Der Reisebereich ist von der Sars-CoV2-Pademie stark betroffen
Ausgabe Nr. 2692
„Hermannstadt ist in der Tourismusbranche ein Beispiel für Rumänien” sagt Marian Tirla, der Gründer und Manager der Kronstädter Firma Active Travel Romania. Rumänien hat gerade in der Sars-CoV2-Pandemie große Chancen verpasst, in diesem Bereich neu zu starten, erklärte der Kronstädter in einem Gespräch der HZ-Redakteurin Ruxandra S t ă n e s c u, zum Beispiel sind Georgien und Bulgarien wieder einen Schritt voraus. Die 2007 gegründete Firma bietet hauptsächlich Ausflüge und Reisen in Rumänien für In- und Ausländer an, mit dem Schwerpunkt auf Naturreisen.
Welche sind die Stärken Ihrer Firma, wie haben Sie die Krise überstanden?
Erstens haben wir einen sehr guten Ruf. Seit sechs Jahren haben wir ein Exzellenzdiplom auf Tripadvisorund ebenda auch den 1. Platz für Outdoor-Ausflüge. Wir haben sehr tolle Bergführer, praktisch sprechen die Reviews von selber und wir sind auf private bzw. auf Touren in kleinen Gruppen spezialisiert.
Ich kenne viele Bergliebhaber, habe aber nie gehört, dass sie einen Bergführer gebucht haben.
Bis jetzt waren 99 Prozent unserer Kunden eigentlich Ausländer, denn tatsächlich kommen selten rumänische Touristen zu uns. Wir wenden uns aber auch an diejenigen, die in den Bergen wandern wollen und keinen Begleiter finden – wie vor kurzem ein junger Mann aus Konstanza, der eine Reise gebucht hat, weil er nicht alleine wandern wollte, oder im Vorjahr zwei Damen, die die Transalpina sehen wollten und einen Führer gesucht haben. Hier ist es wichtig zu sagen, dass wir nicht einfache Reisen und Führungen anbieten, sondern Erfahrungen.
Wie hat Sie die Sars-CoV2-Pandemie beeinflusst?
Unsere Incoming-Aktivität ist um 99 Prozent gefallen, wir hatten im Vorjahr knapp 4.000 ausländische Touristen, heuer können wir sie an den Fingern beider Hände zählen.
Was haben Sie dagegen getan?
Wir haben uns nolens volens neu erfunden. Wir bieten z. B. jetzt passende Pakete für den internen Markt an, wie zum Beispiel Fahrradtouren. Wir möchten uns mehr auf private und Ökotouren konzentrieren und auch Zeltausflüge organisieren. Ich erwarte, dass sich der Markt frühestens 2022 wieder normalisiert, wir behalten also alle unsere Angebote.
Gab es Hilfe seitens der Regierung?
Leider nicht. Der Horeca-Bereich hat vielleicht etwas bewegen können, aber für den Tourismus, der vielleicht ein bis zwei Prozent des Inlandbruttoproduktes einbringt, wurde nichts gemacht. Dabei war das jetzt ein Punkt Null für die ganze Branche, wo Rumänien die Chance gehabt hätte, neu zu starten. Zum Beispiel gab es auf BBC eine sehr erfolgreiche Serie, die sehr gute Werbung für Rumänien gemacht hat, „Wild Romania”. Wir aus der Tourismusbranche haben übrigens das Projekt finanziell unterstützt. BBC hätte die Filme für weitere drei Monate laufen gelassen, wenn das Tourismusministerium 100.000 Euro bezahlt hätte. Das hat leider nicht geklappt, jetzt versuchen sie, das Geld aufzutreiben, der Moment wurde aber verpasst, denn inzwischen haben andere Länder – wie Georgien und Bulgarien – besser reagiert.
Uns fehlt der Rahmen, der von den Behörden gegeben werden muss. Zum Beispiel stellt sich Rumänien bei einer Messe vor, dann müssen die Tourismusfirmen ihre Pakete verkaufen. Ich führe da immer Hermannstadt als Beispiel an: Die Stadt hat ein reiches Kulturangebot, jemand hatte eine Vision, es wird etwas angeboten, was die Touristen anzieht. Die Gemeinde muss den Rest übernehmen, da kommen die Tourismusagenturen mit ins Spiel. Wir sehen, in Hermannstadt sind andere Opportunitäten vorhanden, auch im Vergleich zu Kronstadt. Wir witzeln schon mal, dass wir nach Hermannstadt umziehen werden. Ich habe einen Hermannstädter Partner, der eine erfolgreiche Agentur leitet und seine Filiale in Kronstadt schließen musste.
Seit mehreren Jahren erhalten die Staatsangestellten Voucher für Reisen in Rumänien. Wie finden Sie das Programm, was hat es gebracht?
Eigentlich hat mich das Programm wenig begeistert und überzeugt. Für das Geld – das ist ja unser Geld – hätte man lieber Autobahnen und Krankenhäuser gebaut, anstatt es an Privatpersonen zu verschenken. Das Programm hat aber auch eine positive Seite, da viele Pensionen dadurch gezwungen wurden, endlich offiziell zu arbeiten, das bringt dann wieder Geld in die Staatskasse. Aber unter dem Strich ist inzwischen für die meisten Anbieter klar: Wenn man kein Volumen hat, bleibt am Ende der Saison nicht viel Profit übrig.
Wird sich etwas in dieser Branche ändern?
Das ist jetzt schwer zu sagen… ich denke, dass die Touristen in den nächsten Jahren den Ökotourismus bevorzugen werden, Ausflüge in der Natur, private Touren…
Sie bieten ja gerade solche Programme an. Gibt es diesen Trend auch in Rumänien?
Ja, tatsächlich. Unsere Ökopakete werden übrigens auch auf ausländische Tourismusseiten präsentiert, in Rumänien sind sie noch nicht in. Dabei ist Ökotourismus gerade für kleinere Gemeinschaften so wichtig. Denn da kommen die Touristen, wohnen in kleinen Pensionen, essen lokale Produkte, kaufen von den örtlichen Handwerkern ein. Das ist für alle gut.
Findet man in Rumänien Partner für solche Programme?
Ja, natürlich, nicht nur hier in der Kronstädter Gegend, sondern überall in Rumänien. Und hierzulande kann Viel von dem angeboten werden, was die ausländischen Touristen suchen, weil sie sich aus ihrer Kindheit erinnern oder weil sie es nur aus Büchern kennen – z. B. einen Tag in einer Schäferei zu verbringen. Wir hatten einen dänischen Touristen, der gefragt hat, ob die Blumen auf der Wiese gepflanzt wurden. Ja, habe ich ihm geantwortet, von Gott. Er war sehr begeistert, wilde Wiesen und Wälder mit ihren Pflanzen, Tieren und Vögel hat er in Dänemark seit seiner Kindheit nicht mehr erlebt.
Worauf freuen Sie sich?
Alle unsere Pakete sind toll, sie sind unter www.adventure-tours.ro zu finden. Aber eine große Freude war, als unsere neu eingeführte Zeltexpedition wenige Tage nach der Vorstellung bereits gebucht wurde.
Danke und viel Erfolg.