Sein Blick war stets auf die Zukunft gerichtet

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Zu Hans Kleins Buch ,,Ausgerichtet auf das Kommende. Erinnerungen“

Ausgabe Nr. 2912

Hans Klein: Ausgerichtet auf das Kommende. Erinnerungen. Schiller-Verlag, Hermannstadt-Bonn 2024, 432 S., 59 Euro, ISBN 978-3-949583-71-1. In Hermannstadt liegt das Buch in der Schiller-Buchhandlung und im Erasmus-Büchercafé auf.

Eines der drei Bücher, die im Rahmen der 15. ,,Begegnung auf dem Huetplatz“ vorgestellt worden ist, war Ausgerichtet auf das Kommende. Erinnerungen von Hans Klein, das 2025 im Schiller-Verlag Hermannstadt-Bonn erschienen ist. Bei der gut besuchten Buchvorstellung, die am 10. Mai d. J. im Erasmus-Büchercafé stattgefunden hat, präsentierte Martin Bottesch das Buch vor. Die Präsentation stellte Bottesch dankenswerterweise der HZ zur Veröffentlichung zur Verfügung:  

Es ist nicht das erste Buch von Hans Klein, das ich gelesen habe, aber das erste, das ich vor seiner Veröffentlichung las, da mich der Autor gefragt hatte, ob ich dazu nicht ein Geleitwort schreiben würde.

Der Titel „Ausgerichtet auf das Kommende“ mag vielleicht einige überraschen, denn beim Aufzeichnen von Erinnerungen ist der Blick auf die Vergangenheit gerichtet. Doch der Autor erklärt im Vorwort, warum er diesen Titel gewählt hat: Er erinnert sich vor allem an das, was er über die Ereignisse gedacht hat, und da war sein Blick stets auf die Zukunft gerichtet. Immer war er bestrebt, die Entwicklung vorauszuahnen und seine Handlungen entsprechend zu planen. Dass der Leser aber trotzdem erfährt, was geschehen ist, genauer: wie es der Autor heute sieht, liegt auf der Hand.

Das Buch ist in sechs Teile gegliedert: I. Kindheit und Jugend, II. Im Pfarrdienst, III. Theologischer Lehrer bis zur Wende (1972-1989), IV. Die Wende und ihre Folgen, V. Vielfältige Aufgaben (1989-2010), VI. Im Ruhestand. Ich möchte diese Teile hier nicht vorstellen, sondern kurz etwas zu drei Themenbereichen aus dem Buch sagen.

