Zusammen sind wir stark

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Ein Besuch beim Pinocchio Kindergarten in der Schlangengasse

Ausgabe Nr. 2887

Die Kinder der großen Gruppen des Pinocchio Kindergartens feierten zusammen mit ihren Erzieherinnen Mara Drăghiciu (links im Bild) und Iulia Buian (rechts im Bild) Erntedankfest.                                   Foto: Cynthia PINTER

Bunte Kürbisse und volle Körbe mit Gemüse und Obst zieren Hof und Eingang des Pinocchio Kindergartens, in der Schlangengasse/Șerpuită 53 im Jenseits-Viertel in Hermannstadt. Die Erzieherinnen Mara Drăghiciu und Iulia Buian führen die Kinder der großen Gruppen vor die herbstlich gestaltete Kulisse und die stolzen Eltern zücken ihre Handys, um den Moment zu verewigen. Zur Belohnung für die schön vorgetragenen Lieder und Gedichte haben die Erzieherinnen leckere Marmelade- und Zakuska-Brote vorbereitet. In einem der ältesten privaten Kindergärten mit deutscher Unterrichtssprache in Hermannstadt wird das Erntedankfest gefeiert.

Der Pinocchio Kindergarten mit erweiterten Öffnungszeiten ist 1999 als Alternative zur klassischen Vorschulerziehung entstanden. Damals, erinnert sich Silvana Pop, die Gründerin und Managerin des Pinocchio Kindergartens, waren die Kindergärten in deutscher Sprache überfüllt. „Es gab in manchen Gruppen sogar 30 Kinder. Es war unmöglich für eine Erzieherin, mit so vielen Kindern zu arbeiten. So kamen mein Mann Ovidiu und ich auf die Idee, einen eigenen Kindergarten zu gründen. Damals gab es am Pädagogischen Lyzeum, wo ich als Zeichen- und Methodiklehrerin tätig war, viele Austauschlehrer aus Deutschland, mit denen man sich beraten konnte. Und von Austauschprogrammen mit den Schülerinnen des Päda im deutschsprachigen Ausland an verschiedenen Kindergärten und Schulen konnte ich auch einige Ideen mitnehmen, die ich dann im eigenen Kindergarten in die Tat umsetzen konnte.“

Anfangs gab es im Kindergarten, der in einer Blockwohnung eingerichtet wurde, bloß 6 Kinder und eine Erzieherin, Costina Dănulețiu, eine ehemalige Päda-Schülerin von Silvana Pop. Mit der Zeit und dem wachsenden Kindergarten zog man in Mietshäuser um, zuletzt in die Moldoveanu- und Negoiu-Straße. Seit 2023 ist der Pinocchio Kindergarten in einem eigens für diesen Zweck gebauten Haus in die Schlangengasse/Șerpuită eingezogen. „Das war unser Traum, einen Kindergarten aufzubauen, der den Standards der heutigen Zeit entspricht“, fügt Silvana Pop hinzu. Und das ist ihnen auch gelungen, denn jeder Quadratmeter des akkreditierten Kindergartens ist gut überlegt worden, von dem großzügigen Parkplatz, zu den zwei kindgerecht ausgestatteten Innenhöfen und den einladenden hellen Räumen – die alle mit Fußbodenheizung eingerichtet sind. Acht Erzieherinnen und drei Pflegerinnen sorgen sich täglich von 7.40 bis 17.30 Uhr um das Wohl der insgesamt 60 Kinder.

Außer dem Erntedankfest werden noch viele andere Feste im Jahreslauf im Pinocchio-Kindergarten gefeiert, u. a. das Laternenfest, die Weihnachtsfeier, der Muttertag, Fasching oder das Sommerfest. Poolday und Skiausflug oder verschiedene Workshops werden ebenfalls angeboten. Geschlossen ist der Kindergarten nur im Monat August.

