werken wird auch Peter Jacobis Fotoserie zum Westwall vorgestellt, die in sehr eindrücklichen Bildern den Wahnsinn des Krieges vor Augen führt.

Das zweite Kapitel widmet sich ausführlich dem Hauptwerk Peter Jacobis, dem 2009 eingeweihten, zentralen Holocaust-Mahnmal Rumäniens in Bukarest. Hierzu werden vorab in zwei Begleittexten Hintergrundinformationen zum komplexen Themenfeld des Holocaust und der Erinnerungskultur in Rumänien vermittelt und der aktuelle Forschungsstand wiedergegeben. Nach einer Einordnung des Bukarester Mahnmals in die historische Entwicklung der Holocaust-Mahnmale seit 1945 folgen detaillierte Erläuterungen zu den einzelnen Elementen des Denkmalensembles, in denen die Differenziertheit des Werks zum Ausdruck kommt. Lörz schlussfolgert: ,,Gerade die meditative Stille des Bukarester Mahnmals schafft einen niederschwelligen Zugang für das Publikum. Sie erschreckt nicht, lässt einen aber auch nicht kalt, sondern berührt einen nach kurzer Zeit tief, etwa wenn man in der kryptaartigen Halle des zentralen Gedenkgebäudes an der Wand die Vornamen der Ermordeten wahrnimmt und einem dadurch bewusst wird, dass dieses so große wie abstrakte, welterschütternde Ereignis letztlich die Summe unzähliger, ganz individueller menschlicher Tragödien darstellt.“

Das dritte Kapitel steht unter der Überschrift „Erinnerungen an Siebenbürgen“ und stellt eine exemplarische Auswahl jener Werke vor, in denen der Künstler Ereignisse der eigenen wie der kollektiven siebenbürgischen Geschichte verarbeitet, beispielsweise die Deportation von Rumäniendeutschen zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion 1945, die Peter Jacobi als neunjähriger Junge in der eigenen Familie miterleben musste. Hierzu entstand bereits 1975 die Bronzeplastik „Fufaika“, die an das Schicksal der Deportierten erinnert und im Frühjahr 2022 mit Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie des Fördervereins für die Sammlung des Siebenbürgischen Museums erworben werden konnte.

Als aktuellste Arbeit wird hier außerdem Peter Jacobis Entwurf eines Denkmals für Samuel von Brukenthal vorgestellt, das der Künstler anlässlich eines Wettbewerbs zum 300. Geburtstag des berühmten siebenbürgischen Staatsmanns 2021 konzipiert hat.

Den Abschluss des Katalogs bildet ein Kapitel zu einer Werk-
reihe, die bereits 2008 bis 2010 entstand, jedoch derzeit tragische Aktualität besitzt. Sie beschäftigt sich mit dem Holodomor, Stalins Massenmord an ukrainischen Bauern in den 1930er Jahren, dessen Anlass und Begründung erschütternde Parallelen zum Handeln der heutigen russischen Führung im Hinblick auf deren Angriffskrieg in der Ukraine aufweisen.

Der Ausstellungskatalog schließt mit einer kurzen Biographie des Künstlers, sowie einer Darstellung seiner zahlreichen Einzelausstellungen und Auszeichnungen.

Die Ausstellung ebenso wie der Druck des Katalogs wurden gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.

Die Ausstellung ist im Siebenbürgischen Museum Gundelsheim noch bis zum 26. Februar 2023 zu sehen.

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Kunst.