Lesung mit Paul Milata im Erasmus-Büchercafé
Der Historiker Paul Milata stellte am vergangenen Freitag die rumänische Fassung seines Buches „Zwischen Hitler, Stalin und Antonescu. Rumäniendeutsche in der Waffen-SS“ – „Între Hitler, Stalin şi Antonescu. Germanii din România în Waffen-SS“ -im Erasmus-Büchercafé in Hermannstadt vor.
Milata kritisierte zum Auftakt der Buchpräsentation die aktuellen Angriffe der rumänischen Regierung auf die deutsche Minderheit in Rumänien, die „genau das Thema meines Buches betreffen“, so der Autor. „Dieses Buch ist das einzige zum Thema Rumäniendeutsche in der Waffen-SS, deswegen habe ich mich auch beeilt, die rumänische Fassung zu veröffentlichen.”
Paul Milata stellte den Anwesenden auch die einzige Filmaufnahme über die Rekrutierung der Rumäniendeutschen in die Waffen-SS vor, eine zweiminütige Nachricht im Rahmen der „Deutschen Wochenschau” Nr. 694 vom 22. Dezember 1943 vor. Der Film ist bei YouTube abrufbar, unter tps://www.youtube.com/watch?v=DpHcQ2JcADE.
„Die Frage, die wir uns alle stellen müssten ist: Wie konnte es soweit kommen?” stellte Milata in den Raum. „Wie ist es dazu gekommen, dass 63.000 Rumäniendeutsche Mitglieder der Waffen-SS geworden sind? Sind sie freiwillig gegangen? Warum wurden sie Mitglieder der Waffen-SS und nicht der deutschen Wehrmacht? Warum haben sie sich als rumänische Staatsbürger nicht für die rumänische Armee entschieden? Und insbesondere: Welche Rollen haben sie in der Waffen-SS – eine Armee der Partei, hauptsächlich für Fanatiker, wie die allgemeine Einschätzung ist – erfüllt?” Auf viele dieser Fragen erhält der Leser des Buches auch Antworten, davor wollte der Autor erstmals die allgemeine Situation der Rumäniendeutschen, aber auch der rumänischen Gesellschaft in der Zwischenkriegszeit und auch während des Zweiten Weltkrieges erläutern, so dass er hauptsächlich aus dem ersten Teil des Buches vorlas. Dabei stellten die Zuhörer fest, dass das Buch – obwohl es eigentlich ein wissenschaftliches Werk ist – sehr spannend ist, besonders für diejenigen, die an der Geschichte Spaß haben. Eine arme und kranke Bevölkerung, eine schwache Landwirtschaft und eine starke Korruption waren wichtige Merkmale der Jahrzehnte, so der Autor, in denen dann 1938 König Carol II. den Vorläufer der Deutschen Volksgruppe in Rumänien ins Leben gerufen hatte.
Kurzweilig war nicht nur die Lesung, sondern auch das Gespräch mit dem Publikum, in denen der Autor u. a. über seine Informationsquellen ausgefragt wurde. Die Zuhörer wollten auch wissen, was aus den 63.000 Mitgliedern der Waffen-SS geworden ist, leider sind die Ziffern sehr unterschiedlich. Wenn es recht klar ist, dass etwa ein Drittel ihr Leben verloren haben, ist ungewiss, wie viele nach Rumänien zurück gekommen sind, hier sind nämlich die Zahlen sehr unterschiedlich: zwischen sieben und 30 Prozent. Beendet wurde die Lesung mit einer Autogrammstunde, das Buch konnte man nämlich bei dieser Gelegenheit preisreduziert erwerben.
Der in Bukarest 1977 geborene Historiker hat in Hermannstadt die Brukenthalschule absolviert und dann Osteuropäische Zeitgeschichte an der McGill University in Montreal/Kanada studiert. Seine Magisterarbeit schrieb er 2001 zum Thema „Die Migration der Hochqualifizierten aus Osteuropa, 1980-2000“. Er promovierte zum Dr. phil. an der Humboldt-Universität zu Berlin. Für die Veröffentlichung seiner Dissertation „Zwischen Hitler, Stalin und Antonescu. Rumäniendeutsche in der Waffen-SS“ wurde ihm 2008 der Ernst-Habermann-Preis zuerkannt.
Ruxandra STĂNESCU