50 Lieder für 50 Jahre

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Ausgabe Nr. 2854

Mit dem Evangelischen Gesangbuch durchs Jahr 2024

 

„Ach bleib!“ – Gott hört auch unsere Seufzer als Gebet. „Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich’s gebührt, sondern der Geist selbst tritt für uns ein mit unaussprechlichem Seufzen.“ (Paulus an die Römer 8,26b)

Gebete können leise geseufzt, laut gesprochen oder auch gesungen werden! So ein gesungenes „Seufzer-Gebet“ ist das Gesangbuchlied Nr. 245: „Ach bleib mit deiner Gnade bei uns, Herr Jesu Christ!“

Den Text dichtete der Lehrer, Theologe und Superintendent Josua Stegmann (geb. 1588 in Sülzfeld, gest. 1632 in Rinteln bei Hannover, zur Zeit des 30-jährigen Krieges). Stegmann ist in unserem Gesangbuch nur mit dieser einen Dichtung vertreten.

Die dazu passende Melodie aus dem Buch von 1609 des Weimarer Kantors Melchior Vulpius (gest. 1615) kommt im Gesangbuch jedoch gleich mehrfach vor, ursprünglich mit dem Text „Christus, der ist mein Leben“ (EG Nr. 383), wo es in der 4. Strophe heißt: „Wenn meine Kräfte brechen,/ mein Atem geht schwer aus / und kann kein Wort mehr sprechen:/ Herr, nimm mein Seufzen auf.“

Jede der sechs Strophen von Josua Stegmanns Lied beginnt mit dem Seufzer „ach“! „Ach bleib mit deiner Gnade bei uns“, „ach bleib mit deinem Worte bei uns“, „ach bleib mit deinem Glanze bei uns“, „ach bleib mit deinem Segen bei uns“, „ach bleib mit deinem Schutze bei uns“, „ach bleib mit deiner Treue bei uns“! – Es ist ein kollektives Seufzen! Der Beter betet nicht nur für sich selbst, sondern für uns alle um die Rettung aus aller Not durch Gottes Treue.

Das „Seufzer-Lied“ hat eine große tröstende Kraft. Vielleicht inspirierte das auch August Hermann Niemeyer (1754-1828), der später zu derselben Melodie einen Text dichtete (EG Nr. 384: „Ich weiß, an wen ich glaube“), worin es heißt: „Er trocknet alle Tränen / so tröstend und so mild, / und mein unendlich Sehen / wird nur durch ihn gestillt.“

Dr. Gerhild RUDOLF

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Musik, Vor 100 Jahren.