Über die Ausstellung ,,Alles betrachtend“ im Ratturm
Ausgabe Nr. 2780
Was haben ein Psychologe, eine Journalistin und eine Ingenieurin gemeinsam? Auf den ersten Blick gar nichts. Bei näherer Betrachtung mindestens eines: die Liebe zur Kunst. Jedenfalls ist das bei Mugur Frățilă, Ruxandra Stănescu Frățilă und Magda Neculaescu der Fall. Die drei Hermannstädter haben am 15. Juli zusammen eine Kunstausstellung unter dem Titel „Privind orice“ („Alles betrachtend“) im malerischen Ratturm in Hermannstadt eröffnet. Malerei und Fotografie von heute, vereint in einem fast 800 Jahre alten Gebäude. Ein Kontrast, der sich sehen lässt.
Über Kontraste und Farben lernten Ruxandra Stănescu Frățilă und Magda Neculaescu in der Volkskunstschule in Hermannstadt, wo sich die HZ-Redakteurin und die Ingenieurin kennenlernten. Die Idee, gemeinsam eine Ausstellung zu machen, entstand schon länger, doch dann kam die Pandemie. Und weil aller guten Dinge drei sind, luden die beiden Damen Mugur Frățilă ein, der mit seinen Fotografien die Kunstausstellung vervollständigte. Letzterer ist von Beruf Psychologe und in Hermannstadt eher für den Vorsitz des Vereins „Tonal“ – der durch Kunsttherapie Menschen mit psychischen Problemen hilft – bekannt. Er erklärte den Titel und den Inhalt der Ausstellung folgendermaßen:
„Warum ‚Alles betrachtend‘. Also nicht ‚etwas Bestimmtes‘. Alles betrachtend, beginnst du zu sehen. Berührst du wieder die Realität. Die reale Realität. Die Menschen betrachten, berühren und konsumieren immer intensiver, exklusiver die virtuelle Realität. Wir betrachten die Realität nicht mehr, wir treffen die Realität nicht mehr an, wir berühren die Realität nicht mehr. Es ist ein Prozess der Trennung von der Realität. Wir sind unsensibel, betäubt. Müde. Bei uns, in unser Inneres dringt nur noch die Extravaganz, das Grelle durch. Das Volumen. Die Dramatik. Die simple, banale und ruhige Realität ist irrelevant. Dabei ist der wichtigste Teil der Realität banal.“ Und genau diese Dinge, diese Realität versuchten die drei Künstler einzufangen.
Eine einzelne Weizenähre, ein auf dem Boden liegendes Kartoffelstäbchen, das von Ameisen befallen ist, eine einsame Dacia im Winter oder die Bahngleise im Nebel, all dies sind fotografische Motive von Mugur. Es sind Details, an die viele oder die meisten Menschen vorbeigehen würden, ohne sie zu betrachten.
Ruxandras und Magdas Werke betrachtend, erkannte man die Vorliebe für Pastellfarben. Viele Landschaften, sowohl rural als auch urban, schmückten die kahlen Mauern des Ratturms. Beide malten in Acryl-, Aquarell- und Pastellfarben auf Leinwand, Pappe und Papier.
Die Ausstellung erstreckt sich auf fast der gesamten Höhe des Ratturms, also auf mehreren Etagen und beinhaltet etwa 50 Malereien und 35 Fotografien. „Die meisten Werke sind in den letzten sechs Jahren entstanden. Alle sind ein Resultat der Lust und Liebe für die Kunst“, erklärt Ruxandra Stănescu Frățilă , die außerdem bekannt gibt, dass es nach dem Ende der Ausstellung ein Album mit allen Werken online geben wird. Die meisten können gekauft werden.
„Alles betrachtend“ ist noch bis Samstag, dem 30. Juli im Ratturm zu sehen, und ist für Menschen, die Kunst lieben und gerne Details beobachten, absolut sehenswert.
Cynthia PINTER