50 Jahre Hermannstädter Zeitung / Von Werner FINK
Ausgabe Nr.2568
„Wir feiern ein Fest der Freude“ sang der Cedonia-Chor unter der Leitung von Florin Soare. Mit Recht gab es Gründe sich zu freuen, denn die HermannstädterZeitung, die einige Leser auch als „ihre Zeitung“ bezeichnen, feierte am 25. Februar 50 Jahre seit dem Bestehen. Das Jubiläum wurde am vergangenen Freitag im Spiegelsaal im Beisein von ehemaligen und gegenwärtigen Mitarbeitern und insgesamt rund 180 Gästen begangen. Dabei war übrigens auch Ewalt Zweyer, der erste Chefredakteur der Zeitung der in der ersten Ausgabe in seinem „Wort an den Leser“ verkündete, die Zeitung sei „mit Kopf und Herz“ geschrieben.
„Jede Familie im Dorf hatte den Neuen Weg im Haus, aber da hatten wir auch die Hermannstädter Zeitung. Und die Hermannstädter Zeitung war nicht das selbe. Sie hat etwas aus der Umgebung gebracht, sie hat uns in einer anderen Weise angesprochen und das ist bis auf den heutigen Tag so geblieben“, unterstrich Martin Bottesch, stellvertretender DFDR-Vorsitzender und Vorsitzender des Siebenbürgenforums, als ein „Leser der Zeitung seit 50 Jahren“. Bottesch stellte fest: „Die Erhaltung der deutschen Sprache, der Gebrauch der deutschen Sprache in Rumänien ist eines unserer Hauptanliegen und dazu trägt selbstverständlich die Presse neben allem anderen bei. Es geht darum, unsere Identität durch die Sprache zu bewahren und die deutsche Kultur in Rumänien weiterzuführen. Wir sind uns dessen stehts bewusst, wie wichtig die Presse ist und es gibt auch überhaupt keine Debatten darüber, etwas anderes zu tun als die Zeitungen weiterhin zu unterstützen, die Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien mit ihren Beilagen, der Banater Zeitung und der Karpatenrundschau sowie die Hermannstädter Zeitung“.
Anwesend war u. a. auch die gesamte Führungsspitze des Kreisrats Hermannstadt. Kreisratsvorsitzende Daniela Cîmpean unterstrich die Wichtigkeit der Zeitung für Wirtschaftsleute aus dem deutschsprachigen Raum, für Deutsch lernende Schüler oder gar für Leser außerhalb der Grenzen.
„Die Zeitung ist und bleibt ein Vorbild für Qualitätsjournalismus“, unterstrich Bürgermeisterin Astrid Fodor.
Beglückwünscht wurde die Zeitung auch von dem Europaabgeordneten Siegfried Mureșan. Die Hermannstädter Zeitung habe die Gelegenheit gehabt über viele historische Momente zu berichten. Weitere werden aber folgen, denn Rumänien wird ab Januar 2019 zum ersten Mal die Präsidentschaft der Europäischen Union innehaben. Das werde die Möglichkeit bieten, „Rumänien mit seiner ganzen Vielfalt, mit der kulturellen, mit der sprachlichen Vielfalt, mit der regionalen Vielfalt auf die Landkarte der Europäischen Union zu setzen. Gleichwohl bietet die rumänische Präsidentschaft der Europäischen Union die Möglichkeit, Europa näher an den Bürger zu bringen und es werden nur wenige Meter von uns entfernt hier im Jahre 2019 alle Staats- und Regierungchefs der EU-Mitgliedsstaaten tagen“.
Die Hermannstädter Zeitung habe die Aufbruchsstimmung von 1968 in die Zeitung gebracht und sie habe enorm viel Mut Kraft und Hoffnung gegeben, unterstrich Hans Klein, Vorsitzender des Hermannstädter Forums. Diese Kraft sei weitgehend geblieben, auch in schweren Zeiten. Er denke da nicht nur an die Umbenennung in Die Woche, zu der es einige Witze gab, sondern an ganz verschiedene Dinge, die umgewälzt und erschüttert haben. „Ihr wart immer nahe beim Volk, nahe an der guten Sprache, am Puls der Zeit, nahe an den Menschen und das schätze ich bis auf den heutigen Tag“, sagte Klein.
