Ausgabe Nr. 2470
Der Hermannstädter Pressefotograf Fred Nuss präsentierte ein neues Album
Fred Nuss hat am Montag sein neuestes Album, „Hermannstadt in schwarz-weiß”, vorgestellt. Über Aufnahmen, die etwas erzählen, über das neueste Album aber auch über Zukunftspläne sprach der Pressefotograf mit HZ-Redakteurin Ruxandra S t ă n e s c u.
Wie ist dieses Album entstanden? Sind diese 101 Bilder nicht nur ein Tropfen auf den heißen Stein?
Wenn man meine ganze Karriere betrachtet, ist es tatsächlich nur ein Bruchteil der Aufnahmen, die ich gemacht habe. Diese Fotos, die im vergangenen Sommer in einer Ausstellung im Astra-Museum zu sehen waren, hatte ich zu Hause und ich wollte, dass sie erhalten bleiben. Ich habe sie dem Museum gespendet und war froh, sowohl hier, als auch beim Demokratischen Forum der Deutschen in Hermannstadt auf ein offenes Ohr zu stoßen, so dass man auch in 50 Jahren sehen kann, wie Hermannstadt in den 60-er und 70-er Jahren ausgesehen hat. Als ich sie gemacht habe, war ich praktisch Anfänger in der Pressefotografie und wollte Hermannstadt anders zeigen als meine Kollegen. Und man kann sehen, dass alle diese Aufnahmen die Stimmung gemeinsam haben. Man kann z. B. spüren, wo es kalt und wo es warm war.
Bei der Vorstellung des Buches sprach man quasi über das Ende der Schwarzweißfotografie. Ist das so?
Auf keinen Fall, die Schwarzweißfotografie erfreut sich sogar eines besonderen Status! Und auch in diesem Bereich ist die Technik fortgeschritten.
Welche berühmte Fotografen der Vergangenheit haben Sie geprägt?
Es ist wichtig, dass man die Geschichte der Fotografie kennt und auch die Werke bekannter Fotografen. Ernst Leitz aus Wetzlar hat in den 20-er Jahren die erste Kamera mit perforiertem Film gebaut, die Leica, das war ein großer Schritt zum Kleinbildfilm. Dann ging in den 30-er Jahren ein bescheidener Mann mit der Kamera auf die Straße und machte Schnappschüsse, die so originell waren, dass sie bis auf den heutigen Tag preiswert geblieben sind. Das war Henri Cartier-Bresson, einer der besten Fotografen der Welt. Sam Haskins, der eine Vorliebe für Frauen hatte und besondere Portraits geschossen hat, und zwar nicht im Studio, sondern an unkonventionellen Orten, war das Gegenteil zu diesem aber auch sehr berühmt und mit einmaligen Werken.
Sie machen auch heutzutage Schwarzweißfotos?
Sicher! Leider weiss die Jugend heutzutage recht wenig darüber, aber es ist ein faszinierendes Gebiet. Man muss die Wirklichkeit mit ihren vielen Farben, die uns umgeben, mit einer begrenzten Anzahl von 256 Graukeilen ersetzen, von schneeweiß bis pechschwarz, dabei muss das Foto sehr ausgeglichen sein, sonst wirkt es ärmlich. Die heutigen Kameras haben auch eine Schwarzweißfunktion, die zwar nicht einfach zu bedienen ist, aber sehr hilfreich sein kann. Man sollte den Photoshop nicht vergessen. Wer Fotos mit diesem Programm bearbeitet muss gut aufpassen. Die Farbverschiebung hat auch ihre Tücken. Wenn man eine Farbe verändert, verändern sich alle Farben. Wenn man zum Beispiel die rote Farbe aus dem Gesicht einer Person verdrängen will, bleibt auch die rote Rose im Vordergrund nicht mehr rot.
Früher konnte man aber im Labor die Fotos auch manipulieren…
Ja, tatsächlich hatte man im Labor viele Möglichkeiten, die Bilder zu verändern. Es gab ganze Handbücher mit Rezepten für die Substanzen und die Verarbeitung und ich war die glückliche Person, die in über 40 Jahren auch alles ausprobiert habe. Dämpfen, Verstärken, Eingreifen in die Grafik des Filmes – alles habe ich ausprobiert. Und dann war es nicht mehr Fotografie sondern Foto-Grafik.
Vermissen Sie die Arbeit im Labor?
