„Rumänisches Roulette“

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Ein Plädoyer für die Vielfalt Siebenbürgens

Ausgabe Nr. 2629

Mercedes Echerer.
Foto: Sebastian MARCOVICI

Ein Plädoyer für die Vielfalt Siebenbürgens legte Mercedes Echerer mit ihrem „Rumänisches Roulette“ getitelten Stück am ersten Festivaltag im Gong-Theater vor. Es war eine musikalische Reise zu allen Völkerschaften dieses Landstrichs, begleitet von Erinnerungen, oder waren es Erinnerungen begleitet von ortsüblicher Musik?

Ein Tagebuch ist Vorwand und Impuls zugleich, die eigene Geschichte zu reflektieren und daraus Geschichten zu erzählen. Onkel Aurel Hoffmann z. B. konstruierte die Autorin aus Eigenschaften ihrer vier Onkel, Arika Lacrima Moraru ist ihr Alter Ego.

Wo Sprache nichts mehr vermag, setzt Musik ein, die Universalsprache. Der Autorin stehen sieben Profimusiker zur Seite, die alle in Wien leben und wirken. Sie stammen aus Rumänien (Andreea Chira und Adrian Gaspar), der Slowakei (L’ubomir Gaspar), Serbien (Branko Jovanovic), Kroatien (Vuk Vsilic) und Bulgarien (die Zwilllingsbrüder Alexander und Konstantin Wladigeroff).

Bewundernswert an dem Stück ist, dass es souverän Klischees auf die Schippe nimmt.

Alles dreht sich um Identität. Zunächst geht es um die Identität, die per Personalausweis oder Reisepass bewiesen werden kann, aber dann geht es um viel mehr, auch darum, dass man sich in Siebenbürgen schwer definieren lässt. Onkel Aurel bringt es auf den Punkt: „Ich bin Siebenbürger und daher auch Weltbürger“.

Dem Stück setzt Mercedes Echerer ein Zitat von Eginald Schlattner voran: „Über 30 Ethnien lebten hier friedlich zusammen, wohl mehr neben- als miteinander, aber immer mit Respekt!“ Sie erinnert sich an ihren ersten Besuch bei ihrer ungarischen Verwandtschaft in Klausenburg: „Wir machten zahlreiche Ausflüge in andere Kulturen, ich genoss die köstlichste Mamaliga (Polenta) und die besten Krautwickel, die ich je in meinem Leben gegessen habe, hörte viel Geschichte und noch mehr Geschichten. Vieles war bunt, vieles aber auch grau und es mangelte an Allem, nur nicht an Fröhlichkeit, Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft. Die Menschen hatten im Lauf des vergangenen Jahrhunderts alles verloren und nach jedem Neubeginn wurden sie auf Grund der herrschenden Umstände wieder enteignet, aber ihrer Würde, Toleranz und ihres Respekts konnte man sie nie berauben. Diesem Ja zum Leben, dieser gelebten Toleranz und dem alltäglichen Respekt begegnete ich in jedem Dorf, in jeder Stadt, in jeder Gesellschaft und es hat mein ganzes Leben geprägt. Ich bin meiner Mutter unendlich dankbar für dieses zweite Zuhause.“

Dem Andenken ihrer Mutter sei auch das Stück gewidmet, das Programmheft ist dreisprachig konzipiert. Man darf hoffen, dass die Inszenierung bald durch ganz Rumänien tourt…

Beatrice UNGAR

 

 

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Theater.