„Die HZ steht für ‚unsere Zeitung‘ und sie steht für unsere Zeitung mit Herz“, betonte Bischof Reinhart Guib. „Ich bewundere dabei, dass alle, die im Redaktionsteam waren oder sind in evangelischer Freiheit berichten kreuz und quer über das was in Hermannstadt, im Kreis Hermannstadt, in Siebenbürgen, manchmal in Rumänien, in der Europäischen Union und darüber hinaus, bis in das Trumpische Amerika, an kirchlichen und forumischen, an politischen und wirtschaftlichen, kulturellen, musikalischen, sportlichen und gesellschaftsrelevanten Ereignissen, hier und dort stattfinden“, sagte Guib.
Vizekonsul Harald Fratczak übergab die Glückwünsche von Konsul Hans Erich Tischler und verlas dessen Grußwort. Als eine Pflichtlektüre habe er das Lesen der Zeitung nie empfunden, schreibt Tischler. Berichtet werde spannend, abwechslungsreich und über eine große Palette von Ereignissen aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport. Die Hermannstädter Zeitung vertrete nicht nur die Interessen einer Minderheit, sondern setze sich für die Belange aller Bürger Hermannstadts ein. Als „besonders lobenswert“ bezeichnet Tischler die Junior-Ecke. Weiterhin sei das Zeitgeschehen immer kritisch verfolgt worden und man sei mahnend gewesen, wenn es darum ging, Missstände aufzuzeigen oder unbequeme Wahrheiten auszusprechen: „In ihren Kommentaren unter der Rubrik ‚Alles ist (un)möglich‘ vertreten Sie oft Ansichten, die nicht immer alle teilen und beweisen damit Mut, der unbedingt zum Beruf eines Journalisten gehört“, unterstrich Tischler. Es sei wesentliche Aufgabe der Presse, Bürger auch zu kontroversen Debatten und Meinungsaustausch einzuladen: „Wir brauchen weiterhin eine Presse, die Ideen diskutiert, konstruktiv in die Gesellschaft hineinwirkt und ein breites Meinungsspektrum wiederspiegelt. Ohne dies ist eine pluralistische Gesellschaft, für die unsere Vorfahren so lange gekämpft haben, nicht möglich“, betont Tischler. Nie wieder dürfe es dazu kommen, dass Pressefreiheit mit Füßen getreten wird.
Zahlreiche Anwesende hoben übrigens die Glosse „Alles ist (un)möglich“ der Chefredakteurin Beatrice Ungar hervor, die inzwischen zu einem Markenzeichen der Hermannstädter Zeitung geworden ist.
Dabei war auch Elke Sabiel, die ehemals zuständig für das journalistische Austauschprogramm der Friedrich Ebert Stiftung in Deutschland war und mittels dessen rumänische und deutsche Journalisten aus Rumänien, unter anderem auch vier von der Die Woche/Hermannstädter Zeitung, die Möglichkeit hatten in der Bundesrepublik Deutschland Erfahrungen im Bereich Journalismus sammeln konnten. Elke Sabiel überreichte Beatrice Ungar im Rahmen der Feier eine Satzung des Vereins der Siebenbürger Sachsen aus Argentinien.
Ein weiteres Grußwort überbrachte Sigrid Haldenwang, die seit dem 7. März 2008 in der Hermannstädter Zeitung eine Rubrik zur siebenbürgisch-sächsischen Mundart betreut, zunächst unter dem Titel „Siebenbürgisch-sächsische Sprüche im Jahreslauf“, heute „Im Jahreslauf“.
Johann Schuth, Chefredakteur der Neuen Zeitung aus Budapest. Grüße von Vorsitzenden der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen Otto Heineck überbringen, der Mitte der 80er durch einen Redakteureaustausch eine Woche, damals bei der „Die Woche“ verbringen konnte.
Andreas Huber, der Honorarkonsul von Österreich Huber überbrachte Glückwünsche seitens der österreichischen Botschafterin in Bukarest Isabel Rauscher und vom Botschafter im Ruhestand Gerhard Reiweger. Gratuliert hat auch der Hononrarkonsul von Luxemburg und langjährige Leiter der deutschen Abteilung des Staatstheaters in Hermannstadt Daniel Plier.
