„Auf der Höhe der Brutalität“

Teile diesen Artikel

Premiere mit „Yvonne, die Burgunderprinzessin“ am Radu Stanca-Nationaltheater

Ausgabe Nr. 2625

Szenenfoto mit Iustinian Turcu, Ali Deac, Daniel Plier und Fabiola Petri (v. l. n. r.).                                                                         Foto: Dan ȘUȘA

In einer Welt, die von Sexbesessenheit und Gewalt, Machtspielen und Bosheit regiert wird, hat das Reine, das Andere, das nicht mitspielt, keine Existenzberechtigung und muss psychisch fertig gemacht und physisch eliminiert werden. So könnte man die Botschaft des StückesYvonne, die Burgunderprinzessin“ von Witold Gombrowicz zusammenfassen, das am Samstag unter der Spielleitung von Botond Nagy an der deutschen Abteilung des Radu Stanca-Nationaltheaters Premiere gefeiert hat. Eine starke, eindrückliche Botschaft.

 

Die neueste Produktion der deutschen Abteilung am Radu Stanca-Nationaltheater in Hermannstadt ist alles andere als erbaulich, beschaulich schon gar nicht. Auf der Bühne spielt fast durchgehend die Brutalität die Hauptrolle, jeder Anflug von Menschlichkeit wird im Keim erstickt. Es wird viel gelacht, geblödelt, es fließt viel Blut. Das von Andreea Săndulescu entworfene Bühnenbild kommt der Inszenierung auf schwindelerregende Weise entgegen.

Vorgewarnt wurde das Publikum schon durch die Plakate, von denen alle Schauspielerinnen und Schauspieler einzeln mit blutverschmiertem Gesicht dem Betrachter in die Augen sehen. Obwohl es um ein deutschsprachiges Stück geht, steht in rumänischer Sprache der (Halb)Satz darauf zu lesen: apoi i-o vei îngădui oricui“ (dann wirst du es jedem erlauben). Einladend wirkt das nicht, vielmehr anmaßend.

Eine Zumutung ist die Inszenierung auch sprachlich. Wer nur Deutsch versteht, hat große Mühe, die Schauspieler zu verstehen, weil ständig im Hintergrund Musik auf Lautstärke läuft, zum Teil ohrenbetäubend. Wer Rumänisch versteht, kann sich durch die Übertitel einen Reim darauf machen. Ein Programmheft hätte vielleicht auch zum besseren Verstehen beigetragen.

Regisseur Botond Nagy schreibt u. a. zu seiner Inszenierung: Wir befinden uns heutzutage schon auf der Höhe der Brutalität, es gibt kein Entrinnen. Man wird dich finden und ausweiden, man wird alles zerhacken, was du liebst oder was du zu lieben glaubst. Dies ist der Gipfel der Angst, von dem keine Umkehr möglich ist.“ Was bleibt, ist die Frage: Kann man etwas tun oder kann man bloß zusehen, wie der stille Voyeur auf der Bühne?

Beatrice UNGAR

 

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Theater.