AKSL tagte zum Thema ,,Das Andreanum – Verfassungsgrundlage der Sächsischen Nation”
Ausgabe Nr. 2877
Die 56. Jahrestagung des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde zum Thema „Das Andreanum – Verfassungsgrundlage der Sächsischen Nation” fand am 1. August, im Vorfeld des Großen Sachsentreffens, im Spiegelsaal des DFDH statt. Hier kamen Historiker, Siebenbürger Sachsen und allgemein Kulturinteressierte zusammen, um gemeinsam die Geschichte Siebenbürgens zu beleuchten. Das Ziel der Veranstaltung sei es „die kulturelle und wirtschaftliche Leistung der deutschen Minderheit und deren Zusammenleben mit anderen Kulturen zu würdigen“, wie der Moderator Gerald Volkmer vom Bundesinstitut für Kultur und Geschichte des östlichen Europa in Oldenburg erklärte.
István Tringl vom Historischen Institut der Ungarischen Akademie der Wissenschaften in Budapest hielt den ersten Vortrag, „Ungarn zur Zeit von König Andreas II.”, in dem er den ungarischen Einfluss auf die Region Südosteuropa porträtierte. Der Schwerpunkt lag dabei auf der Zeit zwischen dem 12. und dem 16. Jahrhundert, in der die Ungarn vor allem mit den Osmanen militärisch um diese Gebiete konkurrierten.
Danach folgte unter dem Titel „Siedlungsgeschichte der ‚Landnahmezeit‘ – Organisationsstruktur, Sicherheitsarchitektur, Umsiedlungen vor Ankunft der Hospites” der Vortrag des emeritierten Hermannstädter Städtehistorikers, Architekten und Professors Dr. Paul Niedermaier, Mitglied der Rumänischen Akademie. Dr. Niedermaier stellte schrittweise die Besiedelung Siebenbürgens durch Ungarn und Bulgaren zwischen dem späten 9. Jahrhundert und dem frühen 11. Jahrhundert dar. Vor der Migrationsbewegung lebten rund 45.000 Menschen in Siebenbürgen. Auffällig hierbei ist, dass sich die Migranten vor allem in der Nähe von Salzgruben ansiedelten. Das Salz war zu dieser Zeit ein wirtschaftlich essenzieller Rohstoff, sodass sogar ein Einfuhrverbot von Salz aus Bulgarien ausgerufen wurde.
Dr. Maria Crîngaci-Ţiplic vom Institut für Geisteswissenschaften der Rumänischen Akademie in Hermannstadt erläuterte in ihrem Vortrag – „Die ersten Generationen der Hospites in Siebenbürgen” – die Rolle der Siebenbürger hospites, die hauptsächlich aus Wallonien und Flandern nach Siebenbürgen einwanderten. Im Vergleich zur einheimischen Bevölkerung besaßen die Neuankömmlinge aus dem heutigen Belgien einige Privilegien wie das Recht auf eigene Gerichtsbarkeit, Selbstverwaltung durch eigene Institutionen und besondere Handelsrechte.
Anschließend kamen im Flur des Hauses alle Vortragenden und Gäste zum Speisen zusammen. Hier konnte man sich unter anderem mit Fleischbällchen, Hühnchen und Mozzarella stärken. Außerdem boten Kaffee und Kuchen die Gelegenheit, mit anderen Besuchern ins Gespräch zu kommen.
Nach der Mittagspause besuchten die Teilnehmenden die Hermannstädter Filiale des Rumänischen Staatsarchivs, wo sie mehr über die Arbeit des ersten Archivars aus Siebenbürgen, Franz Zimmermann, erfuhren, indem sie seine Archiv-Ordnung, damals eine Neuigkeit in diesem Bereich, sehen konnten.
Außerdem wurden auch andere Dokumente wie das Fotoalbum der Familie Teutsch und die Kopie des Testaments von Samuel von Brukenthal vorgestellt. Das Highlight des Besuchs war die Bestätigungskopie des Andreanums.
Kurz danach setzte der Unterstaatssekretär Thomas Șindilariu im Spiegelsaal die Reihe der Vorträge fort. Er sprach zum Thema „Die Sächsische Nationsuniversität und deren Grundlagen im Andreanum” und schilderte die Geschichte des Goldenen Freibriefs und dessen Einfluss auf der Entwicklung der siebenbürgisch-sächsischen Gesellschaft. Zusätzlich betonte er auch die Rolle des Departements für Interethnische Beziehungen im Generalsekretariat der Regierung Rumäniens bei der Veranstaltung der Tagung.
Weiterhin erklärte der Historiker Dr. Liviu Cîmpeanu vom Hermannstädter Institut für Geisteswissenschaften der Rumänischen Akademie die Grundlagen der Sächsischen Nationsuniversität, die in dem Andreanum zu finden sind, wobei er nach seiner Präsentation die zahlreichen Fragen des Publikums beantwortete.
Die Mehrperspektivität der Tagung wurde unter anderen auch durch Prof. Dr. Béla Szabó in seinem Vortrag über den Niederschlag des Andreanums im Eigen-Landrecht herausgestellt. Der Professor an der Universität Debrecen hob somit die Perspektive der ungarischen Forscher hervor.
Zum Schluss brachte Harald Roth, der Leiter des Deutschen Kulturforum östliches Europa, der die Rollup-Wanderausstellung zusammengestellt hatte, die Nachwirkungen des goldenen Freibriefs bis zur heutigen Zeit ans Licht. Sein Vortrag trug den Titel „Die Nachwirkung des Andreanums bis 1876 und darüber hinaus”. Auffällig sei die Tatsache, dass die Siebenbürger Sachsen in der Zeit von Kaiser Franz Joseph I. zusammen mit den Rumänen eine neue Verfassung der Nationsuniversität entwerfen wollten, indem eine vierte Nation, das rumänische Volk, eingeschlossen wird. Nun scheiterte die Nationsuniversität damals, aber heutzutage kann man das friedliche Zusammenleben aller ethnischen Gruppen in Siebenbürgen feststellen: „Die Interkulturalität Siebenbürgens ist das Ergebnis des Strebens unserer Vorfahren, die trotz der kulturellen Unterschiede immer versucht haben, zusammenzuarbeiten.”
Kurz vor 17 Uhr ging die Tagung zu Ende. Die Gäste verließen den Spiegelsaal mit vertieftem Wissen über die siebenbürgisch-sächsische Geschichte.
Daniel CAUTNIC
Johann WIEGELS