Moderiert wurde die Feier von Benjamin Józsa, der es förmlich verstand, Stimmung zu machen. Gestaltet wurden während der 50 Jahre rund 2.567 Ausgaben von insgesamt rund 70 festen Mitarbeitern, die bei der Zeitung längere oder kürzere Zeit tätig waren. Außerdem gab es unzählige freie Mitarbeiter und Praktikanten. Dabei waren als ehemalige feste Mitarbeiter der erste Chefredakteur der Zeitung, Ewalt Zweyer, der ehemalige Chefredakteur Georg Scherer, der ehemalige Redakteur Wolfgang Fuchs sowie Sebastian Marcovici. Zu erwähnen ist, dass der Fotoreporter Fred Nuss von allem Anfang an dabei war und heute noch aktiv die Zeitung mitgestaltet.
Besondere Freude bereitete die Feier aber dem ersten Chefredakteuren der Hermannstädter Zeitung Ewalt Zweyer der insgesamt sieben Jahre lang seine Funktion bei der Hermannstädter Zeitung innehaben durfte. „Ich war gerade 36 Jahre alt geworden, als ich mit einem Rucksack auf dem Rücken vom Bahnhof kam“, erinnerte sich Zweyer. Es war mitten in der Nacht und er warf Steinchen an das Fenster seiner Mutter in der Burgergasse und diese öffnete ihm das große Tor. Nach neun Tagen ist die erste Ausgabe der Hermannstädter Zeitung erschienen. „In dieser kurzen Zeit habe ich Leute gesucht, mit denen ich die Zeitung machen kann, denn außer dem Horst Breihofer, durfte keiner von denen aus Bukarest kommen um mit dem Zweyer eine Wochenzeitung zu Gründen“, sagte Ewalt Zweyer. Zweyer erzählte wie er Mitarbeiter gefunden hätte. „Es waren da einige die uns ein wenig geholfen haben, der Vertreter des Neuen Wegs in Hermannstadt hatte viele Leute und hatte eine gute Auswahl getroffen. Aus der Kesselschmiede holten wir Alfred Hatzak, ein Mann für die Sonderfälle. Dann haben wir Walther Engel gefunden, der Deutschlehrer in Heltau war und dessen Frau Deutschlehrerin in Michelsberg war. Er war ein guter Kulturredakteur, der Astrid Wiesenmayer gut ersetzt hat. Und dann war noch Gerhild Antoni, später Buchfelner. Sie kam aus Kronstadt und wollte nicht unbedingt bei der Karpatenrundschau bleiben. Dann war noch der Karl Drotlef, der Korrespondent der Karpatenrundschau für Hermannstadt. Er kam dann auch zu uns. Dann kam Hermann Schobel, dann Felix Caspari, nachdem 3-4-5 Wochen vergangen waren und ich keinen Stellvertreter hatte, dann hat man mir noch einmal gesagt, du musst jemanden finden und heute anstellen“, erzählte Zweyer. „Und so kam der Caspari aus Bistritz, der zu seiner Mutter wollte. Er war Deutschlehrer und in Hermannstadt wollte er auch Lehrer sein und der Genosse Richard Winter hatte ihm gesagt: ‚Schauen sie Caspari, entweder sie gehen zur Zeitung, oder sie bleiben in Bistritz.‘ Caspari war ein sehr gewissenhafter Redaktionssekretär, stilistisch in Ordnung, konnte alles auch bearbeiten und auch ich hatte ja viel stilisiert. Meine Manuskripte waren oft blau, ‚die Landkarten des Zweyer‘.
Einen genauen Einblick in die Geschichte der Zeitung bietet das Buch „Zwischen Pflicht und Kür. Die Hermannstädter Zeitung und die Siebenbürger Sachsen im kommunistischen Rumänien und nach der Wende“ von Anna Galon, von dem jeder Gast ein Exemplar mitnehmen durfte. Dazu gab es auch Jubiläumsmedaillen, gestaltet und hergestellt in der Keramikwerkstatt des Tonal-Vereins.