Vollendete Interpretation

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Die Pianistin Elisabeth Leonskaja im Thaliasaal

Ausgabe Nr. 2799

Die Pianistin Elisabeth Leonskaja (Bildmitte) nahm nach dem Konzert mehrere Blumensträuße entgegen und bedankte sich mit zwei Zugaben.                                Foto: filarmonicasibiu.ro

,,Maßhalten bei all dem überschäumenden Temperament ist das Wesentliche, was die junge Künstlerin Elisabeta Leonskaja kennzeichnet. Dies öffnet ihr die Pforten zu vollendeter Kunst, zu vollendetem musikalischen Schaffen“, schrieb der Hermannstädter Pianist Peter Szaunig (1933-2015) in einer Konzertchronik, die in der Hermannstädter Zeitung Nr. 58 vom 21. Februar 1969 zu lesen ist. Es handelte sich um ein Konzert, das die damals 24-jährige Pianistin Elisabeth Leonskaja am 11. Februar 1969 in Hermannstadt bestritten hat.

50 bzw. 53 Jahre danach sollte sich diese Einschätzung immer noch als treffend erweisen. Im Rahmen der Gastkonzerte des Internationalen George Enescu-Festivals in Hermannstadt spielte am 9. September 2019 die am 23. November 1945 in Tiflis geborene Pianistin, die seit 1978 in Wien lebt, im Thaliasaal, die drei letzten Klaviersonaten von Ludwig van Beethoven (1770-1827) und am 13. Dezember 2022 brachte sie ebenda gleich zwei Klavierkonzerte zu Gehör. Das Klavierkonzert Nr. 12, A-Dur KV 414 von Wolfgang Amadeus Mozart und das Klavierkonzert op. 16, a-Moll, von Edvard Grieg.

Dazwischen spielte das sinfonische Orchester der Hermannstädter Staatsphilharmonie unter der Stabführung von Tiberiu Soare die Ouvertüre ,,Die Hebriden“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy.Als ,,die letzte Grand Dame der sowjetischen“ oder ,,die letzte Mohikanerin der russischen Klavierschule“ so wird Elisabeth Leonskaja bezeichnet. Doch diese Charakterisierung greift zu kurz. Die Pianistin ist ein Phänomen für sich. Kurz definiert: Bei Leonskaja gibt es nicht zu viel und nicht zu wenig, alles wird angemessen und sauber interpretiert, technisch ausgefeilt bis in die Fingerspitzen, die scheinbar über den Tasten schweben und diesen Klang hervorzuzaubern scheinen.

Das Publikum in Hermannstadt zollte Stehapplaus und wurde mit zwei Zugaben belohnt: Elisabeth Leonskaja spielte zunächst eine Partie aus Claude Debussys ,,Images“ und anschließend mit dem Orchester noch einmal das Adagio aus Griegs Klavierkonzert.

Beatrice UNGAR

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Musik.