Ansprache des Staatspräsidenten Klaus Johannis beim Großen Sachsentreffen

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Ausgabe Nr. 2877

Staatspräsident Klaus Johannis.
Foto: Cynthia PINTER

Es sind 800 Jahre vergangen seit unseren Vorfahren, die nach Siebenbürgen gekommen waren, um in Freiheit zu leben und da die europäische Zivilisation und christlichen Werte vor Angreifern aus dem Osten verteidigten, ihre Rechte urkundlich bestätigt wurden.

Der von König Andreas II. ausgestellte „Goldene Freibrief” war die Grundlage für ein komplexes und funktionales Verwaltungssystem der Siebenbürger-Sachsen in politischer, juristischer, religiöser, wirtschaftlicher und militärischer Hinsicht und führte zum Erblühen des Handwerks und Handels, der Bildung und der Kunst.

Als die Sachsen sich im Jahr 1919 in Mediasch für die Vereinigung Siebenbürgens mit Rumänien aussprachen, brachten sie sich in den neuen Staat mit ihrer jahrhundertealten Erfahrung gesellschaftlichen Zusammenlebens, einer reichen industriellen Tradition sowie einem großartigen kulturellen Erbe ein, worauf wir heute stolz sind.

Die Erinnerung an diese Vergangenheit – die Achtung ihrer Werte, das Gedenken an ihre Leiden und Opfer, gehören zum Wesen der Siebenbürger Sachsen, was dazu führt, dass sie, ganz gleich wo sie sich befinden, ihre Heimat nicht vergessen und die Traditionen sowie ihre überall in der Welt geachtete Identität bewahren.

Wir sind Mitglieder einer Gemeinschaft, die im Laufe ihrer Geschichte für Freiheit gekämpft und Burgen gebaut hat, die Städte errichtet und nach einem eigenen Rechtssystem verwaltet hat und die zur Ehre Gottes Kirchen gebaut hat.

„Heimat ohne Grenzen” – das Motto der heutigen Veranstaltung – drückt die Realität aus, in der die meisten der Nachkommen der Zeitgenossen von Conrad Haas, Samuel von Brukenthal und Hermann Oberth heute fern ihres Herkunftsgebietes leben, jedoch beseelt vom Willen, ihre siebenbürgische Eigenart zu erhalten und an ihre Kinder und Enkelkinder weiterzugeben.

Das moderne Rumänien, gegründet auf der Vision seiner Eliten, welche alle Generationen der letzten zweihundert Jahre beseelten, hat einen Nutzen gezogen aus den Anstrengungen und der Leistung seiner großen Persönlichkeiten, unter denen Angehörige der deutschen Minderheit einen bedeutenden Platz einnehmen. Das Prestige, dessen sich unser Land heute erfreut, und damit auch unsere „süße Heimat Siebenbürgen” ist das Ergebnis der Arbeit aller, die das Andenken an die Vorfahren und den Erhalt der Traditionen als Verantwortung verstehen und deren Streben nach Freiheit und Wohlstand weiterführen.

Vor 5 Jahren haben wir mit der Erklärung von Hermannstadt im Europarat ein Bekenntnis ausgesprochen und sind zugleich eine Verpflichtung eingegangen, die unter den komplexen und schwierigen Bedingungen der heutigen Zeit genau so aktuell sind wie damals:

Durch den Beitrag aller, durch die Energien der uns bereichernden kulturellen Vielfalt, durch Solidarität und Dialog werden wir ein Europa der Freiheit und Demokratie, ein starkes und sicheres, ein blühendes und konkurrenzfähiges Europa aufbauen.

800 Jahre nachdem unseren Vorfahren ihre Rechte bestätigt wurden, allen voran die Freiheit, eine Gesellschaft der Gerechtigkeit unter Achtung der Gesetze aufzubauen, lassen wir uns von der Hymne Europas beseelen: „Alle Menschen werden Brüder”.

Ich gratuliere den Veranstaltern, wünsche allen ein erfolgreiches Treffen und heiße Sie alle herzlich willkommen in diesem „Land des Segens”, in dem wir uns sowohl im Vers Eminescus „Ce-ți doresc eu ție, dulce Românie“, als auch im Lied „Siebenbürgen Süße Heimat, unser teures Vaterland“ wiederfinden.

Klaus JOHANNIS

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Politik.