Vorstellung des Sachbuches ,,Tipologia așezărilor secuiești“ von Gabriella Olasz
Ausgabe Nr. 2904

Bei der Buchvorstellung sprachen außer der Autorin Gabriella Olasz (stehend) die Architektin Liliana Cazacu, die Verlegerin Anca Dină und die Leiterin des Friedrich Teutsch-Begegnungs- und Kulturzentrums, Gerhild Rudolf (im Hintergrund sitzend v. l. n. r.). Foto: der Verfasser
„Es ist das erste Mal, dass wir in unserem Haus sächsischer Tradition ein Buch in rumänischer Sprache präsentieren, das von einer Person ungarischer Ethnie geschrieben wurde. Es ist also eine interkulturelle Veranstaltung”, lauteten die einleitenden Worte von Gerhild Rudolf, Leiterin des Teutsch-Hauses. „Für mich war das Szeklerland bislang ein weißer Fleck auf der Karte. Ich wusste nicht viel darüber”. Vergangenen Samstag stellte nämlich Architektin Gabriella Olasz ihr Buch „Tipologia așezărilor Secuiești“ (Typologie der Szeklersiedlungen) im Terrassensaal des Teutsch-Hauses in Hermannstadt vor. Als Grundlage diente ihre Doktorarbeit. Die Veranstaltung war gut besucht.
Ob sie eine Szeklerin sei? Die Antwort könne nur auf Deutsch richtig lauten: „Jein”. Sie sei national und konfessionell gemischt, was dazu führte, dass sie im Allgemeinen besser erkenne, wo die jeweiligen Probleme liegen. Die Mutter war eine orthodoxe Rumänin, der Vater ein römisch-katholischer Ungar. Jetzt hat sie einen evangelischen Siebenbürger Sachsen als Mann, genauer Prof. Dr. Paul Niedermaier.
Olasz ist in Szekler-Neumarkt/Kézdivásárhely/Târgu Secuiesc geboren, ihrer Meinung nach die „traditionellste Stadt des Szeklerlandes aus allen Gesichtspunkten”, wo die Menschen vielleicht ein bisschen steif seien, sich stark an Traditionen halten. Sehenswert ist hier der Marktplatz von dem man ringsherum in 71 Höfen gelangen kann, die sich wie schmale Straßen nach hinten ziehen. Einst waren sie der Besitz je einer Familie, allerdings dadurch, dass bei den Szeklern alle Nachkommen erbten wurden sie stark aufgeteilt. „Hier bin ich aufgewachsen, im Geiste des Ortes, dieser Traditionen”, meinte Olasz.
Drei Jahre lang studierte sie Architektur in Klausenburg und beendete ihr Studium dann an der Universität für Architektur und Stadtplanung „Ion Mincu” in Bukarest. Eine Professorin in Klausenburg schrieb ihre Doktorarbeit ebenfalls über die traditionelle Architektur aus dem Kreis Covasna und mit ihr ging sie vor Ort. Auch mit anderen Studenten – das war schon wärend der Zeit in Bukarest – ging sie durch die Dörfer der Gegend Drei Stühle, wo sie kartierte, fotografierte und mit den Einwohnern sprach.

Gabriella Olasz: Tipologia așezărilor secuiești, Editura A.C.S. (Art Conservation Support) Bukarest 2024, 359 Seiten, ISBN 978-606-8922-28-7. Mit einem Vorwort von Akademiemitglied Paul Niedermaier.
Dann wurde sie nach Neumarkt zugeteilt – das war noch vor der Wende – 8 Jahre lang beschäftigte sie sich nicht mehr mit Denkmälern sondern mit dem „Zurechtstutzen von Dörfern”. Wie eine Ortschaft „gestutzt” werden kann? Sie mussten Maquetten von Ortschaften anfertigen, und sie wurde mit einem Zeilendorf aus dem Kreis Mureș, das entlang eines Tales gelegen war, beauftragt. Sie hätte eine runde oder eine viereckige Ortschaft daraus machen müssen, was sie aber für nicht möglich hielt. Am Morgen wurden die Maquetten abgeholt. Allerdings schien nicht alles rund gelaufen zu sein, denn später musste sich die ganze Mitarbeiterschaft des Instituts daran machen die von ihr gefertigte Maquette „zurecht zu stutzen”.
