Besuch bei Erika Scherer in der Spenden-Apotheke
Ausgabe Nr. 2883

Die pensionierte pharmazeutische Assistentin Erika Scherer in der Spenden-Apotheke. Foto: Beatrice UNGAR
In dem Hinterhof des evangelischen Stadtpfarrhauses am Huetplatz gegenüber der evangelischen Stadtpfarrkirche befindet sich eine kleine Spenden-Apotheke, die von der engagierten Ehrenamtlichen Erika Scherer betreut wird. Die Spenden-Apotheke besteht aus einem kleinen beschaulichen Raum, welcher sich im selben Gebäude wie der Infopoint für Touristen befindet. Kunden erhalten ihre Medikamente durch das zum Innenhof hinausgehende Fenster. Seit dem 1. Januar 2015 ist Scherer hier aktiv. Die Apotheke wird von der Hermannstädter evangelischen Kirchengemeinde A. B. betrieben und versorgt die Menschen der Region mit kostenlosen Medikamenten, welche aus Spenden aus Deutschland stammen.
Die Qualität der Lieferungen ist sehr durchmischt. Einige der Medikamente sind bereits abgelaufen und müssen entsorgt werden, was zusätzliche Kosten verursacht. Andere Medikamente hingegen haben noch eine Haltbarkeit von bis zu zwei Jahren. „Insbesondere Tabletten können auch noch bis zu sechs Monate nach dem Ablaufdatum genutzt werden“, erklärt die pensionierte pharmazeutische Assistentin.
Obwohl die Medikamente kostenlos zur Verfügung gestellt werden, gibt es eine Spendenbox, in die Kunden gelegentlich ein paar Lei werfen. Diese Spenden fließen an den kirchlichen Träger zurück. Innerhalb der Apotheke werden die Medikamente nach Kategorien wie Prostata, Herz oder Magen sortiert, um den Bedürfnissen der Patienten gerecht zu werden.
Manche werden aber auch an die Intensivstation der Krankenhäuser weitergeleitet, da sie in einer Hausapotheke nicht verwendet werden können.
Erika Scherer bringt jahrzehntelange Erfahrung mit, da sie selbst in einer Krankenhausapotheke gearbeitet hat. Für sie war der Beruf nie ein reiner Job, sondern immer auch eine Leidenschaft. Die meisten Kunden, die ihre Hilfe in Anspruch nehmen, seien Rentner, die teilweise regelmäßige „Abos“ auf Medikamente haben. Geöffnet ist die Apotheke montags von 9 bis 11 Uhr. Jeder, der Bedarf hat, kann die ehrenamtliche Hilfe in Anspruch nehmen. Ehrenamtlich ist Erika Scherer nun schon im zweiten Mandat Presbyterin der Hermannstädter evangelischen Kirchengemeinde A. B..
Im Gespräch wird schnell deutlich, dass Scherer, „Frau Erika” oder „doamna Erika”, wie die Kunden sie nennen, eine Verfechterin der Schulmedizin ist. Für alternative Heilmethoden hat sie wenig übrig. „Wenn etwas weh tut, muss man eine Pille schlucken“, sagt sie bestimmt. Auch mit neumodischen Ernährungsmodellen kann sie sich nur wenig anfreunden. „Es ist nicht alles Bio, was sich so nennt“, beteuert die Ehrenamtliche.
Mit ihrer pragmatischen Haltung und ihrem Engagement stellt Scherer sicher, dass auch ältere Menschen mit einem kleineren Geldbeutel weiterhin medizinisch versorgt werden – auch wenn es nicht immer einfach ist, die richtige Balance zwischen Bedarf und den oft unvorhersehbaren Medikamentenspenden zu finden.
Johann WIEGELS