Mord und gute Laune

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Lorcas ,,Bluthochzeit“ ist neueste Theaterpremiere

Ausgabe Nr. 2893


Plädoyer für die Völkerveständigung: Mit Federico García Lorcas „Bluthochzeit” feierte vergangene Woche die deutsche Abteilung des Hermannstädter „Radu Stanca”-Nationaltheaters die zweite Premiere der neuen Spielzeit. Unser Bild: Gruppenfoto mit allen Beteiligten.                   
Foto: TNRS/Andrei VĂLEANU

Mit einem Tanzreigen aller Schauspieler und Mitwirkender endete die Vorpremiere des Theaterstücks „Bluthochzeit“ von Federico Garcia Lorca unter der Regie von Hunor Horvath am Donnerstag, dem 28. November. Die Schauspielerinnen und Schauspieler der deutschen Abteilung des „Radu Stanca“-Nationaltheaters bewiesen, dass eine Tragödie nicht immer tragisch enden muss. Trotz zweier Morde (auf der Bühne) verbreitete sich die gute Laune durch die Live-Musik und den Tanz schnell und man wollte als Zuschauer einfach nur mittanzen.

Aus einem realen ländlichen Drama schuf Lorca eine Tragödie im antiken Stil, aus der Volkskultur Andalusiens entstand so ein Gesang auf das Leben und vor allem auf den Tod. Auf der Bühne in Hermannstadt sind keine Spanier zu sehen sondern Mitglieder einer siebenbürgischen dörflichen Gesellschaft. Mal wird deutsch gesprochen, mal rumänisch. Gezeigt wird eine dörfliche, zeitlose Welt und eine Familie, die mitten in den Hochzeitsvorbereitungen steckt. Eine Mutter (Johanna Adam) wird von düsteren Vorahnungen geplagt: Ihr Mann und der ältere Bruder ihres Sohnes, des Bräutigams, haben in der blutigen Fehde mit Familie Féliz ihr Leben gelassen. Dennoch möchte der junge Mann eine Frau heiraten, die einst mit Leonardo Féliz verlobt war. Ihm gilt nach wie vor die Leidenschaft der Braut. Inzwischen ist Leonardo mit einer anderen verheiratet und Familienvater, entfremdet sich jedoch zunehmend von seiner Frau. So fliehen die ehemals Verlobten gemeinsam von der Hochzeit in den Wald. Der Bräutigam folgt ihnen, um um seine Braut zu kämpfen – und es tritt ein, was seine Mutter befürchtet hatte. Während des Kampfes erstechen sich die beiden Männer.

Szenenfoto mit Daniel Bucher, Olga Török, Richard Hladik und Johanna Adam (v. l. n. r.).                                                     Fotos: TNRS/Andrei VĂLEANU

Johanna Adam spielt die sich sorgende Mutter, Richard Hladik ist der brave, biedere Sohn. Olga Török interpretiert die unsichere Braut, Daniel Bucher ihren Vater. Gyan Ros gibt einen leidenschaftlichen Leonardo ab und Fabiola Petri seine bemitleidenswerte Frau. Die Zuschauer sitzen ebenfalls auf der Bühne und befinden sich dadurch mitten im Geschehen.

Die Inszenierung von Hunor Horvath vereint Theater mit Tanz, Film und Musik auf sehr lebendige aber auch einfühlsame Art und Weise. Die Live-Musik, die von einer separaten Bühne kam, war ausschlaggebend für die Atmosphäre. Dafür zuständig waren Tamás Kolozsi (Komponist), Bogdan Paculea (Klarinette), Răzvan Grecu (Keyboard), Androne Mugur (Taragot) und Melinda Samson (Chorleiterin). Die Tanzchoreografie stammte von Árpád Könczei und war so lebendig, dass man bei der Hochzeitsfeier den Drang verspürte, spontan aufzustehen und mitzutanzen. Nach dem Stehapplaus boten Árpád Könczei und Melles Endre einen flotten ungarischen Legényes-Tanz, dass die Bretter bebten. Das Publikum war begeistert.

Choreograf Árpád Könczei erntete für seinen spontanen Auftritt mit einem flotten ungarischen Legényes-Tanz Applaus von allen.

Mit kraftvoller Sprache, eindrücklicher Symbolik und feiner Musikalität schildert „Bluthochzeit“ den Kampf des Einzelnen um Freiheit und persönliches Glück in einer strikten Gesellschaft mit archaischen Normen und Strukturen – und vergegenwärtigt so den ewigen Konflikt zwischen äußeren Zwängen und dem eigenen Gefühl. Die Inszenierung von Hunor Horváth ist ein eindrückliches Plädoyer für Völkerverständigung.

Am Donnerstag, dem 12. Dezember, 19 Uhr, wird das Stück erneut aufgeführt.

Cynthia PINTER

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Theater.