Neuer Erzählband von Anton Sterbling erschienen
Ausgabe Nr. 2779

Anton Sterbling. Ende einer Pandemie. Pop-Verlag Ludwigsburg 2022, 183 Seiten, ISBN: 978-3-86356-357-8. In Hermannstadt liegt das Buch im Erasmus-Büchercafé und in der Schiller-Buchhandlung auf.
Der Erzählband ,,Ende einer Pandemie und weitere Erzählungen“ des Banat-schwäbischen Autors Anton Sterbling ist in diesem Jahr im Pop-Verlag Ludwigsburg erschienen. Die Erzählungen dieses Bandes sind eng verknüpft mit jenen aus den beiden Erzählbänden „Klimadelirium“ (2020) und „Die versunkene Republik“ (2021), die ebenfalls in dem Pop-Verlag Ludwigsburg erschienen sind.
Die Erzählung „Ende der Pandemie“, bereits zu Beginn des Jahres 2021 verfasst, handelt von trügerischen und kollektiven Erfahrungen und ganz merkwürdigen Heimsuchungen, die aber ohne einen befreienden Ausgang bleiben. Es ist die Geschichte eines Künstlerehepaares, das sich nach einem arbeitsreichen Leben in der Stadt in eine Ferienwohnung auf dem Land zurückzieht, der Mann aber seine Frau für eine Jüngere verlässt. Die jüngere Rivalin soll zur Hassperson der verlassenen Künstlerin werden. Die verlassene Frau findet in der Nachbarschaft eine neue Bleibe. Zuletzt findet sie ihre einstige Ferienwohnung verlassen vor, ihr ehemaliger Gatte und dessen neue Partnerin waren spurlos verschwunden. Die Künstlerin, die diese Geschichte in Ich-Form erzählt, schreibt zuletzt folgende Schlusssätze: „Sollte ein vernünftiger Mensch in Freiheit diese Zeilen jemals finden und lesen können, möge er sie gut aufbewahren oder auch öffentlich machen, denn der Wert der Freiheit, des freien Menschen und freiheitlichen Lebens wird nur erkannt, wenn diese bedroht sind. Und dieses Urteil geschieht oft rascher und unerwarteter, als man denkt.“
Die Erzählung „Der Aktivist“ hat Anton Sterbling im Herbst 2021 verfasst und er vermittelt darin Einblicke in das durch einen Unfall zerstörte Leben eines politischen Aktivisten, der aus einer Aussiedlerfamilie stammt. Der Autor versucht uns dessen Erfahrungswelt, wie auch seine späteren Erinnerungen und Einsichten zu erläutern. Dieser Mann hat sein Schicksal keineswegs akzeptieren wollen, so schwer behindert weiter zu leben, hat deshalb häufig an Selbstmord gedacht. Nur sehr schwer konnte er sich, weil querschnittsgelähmt, an den Rollstuhl gewöhnen. In Luise hatte er die beste Pflegekraft gefunden, die ihn ins Leben zurückholen möchte. Bereits vor seinem schweren Unfall hatte er den Kontakt zu seinen Eltern ganz abgebrochen. Seine Mutter war an Demenz erkrankt, der Vater bereits verstorben. Die erste Reise im Rollstuhl führte ihn auf den Friedhof, wo seine Großeltern ihre letzte Ruhe fanden. Der Weg hin führte ihn auch durch die „Melonengasse“. Auch das ehemalige Elternhaus hatte ein völlig neues Aussehen. Er kommt sich im Heimatort seiner Vorfahren ganz fremd vor. „Wir sind Weggezogene aber nirgendwo Angekommene, denke er. Er möchte an den Gräbern seiner Familie allein sein, denn her wird er niemals mehr zurückkehren. Seine Eltern waren 1970 in die Bundesrepublik Deutschland ausgesiedelt und kurze Zeit darauf wurde der Hauptheld dieser Erzählung geboren. In der Grundschule war er ein mittelmäßiger Schüler und oft krank. Seine Eltern mussten für die erhaltenen Ausreiseausweise tief in die Tasche greifen und waren demnach verschuldet. Der Konflikt zu seinen Eltern spitzte sich zu, als er vom katholischen Religionsunterricht zum Ethik-Unterricht wechselte. Die Eltern konnten den Schritt des Sohnes zum Atheismus nicht nachvollziehen. Nach dem Abitur folgte das Studium der Germanistik und Soziologie in Niedersachsen. Ende der achtziger Jahre schloss er sich der Antiatomkraftbewegung an, sowie der Friedensbewegung. Bei Demonstrationen befand er sich stets in den vordersten Reihen. Er war gegen Baumrodungen und richtete sich mit seiner damaligen Freundin Nathalie ein Baumhaus ein. Danach lernte er Luise kennen und lieben. Bald kam es dann auch zur Tragödie, zum Sturz aus dem Baumhaus. Seit diesem Sturz ist er querschnittsgelähmt.
Die Erzählung „Dorina“, kurz vor Ende des Jahres 2021 geschrieben, erzählt das Leben einer jungen Frau, die einen einsamen Bauernhof und ihren gewalttätigen Gatten und dessen Brüder verlassen will, um in Freiheit ein neues Liebesglück zu finden. Ob dieses Vorhaben gut ausging, ob es Fiktion oder Realität ist, müssen die Lesenden für sich entscheiden. Der Autor überlässt es ihnen.
Helmut LEONBACHER
Anton Sterbling wurde 1953 in Großsanktnikolaus im Banat geboren. Er war über vierzig Jahre Professor für Soziologie und Pädagogik an verschiedenen Universitäten. Sterbling war Mitbegründer der „Aktionsgruppe Banat“, die in diesem Jahr ihr fünfzigjähriges Bestehen begeht. 1975 erfolgte seine Aussiedlung in die Bundesrepublik Deutschland.