Sehr. Es wurde vor vielen Jahren aufgelöst. Mein Labor befand sich im Gebäude des heutigen Rathauses am Großen Ring, die Tür existiert auch heute noch, dort habe ich 40 Jahre regelrecht „geherrscht". Es war meine zweite Wohnung. Ich spüre auch heute manchmal den Drang, das Bild am Vergrößerungsapparat zu sehen. Ich muss auch sagen, dass ich die Arbeit am Computer nicht recht mag.
Aber die Digitalkameras lieben sie?
Sicher, sicher! Ich kann sie jetzt gar nicht mit den analogen vergleichen, die sind so unterschiedlich wie Menschen und Außerirdische. In der Digitalfotografie ist man so weit gekommen, dass sie die Schärfe übertrifft, zum Beispiel mit Full Frame.
Zurück zum Album und zu ihren Zukunftsplänen…
Ja, ich denke an eine Ausstellung mit Portraits, die womöglich die Krönung meiner Laufbahn sein wird. Ich plane natürlich mehrere Ausstellungen, aber diese soll groß werden und ich hoffe, gegen Ende des Jahres für etwa zwei Wochen Platz im Foyer des Rathauses zu erhalten, denn es werden um die 140 Aufnahmen da sein: Jazzmusiker, Alte, Kinder, Persönlichkeiten aus Hermannstadt…
Portraits sind nicht für jedermann…
Nein, sicherlich nicht. Fotografieren kann praktisch heute jeder, in der Sonne, im Regen, und so weiter. Landschaftsfotografien kann man auch jedem zutrauen, aber Portraits sind ganz besonders. Ich spreche jetzt nicht über solche im Studio, wo es heißt: auf den Stuhl setzen und zack!, wie es der alte Fischer gemacht hat und auch nicht über Erinnerungsfotos mit einer Hütte im Hintergrund.
Ich spreche über ernste klassische Portraits. Und dafür brauche ich auch einen bestimmten Ort und auch das passende Licht, und erst dann wähle ich die Kamera und das richtige Objektiv. Ich spreche auch mit der Person, denn ich muss sie kennen. Einerseits erkunde ich die äußerlichen Merkmale, Kinn, Ohren, Stirn, betreibe also Antropologie, damit ich die Person am besten ablichte und nicht die weniger gelungenen Merkmale hervorhebe.
Andererseits möchte ich dann im Gespräch herausfinden, wie die Person ist, da ist auch Psychologie dabei. Das ist das Schwierige, die dunkle Seite des Mondes sozusagen, die ich auch zeigen will. Ob die Person humorvoll, traurig oder besonnen ist, welche Interessen sie hat, das alles zählt, denn ich muss die vollständige Person im Foto zeigen, ich muss erst abdrücken, wenn das Foto repräsentativ ist.
Für diese Portraitsausstellung haben sie schon Aufnahmen?
Das sind Portraits, die ich im Laufe der Jahre gemacht habe und habe sogar einen Vorteil, und zwar mit meinen Jazzaufnahmen: ein Musiker, der auf seinem Kontrabass liegt, Johnny Răducanu, der Klavier spielt und Grimassen zieht, weil er wusste, wo ich war, und viele mehr. Es war mühevolle Arbeit mit der spärlichen Szenenbeleuchtung von damals. Ich habe mich mit dem Elektriker angefreundet und er hat bei Bedarf – wir hatten ein Zeichen dafür vereinbart – drei Sekunden lang die Beleuchtung heller eingestellt. Manchmal hat dann der Lichtmeister mit ihm geschimpft, da hat er sich immer entschuldigt und erklärt, er habe auf den falschen Knopf gedrückt. Heutzutage ist es einfacher, da kann man mit der Digitaltechnik dieses Problem überbrücken und das Foto sieht natürlicher aus.
Wird das ein neues Album?
Das kann ich noch nicht sagen, denn dafür habe ich leider kein Geld und ich kann auch nicht sagen, ob da Interesse bestehen würde, aber ich kann versprechen, dass sich der eine oder der andere Hermannstädter bereits beim Besichtigen der Ausstellung wundern wird.
Vielen Dank für das Gespräch.
Fred Nuss in seinem Fotolabor, 1978. Foto: Selbstporträt Fred NUSS
Der Hermannstädter Presse- und Kunstfotograf Fred Nuss (im Bild oben bei der Autogrammstunde) stand im Mittelpunkt der Veranstaltung am Montag in der Bibliothek der Lucian Blaga-Universität, bei der Ana Grama, Constantin Ittu und Daniel Bălțat dessen jüngstes Fotoalbum „Hermannstadt in schwarz und weiß" vorstellten. Foto: Răzvan NEGRU