Ein Besuch im Kindergarten an einem Oktobermontag lässt mich einen Einblick in den gewöhnlichen Tagesablauf gewinnen. Gleich beim Betreten des Kindergartens werde ich von glücklichen Kinderstimmen und einer warmen Atmosphäre empfangen. Im Vorzimmer hängen Girlanden mit selbstgebastelten Laternen und ein Bild mit lustigen Eulen aus Tannenzapfen ziert den Vorraum, von dem man Zugang zu den Gruppenräumen, Büros, dem Umkleideraum, Speise-, Medien- und Schlafsaal bekommt. Es ist 9 Uhr morgens im Pinocchio-Kindergarten und im Umkleideraum herrscht geschäftiges Gewimmel und Geflüster. Jacken aus, Hausschuhe an und die Kinder werden mit einer letzten Umarmung und einem „Sollst brav sein!“ von Mama oder Papa in die Obhut der freundlichen Erzieherin übergeben. Iulia Buian ist eine der acht jungen Kindergärtnerinnen, die dieses Jahr die große Gruppe betreut und zugleich auch die Bildungsleiterin des Pinocchio Kindergartens ist. In ihrer Zebragruppe sind fast genauso viele Mädchen wie Jungs an diesem Tag, genau 10 an der Zahl. Im Morgenkreis geht es laut zu, denn es werden muntere Kinderlieder gesungen, zum Beispiel das Begrüßungslied „Wir wollen uns begrüßen“ und dann das Bewegungslied „Ich bin die kleine Hexe“. Nach der Wiederholung im Chor der Wochentage, Monate und Jahreszeiten, bilden die Kinder eine Eisenbahn und gehen Hände waschen, denn es gibt frisches Obst und dann freies Spiel.

Vor dem Mittagessen gibt es noch ein Maldiktat, bei dem die Kinder für den Sprachtest zur Vorbereitungsklasse eingewiesen werden. Natürlich macht das Spielen immer noch am meisten Spaß und es gibt immer wieder Spielminuten zwischen den Beschäftigungen. Dafür eignen sich auch die beiden Innenhöfe sehr gut. Einmal am Tag wird bei gutem Wetter sogar ein kurzer Spaziergang im Viertel unternommen. Die Bewegung an der frischen Luft tut den Kindern gut und sie lernen dabei, wie man richtig eine Straße überquert oder, dass man immer auf die Füße achten soll, um nicht zu stolpern. Es klingt zwar einfach, ist aber heutzutage nicht mehr selbstverständlich, vor allem, wenn die meisten Kinder überallhin mit dem Auto gefahren werden. „Einige wussten nicht, wie man richtig geht, wie man einen Fuß vor den anderen setzt. Und mit der Orientierung stehen manche Kinder auch schlecht“, erzählt Iulia Buian, die seit neun Jahren als Erzieherin im Kindergarten arbeitet. Auf die Frage, warum sie diesen doch sehr anstrengenden Beruf gewählt hat, antwortet sie ohne zu zögern: „Weil ich die Kinder liebe und die Kinder mich lieben. Es gibt nichts Schöneres, als von einem Kind umarmt zu werden. Die Umarmung eines Kindes ist immer ehrlich.“ Schwierig seien nur die sich ständig verändernden Herausforderungen, die sich von Generation zu Generation abwandeln. Diese Generation habe Schwierigkeiten sich zu konzentrieren, es sei sehr mühsam, ihre Aufmerksamkeit zu wecken. „Es wird den Kindern sehr viel abverlangt heutzutage. Die Eltern finden nach dem Programm im Kindergarten Beschäftigungen für sie. Sie haben jetzt schon Nachhilfestunden oder z. B. Tanz- und Schwimmstunden. Das ist für viele Kinder ermüdend“, erklärt Ovidiu Pop, der Direktor des Kindergartens. Positiv dabei sei allerdings, so Silvana Pop, dass die Kinder sehr wachsam und direkt seien.

In Zukunft plant die Leitung des Pinocchio Kindergartens eine deutsche Volkstanzgruppe zu gründen, um kurze Tänze mit den Kindern einzustudieren, aber auch mehrere Treffen mit Eltern und Erzieherinnen, um einen regen Austausch zu vermitteln. Ganz nach dem Motto des Kindergartens „Zusammen sind wir stark“.

Cynthia PINTER

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Bildung, Kinder.