Buch über Geschichte der gehobenen Küche in Hermannstadt erschienen
Ausgabe Nr. 2616

Gudrun-Liane Ittu, Constantin Ittu, Ioan Bondrea: Aus der Geschichte der gehobenen Küche von der Renaissance bis zur Gegenwart mt Bezug auf Sibiu/Hermannstadt. Editura Universității „Lucian Blaga“ din Sibiu, Hermannstadt, 2018, 129 Seiten, ISBN 978-606-12-1611-6
Wie schon oft in unserer Zeitung berichtet, dreht sich dank der „Europäischen Gastronomieregion Hermannstadt“ im Jahr 2019 alles in Hermannstadt und Umgebung um Kulinarik. Es hätte also keinen treffenderen Zeitpunkt geben können für die Herausgabe des Buches „Aus der Geschichte der gehobenen Küche. Von der Renaissance bis zur Gegenwart“. Das Buch wurde mit Bezug auf Hermannstadt von den Autoren Gudrun-Liane Ittu, Constantin Ittu und Ioan Bondrea verfasst, vom Verlag der Lucian Blaga-Universität Hermannstadt herausgegeben und vom Bürgermeisteramt gefördert. Eines kann im Vorfeld schon über das Buch gesagt werden: Es sollte aus keinem Haushalt in Hermannstadt fehlen.
Als erstes fällt der in Sepia-Farben gehaltene Umschlag positiv auf, der den Arkadenhof des Hotels „Zum Römischen Kaiser“ vor 1918 zeigt. Dann stößt man nach dem Vorwort der Bürgermeisterin Astrid Fodor auf jenes von Prof. Dr. Ioan Bondrea, dem Rektor der Lucian Blaga-Universität und Mitverfasser des Buches. Im ersten Abschnitt sind folgende Zeilen zu lesen: „Die Esskultur ist ein wichtiger Bestandteil jedwelcher Kultur, während traditionelle Kochrezepte wertvolle Elemente des immateriellen Kulturerbes sind. Die siebenbürgische Küche (…) erbringt den Beweis, wie wertvoll Multikulturalität für diesen Raum war, der für die moderne Gesellschaft Modellcharakter hat.“
Familiäre Bindungen, Kreuzzüge, Kriege, Pilgerfahrten führten in Siebenbürgen und Hermannstadt zu Beeinflussungen der hiesigen Gastronomie. Der Handel hat dabei ebenfalls eine wichtige Rolle gespielt, wie in der Einleitung zu lesen ist. Das Buch wäre nicht komplett ohne die Geschichte der Essgewohnheiten in Europa, beginnend mit der Renaissance bis zum Mittelalter und dem Habsburgerreich. Sehr informativ und quellenreich sind die ersten Kapitel, die obwohl wissenschaftlich verfasst, sehr leicht zu lesen sind. Der Leser erfährt u. a. wann das erste Kochbuch, das den Titel „De re coquinaria“ trägt, erschienen ist, nämlich zur Zeit des Kaisers Tiberius (14-37 n. Ch.). Oder, dass Theophano, die Gemahlin des Kaisers Otto II., die erste war, die die Gabel bei Tisch einführte. Katharina von Medici, Königin von Frankreich, trennte im 16. Jahrhundert die süßen von den salzigen Speisen und gilt als Begründerin der französischen „haute cuisine“. Des weiteren erfährt man, dass das erste Restaurant Mitte des 18. Jahrhunders in Paris eröffnet wurde. Der Inhaber der Taverne „Champ d’Oiseau“ bot seinen Gästen „allerlei Suppen zwecks ‚restauration‘ an, um sich wiederherzustellen und folglich wurde der Ort ‚Restaurant‘ genannt.“
Der gastronomischen Literatur Siebenbürgens im 16. und 17. Jahrhundert wird ein separates Unterkapitel gewidmet. Demnach sei das erste siebenbürgische Kochbuch „Das Wissen des Kochs. Kochbuch des Chefkochs des Fürsten Siebenbürgens“ um die Mitte des 16. Jahrhunderts in ungarischer Sprache verfasst. Das erste in Siebenbürgen gedruckte Kochbuch trug den Titel „Büchlein des Berufskochs“, stammt aus Klausenburg aus dem Jahr 1695 und wurde insgesamt dreizehn Mal in Klausenburg, Trnava und Kosice neu aufgelegt, ein Bestseller seiner Zeit. Maßgeblich beeinflusst habe die siebenbürgische Küche allerdings Ignaz Gartlers „Wienerisches bewehrtes Kochbuch“, das 1749 im Verlag Johann Leopold Kaliwodas herausgegeben wurde. Einige Rezepte daraus sind als Beispiele abgedruckt, die bestimmt einigen Lesern, die der siebenbürgisch-deutschen Alltagssprache mächtig sind, ein Lächeln auf die Lippen zaubern wird. Darin kommen z. B. „Agras“ (Ägrisch) für Stachelbeeren, „Nägelchen“ für Nelken, „Topfen“ für Quark oder „Zibeben“ für Rosinen vor. „Mandel-Knödel“, „Gefüllte Eyer“, „Hauser in süßer Suppen“, „Ein gefüllter Kapauner“ oder „Kitten-Salat“ sind nur einige der Rezepte, die im Buch zu lesen sind.
Den Konditoreien und der Kaffeehauskultur im Hermannstadt des 17. Jahrhunderts ist ein separates Kapitel gewidmet, in dem u. a. die ältesten Kaffeehäuser, wie z. B. „Zu den drei Mohren“ am Großen Ring oder „Bei den sieben Kurfürsten“ am Kleinen Ring vorgestellt werden. Außer Kaffee wurde hier Schokolade, Tee und Rosolio (ein Likör) angeboten. Ein separates Unterkapitel gilt dem Hotel und Restaurant „Zum Römischen Kaiser“, das im Verlauf der Zeit der bevorzugte Treffpunkt der lokalen Elite wurde.
Beim Lesen des Buches „Aus der Geschichte der gehobenen Küche. Von der Renaissance bis zur Gegenwart“ begibt man sich auf eine kulinarische Zeitreise durch Europa, Siebenbürgen und Hermannstadt, die Appetit macht auf die kommenden Veranstaltungen der „Europäischen Gastronomieregion Hermannstadt“. Interessant wäre vielleicht, die Gerichte aus dem Buch innerhalb des erwähnten Programms zu kochen. Schade nur, dass es das Buch in gedruckter Form nirgends zu kaufen gibt. Dafür kann man es online und in drei Sprachen – deutsch, rumänisch, englisch – auf der Seite der Bibliothek der „Lucian Blaga“ Universität als PDF-Datei unter http://digital-library.ulbsibiu.ro/dspace/handle/123456789/2244 lesen.
Cynthia PINTER