  1. Die Erinnerungen an die Zeit des Kommunismus. Jeder Leser wird diese Zeit mit seinen eigenen Erfahrungen, oder, falls er solche nicht hat, mit seinen Vorkenntnissen in Verbindung bringen. Bei mir will es der Zufall, dass ich meine Kindheit und frühe Jugend in demselben Teil des Unterwalds, zum Teil in den gleichen Ortschaften – so in Großpold und Mühlbach – wie Hans Klein verbracht habe und somit die Verhältnisse und auch einige Personen kannte, die er erwähnt. Beim Lesen fiel mir auf, wie viel ein Altersunterschied von 13 Jahren bedeuten kann. Hans Klein ist 1940 geboren, ich 1953; das Erleben des Kommunismus in denselben Orten und in denselben Schulen ist ein verschiedenes. Vieles war für mich, angefangen mit meiner Schulzeit ab 1960, schon einfacher, Hans Klein hat aber die Diktatur von ihren Anfängen an, auch wenn zunächst als Kind, aber doch bewusst erlebt. In eine Pfarrfamilie hineingeboren – der Vater, Albert Klein, war Pfarrer in Dobring, dann in Petersdorf bei Mühlbach, danach in Mühlbach, und wurde später zum Bischof gewählt –, musste Hans Klein als Kind erleben, wie in den Nachkriegsjahren auch die Familien der Geistlichen materielle Sorgen hatten. Die Nahrung war knapp, Haustiere wurden angeschafft und dem Vater gelang es besonders durch Bienenzucht, die Familie, zu der sechs Kinder gehörten, über Wasser zu halten. Die Kinder mussten bei den Arbeiten helfen, Honig durfte man aber nur beim Schleudern essen, denn der Honig war zum Verkauf bestimmt. Dass der Kommunismus auch andere Bedrängnis bedeutete als die materielle Not, erfährt man aus dem Buch von Hans Klein ebenfalls. Es sind die Erlebnisse als Kind, als Schüler, dann als Student, als junger Pfarrer, dann als Dozent für Altes Testament und als Professor für neues Testament am Evangelischen Theologischen Institut in Hermannstadt. Wie dieser Werdegang möglich war in einem Regime, dass den Atheismus propagierte, wie Hans Klein trotz der Abgeschlossenheit bzw. „Eingeschlossenheit“ in diesem Land dennoch mit ausländischen Theologen in Kontakt treten konnte, liest man nicht ohne Spannung in seinen Erinnerungen.
  2. Hans Klein und die politische Wende von 1989. Auch da geht es im Buch nicht um ein einfaches Erzählen dessen, was passiert ist, sondern immer auch um die Einstellung des Autors zu den Ereignissen. Und diese ist bemerkenswert. Es ist bekannt, dass in den 1980er Jahren, wenn sich zwei Siebenbürger Sachsen trafen, sie über die Auswanderung sprachen, auch wenn sie einander vorher nicht gekannt hatten. Seitdem es Abmachungen zwischen Rumänien und der BRD gab, in denen vorgesehen war, wie viele Rumäniendeutsche jährlich das Land verlassen durften, wurde tausende Male die Rechnung gemacht, wie lange es dauern würde, bis alle aus Rumänien weg seien. Hans Klein dachte anders: Er suchte nach Lösungen, wie es da weitergehen könnte, nachdem der Kommunismus fallen würde. Als im November 1989 die Wende sich abzeichnete, hatte er Gespräche mit dem Landeskirchenkurator und mit anderen Personen, zum Thema, wie nach dem zu erwartenden Fall von Ceaușescu zu handeln sei. Eine Auswanderung kam für Hans Klein nie in Frage. Wie er dann die Ereignisse vom Dezember 1989 erlebt hat, den Tumult, die Spannung, die Hoffnung – alles erfährt man aus dem Buch. Und auch wie es mit der deutschen Gemeinschaft weiterging. Da Hans Klein immer im Mittelpunkt dieser Gemeinschaft in Hermannstadt stand und keine Verantwortung scheute – er war lange Zeit Vorsitzender des Hermannstädter Forums, zeitweilig des Siebenbürgenforums, zwei Jahrzehnte Mitglied des Hermannstädter Stadtrats als Vertreter des Forums –, zeigen seine Erinnerungen, welches die Beweggründe für sein Handeln und für das Handeln des Forums waren. Vieles kam anders als man es sich 1990 hatte vorstellen können. Über den Gang der Dinge gibt das Buch Informationen aus erster Hand.
  3. Der theologische Werdegang von Hans Klein. Als er mich fragte, ob ich ein Geleitwort für dieses Buch schreiben würde, hatte ich Bedenken, ich könnte von den theologischen Inhalten überfordert sein. Beim Lesen aber musste ich feststellen, dass Hans Klein sich sehr wohl auch für Laien verständlich zu machen weiß. Ich erkläre mir das dadurch, dass er als Pfarrer gewohnt war, zu den Mitgliedern der Gemeinde klar und verständlich zu sprechen. Als Theologe hat er sich auf ein Niveau emporgearbeitet, das es ihm erlaubte, auf internationalen Veranstaltungen Vorträge zu halten, in ausländischen Zeitschriften zu publizieren, in internationale Gremien gewählt zu werden. Dabei hatte er im Rahmen der evangelischen Kirche in Rumänien, genau wie im Forum, verantwortungsvolle Funktionen, so als Stadtpfarrer von Hermannstadt, Bischofsvikar, Dekan des Theologischen Instituts und, wie bereits erwähnt, als Professor für Neues Testament ebenda. Über all das wird im Buch berichtet, immer steht im Vordergrund, was er dabei dachte, warum er das eine oder andere tat oder nicht tat. Es ist ein Stück Geschichte, die hier dargestellt wird von einem ihrer aktiven Akteure in Hermannstadt.

Ich hoffe, Sie neugierig gemacht zu haben und dass Sie beim Lesen dieselbe Freude empfinden, die ich empfunden habe.

Martin BOTTESCH

 

Über den Autor Hans Klein

Am 9. November 1940 in Hermannstadt geboren, war Hans Klein zu Beginn seiner Dienstzeit als Pfarrer in mehreren Banater Gemeinden aktiv. Ab Mitte der 1960er-Jahre war er Pfarrer in Deutsch-Kreuz, bevor er 1972 an die Evangelisch-Theologische Fakultät wechselte. Ab 1998 war Dr. Klein auch Dekan des Instituts. Er war Hermannstädter Stadtpfarrer und Bischofsvikar.

Prof. Dr. Hans Klein war 1989 Gründungsmitglied des Demokratischen Forums der Deutschen in Hermannstadt (DFDH) und vertrat dieses auch im Hermannstädter Stadtrat. Desgleichen war er DFDH-Vorsitzender und Vorsitzender des Siebenbürgenforums.

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Bücher.