„Gut, dass diese unselige Periode zu Ende ist”, meinte Olasz. Viele Dörfer seien so entkommen, wie auch Inlăceni/Énlaka im Kreis Harghita, das in ihrer Doktorarbeit als Fallstudie vorkommt, und das es verdiene auf die Weltkulturerbe-Liste aufgenommen zu werden. Kartiert wurde es in den 1980er Jahren und hätte von der Erdoberfläche verschwinden sollen.
Eine andere Station ihres Lebens war im Nationalenmuseum der Szekler in Sankt Georgen/Sepsiszentgyörgy/Sfântu Gheorghe, wo sie zuständig für Denkmäler und Museografin war. Hier musste sie u. a. die Ortschaften besuchen und die Liste der Denkmäler ergänzen. Von hier kam sie zur Direktion für historische Denkmäler, sie war Beraterin in Sachen Baudenkmäler. Auch da machte sie weiter mit der Arbeit vor Ort aber auch mit der Forschung.
Mit ihrer Doktorarbeit begann sie im Jahr 2000. Sie nutzte dafür die Arbeiten von Paul Niedermaier. Dabei lernten sich die beiden auch besser kennen und sie heirateten im Jahr 2004.
Das Buch, das nun ihre Doktorarbeit zur Grundlage hat, besteht aus sieben Kapiteln. Ursprünglich gab es sechs Kapitel und im vergangenen Jahr fügte die Autorin ein Kapitel hinzu, das den architektonischen und landschaftlichen Aspekten gewidmet ist.
Angefangen wird mit einem geschichtlichen Teil. Dann geht es vom Allgemeinen ins Detail. Also von Themen wie Gebiete, ländliche Siedlungen oder städtische Siedlungen geht es hin zu Fallstudien, die die Autorin als die relevantesten für eine Analyse hält. Im Falle der Gebiete wählte sie „Scaunul Cașinului“ (Kászonszék), für ländliche Siedlungen das Dorf Inlăceni/Énlaka, das ihrer Meinung nach auf die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen werden müsste, und bei den Städten Szeklerneumarkt, wo eine einzigartike städtische Struktur erhalten blieb.
Die Siedlungen werden in dem Kapitel der allgemeinen Typologie unter die Lupe genommen, wo sie auf drei morphogenetische Kategorien aufgeteilt werden. Diese Einteilung von Siedlungen übernahm sie von Paul Niedermaier. Und das 19. Jahrhundert teilte sie anhand der Typologie ein, die von Ethnografen aufgestellt wurde.
Eine Zielgruppe des Buches seien vor allem die rumänischsprachigen Interessenten, aber natürlich nicht nur diese, vor allem da sie auf rumänisch so gut wie nichts über das Szeklerland gefunden hatte.
Gegenwärtig ist Olasz Rentnerin, arbeitet nebenbei immer noch. Ihre gegenwärtige Arbeit betrifft das Hermannstädter Umland bis hin zum Szeklerland und von Kronstadt bis hin nach Neumarkt. Vor kurzem führte sie Geschichtsstudien für den Flächennutzungsplan für Mereni/Kézdialmás, Szekler-Neumarkt, durch, gegenwärtig macht sie das für Hăghig/Hídvég und für verschiedene Bauten im Szeklerland, darunter drei des Architekten Károly Kós.
Zu Wort kam auch Architektin Liliana Cazacu, die an die Zeit erinnerte, wo sie zusammen mit Olasz für die GTZ arbeiteten und weiterhin an die Zeit, wo es um Programme zur Sanierung der Kirchenburgen ging. Für die Sanierung der Kirchenburgen in Eibesdorf und Reussmarkt waren sie selber als Architektinnen eingesprungen. Dann haben sie auch am Dächerprogramm gearbeitet. „2012 hat sie mich zur zur Abteilung für Konservierung und Restaurierung der Ion Mincu-Universität mitgenommen, wo wir Jahre lang zusammengearbeitet haben, bis Olasz in Rente ging”, erinnerte sich Cazacu.
Olasz bleibt auch weiterhin tätig. „Wir haben eine lange Liste von Projekten, an denen wir mitarbeiten, wie z. B. allgemeine Grundlagenstudien für sehr komplexe Projekte, Flächennutzungspläne oder Bebauungspläne aber auch Studien für Gebäude”, sagte sie.
Werner FINK