Birgit van der Leeden und ihr neuestes Buch
Ausgabe Nr. 2774

Birgit van der Leeden: Rumänien – armes reiches Land. Schiller Verlag Bonn – Hermannstadt, 2022, 296 Seiten. ISBN 978-3-949583-05-6. 99 Lei. Das Buch liegt in Hermannstadt in der Schiller-Buchhandlung und im Erasmus-Büchercafé auf und kann bestellt werden unter erasmus@schiller.ro
„Rumänien armes reiches Land“, der Titel des gebundenen Buches ist sowohl als Frage wie auch als Feststellung zu verstehen. Die Autorin Birgit van der Leeden ist bekannt geworden als Verfasserin von Kurzprosa, Essays sowie einem landeskundlichen Porträt über Schweden. Seit 2005 reiste sie immer wieder nach Rumänien, lebte und arbeitete auch zwischen 2013 bis 2020 in Hermannstadt als von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen entsandte Fachberaterin.
Birgit van der Leedens Buch „Rumänien – armes reiches Land“ bietet jeder und jedem einen gut recherchierten Überblick über Rumänien. Es ist kein Buch für Experten, obwohl wissenschaftsbasierte Argumentationen von der Autorin für den Leser in nicht überfordernden Dosen benutzt werden, um eine Spannungsebene aufzubauen. Beispielhaft dafür darf das Kapitel mit dem Titel ,,Der weite Weg zum heutigen rumänischen Staat“ zitiert und betrachtet werden: Unterstützt wird das Kapitel mit dem vorangesetzten Zitat aus dem Bukarest-Epos von Gabriela Adameșteanu, „Dimineață pierdută“ (Verlag Cartea Românească, 1983), in der deutschen Fassung von Eva Ruth Wemme unter dem Titel ,,Verlorener Morgen“ (Aufbau/Die Andere Bibliothek, Berlin 2018) erschienen: „Unsere Bevölkerung ist in einem wirklich beunruhigenden Maße ungeübt in Demokratie, und eine Tradition entsteht nicht in ein, zwei Generationen: Darum kann sie nicht auf ihren Rechten beharren, ist sie bereit, wegen nichts die Waffen zu strecken.“
So beginnt die Autorin diesen Themenkomplex. Danach folgen eine komprimierte Faktensammlung sowie eine analytische Bearbeitung. Aufbauend auf Untertitel, bearbeitet sie das Problem der nationalen Identität, die Entwicklung der Regionen in Etappen hin zum heutigen Staat (Kapitel 5). Das Konzept der sich überschneidenden Absichten ist für den Leser leicht zu verstehen und er wird durch die teilweise provozierenden Antworten wie zum Beispiel auf die von der Autorin erarbeitete Frage nach dem nationalen Bewusstsein und dem Verständnis dieses Staates (Seite 99) gefordert.
Van der Leeden gibt die Antwort auf die Frage der nationalen Identität dann, indem eine Bukaresterin aus einem satirischen Hörspiel von Hans Magnus Enzensberger zitiert wird: ,,Wir hassen die Russen und die Deutschen, wir hassen alle unsere Nachbarn, besonders natürlich die Ungarn. Wissen Sie, warum wir so chauvinistisch sind? Weil Rumänien gar keine richtige Nation ist!“
Rumänien kennenlernen durch Vergleiche generiert beim Leser Aufmerksamkeit und Neugier. Das vorliegende Buch ist gut lesbar, erfüllt für den interessierten Leser gleichermaßen wissenschaftliche Angaben über das Land wie auch für Rumänienreisende umfängliche Informationen zur Landeskunde, auch für gehobene Ansprüche. So gibt es als Anhang nebst dem Nachwort der Autorin das Kapitel ,,Persönlichkeiten im Bereich der Kultur“, ein Verzeichnis der Ortsnamen in rumänischer, deutscher und ungarischer Sprache, ein Quellenverzeichnis, Literaturhinweise und eine Rumänien-Karte.
Birgit van der Leeden zeigt ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen in die rumänische Mentalität und natürlich auch gegenüber den vielfältigen Problemen, mit denen die Menschen tagtäglich zu tun haben.
Dem Leser wird mit der Beschreibung des kontrastreichen Naturraumes hin zum religiösen und kulturellen, politischen und ökonomischen Lebens in Rumänien ein Land mit Sorgen, Spannungen und Widersprüchen skizziert, welches sich trotz der Probleme seine natürliche Freundlichkeit und seinen Optimismus bewahrt hat.
Der freundliche Blick der Autorin auf Rumänien spiegelt sich sehr gut wieder im Zitat von David Wagner aus ,,Romania“: „Rumänien tut mir gut, ich denke…hier bin ich nicht, der ich sonst sein muss!“ Der Autorin hat Rumänien gut getan und dem Leser wird das besprochene, im Schiller Verlag Bonn – Hermannstadt verlegte Buch „Rumänien – armes reiches Land“ sicherlich auch gut tun.
Lothar SCHELENZ