Rückschau auf ein grandioses Kulturevent
Ausgabe Nr. 2878

Szenenfoto aus „Das perfekte Geheimnis“. Foto: Heinz WEISS
Machen wir einen kleinen Test: wie legen Sie, liebe Leserin und lieber Leser Ihr Smartphone, in Österreich umgangssprachlich auch Handy genannt beispielsweise auf dem Schreibtisch, dem Besprechungstisch, dem Nachtkästchen, dem Esstisch etc. ab? Liegt es am Bauch, sprich auf dem Display oder umgekehrt?
Vielleicht werden Sie sich jetzt fragen, warum das von Interesse wäre. Ganz einfach: Seien wir doch ehrlich, unser Smartphone hat uns fest im Griff. Unser kleines „Wundergerät“ ist uns sehr ans Herz gewachsen, denn es lässt uns zu jeder Tages- und Nachtzeit den Finger am Puls der Zeit haben, während eines Meetings verstohlen die eigenen Mails checken, oder uns daheim gelangweilt mit nur einem Klick die ultimative Jeans ordern, um schlussendlich doch bei Facebook, WhatsApp oder Instagram Stunden abzuhängen. Alles schön und gut, wenn es da nicht auch sehr private Nachrichten gäbe, deren Inhalt ausschließlich für den Handybesitzer bestimmt sind. Oder wäre es Ihnen angenehm, wenn sich beispielsweise Ihre Bürokollegen über Ihre letzte „heiße Nacht“ lustig machten? Gepostete Fotos Ihres „Häschens“ im verruchten Outfit inkludiert? Da gibt es eben eine bewährte Methode, wie peinliche, sehr private Nachrichten, die meistens zur „falschen“ Zeit aufpoppen, vor ungebetenen Mitlesern geschützt werden können: das Smartphone liegt am Bauch! Außer, sieben befreundete Erwachsene entscheiden sich bei einem gemütlichen Treffen für ein Spiel der etwas anderen (Smartphone-)Art.
„Zum Geheimnis ist einer zu wenig und drei schon zu viel!“ so oder ähnlich könnte man mit einem Augenzwinkern die turbulente Komödie „Das perfekte Geheimnis“ kurz definieren. Inhaltlich basierend auf einem italienischen Film von Pablo Genovese – „Perfetti sconosciuti“ – aus dem Jahre 2016 gab es in zahlreichen Ländern Remakes und schlussendlich auch die dramaturgische Aufarbeitung. Die Inszenierung dieses Theaterstücks durch Markus Ganser auf der Rosenburg in Niederösterreich entwickelte sich heuer wohl zu einem der meist bejubelten Kulturabenden, die dem Publikum im näheren Umkreis von Wien geboten wurden.
„Sommernachtskomödie Rosenburg“ ist der Name eines jährlich im Waldviertel stattfindenden Theaterfestivals auf dem Gelände der Rosenburg, einem Renaissanceschloss, das hoch oben majestätisch auf einem Felsen thront und im Naturpark Kamptal gelegen ist. Besonders erwähnenswert ist, dass auf einer in Österreich seltenen 360 Grad-Bühne gespielt wird, die dem Publikum einen beinahe intimen Kontakt zur Bühne bzw. den Schauspielern bietet.
Große Kulissen können nicht eingesetzt werden außer sie hängen über den Köpfen der Schauspieler und außerhalb der Sicht der Zuseher. Das Theaterstück handelt von 3 Paaren und einem Single, die bei einem gemeinsamen Abendessen ihr Vertrauen auf die Probe stellen, indem sie sich darauf einigen, alle auf ihren Mobiltelefonen eingehenden Anrufe und Nachrichten mit den Anwesenden zu teilen. Und siehe da, die technischen Geräte sind erbarmungslos ohne Rücksicht auf die sich in Ausreden, Vorwänden und Ausflüchten verstrickenden Besitzer.
Es gibt eben Situationen, in denen man ein Geheimnis halb preisgeben muss, um den Rest zu bewahren.
Die Inszenierung ist extrem flott und ein hervorragend performendes Ensemble zeigt nicht nur Einsatz, es hat untrüglich viel Spaß an ihrem Spiel. Die technische Aufbereitung für das Publikum ist gekonnt und verleiht zusätzlich Spannung gepaart mit Humor!
Die quirlige Intendantin Nina Blum machte wie jedes Jahr einen perfekten Job und ich bin sicher, alle Besucher dieser Sommernachtskomödie fangen bereits jetzt an, sich auf den nächsten Sommer zu freuen. Das „perfekte Geheimnis“ startete am 20. Juni und die Dernière, also die letzte Vorstellung, wurde am 4. August 2024 gespielt.
Die deutsche Fassung stammt von Sabine Heymann, es spielten Soi Schüssler, Wolfgang Lesky, Julia Cencig, Daniel Keberle, Adriana Zartl, Martin Oberhauser, Selina Ströbele und Bernhard Majcen.
Ingrid WEISS