Streiflichter von der Jubiläumstagung der Evangelischen Akademie Siebenbürgen
Ausgabe Nr. 2768

Maiblasen mit der Neppendorfer Blaskapelle: Gemeinsam mit dem EAS-Vorstandsvorsitzenden Dietrich Galter (2. v. r. Bassflügelhorn) bot die Neppendorfer Blaskapelle nach dem Festgottesdienst in der Neppendorfer evangelischen Kirche am 1. Mai ein Ständchen. Zunächst auf dem Kirchhof, danach im Hof des EAS-Tagungshauses und schließlich in den Gassen von Neppendorf. Foto: Beatrice UNGAR
Über drei Tage verteilt beginnend am vergangenen Freitag feierte die Evangelische Akademie Siebenbürgen (EAS) gemeinsam mit dem Demokratischen Forum der Deutschen in Hermannstadt (DFDH) als Mitveranstalter ihr 30. Jubiläum. Pandemiebedingt fand die Tagung ein Jahr verspätet statt, aber bei schönem Wetter und in der Gesellschaft vieler langjähriger Vorstands- und Vereinsmitglieder sowie Freundinnen und Freunden der Akademie. Auch das 20-jährige Bestehen des „Hans Bernd von Haeften” Tagungs- und Konferenzzentrums wurde zelebriert.

Die beiden in Hermannstadt anwesenden Referenten des ersten Tages: Dr. Christoph Picker, Leiter der Evangelischen Akademie der Pfalz und der verdiente Hermannstädter Theologe und EAS-Mitgründer Dr. Hermann Pitters. Foto: Beatrice UNGAR
„Man muss in das Gelingen verliebt sein“, zitierte Hans-Joachim Janus im Festgottesdienst am Sonntag in der Neppendorfer evangelischen Kirche Ernst Bloch in dem Grußwort des Evangelischen Freundeskreises Siebenbürgen (EFS), das die EFS-Vorsitzende Birgit Hamrich und Gudrun Wagner mitverfasst hatten. Janus, Kirchenrat im Oberkirchenrat der Evangelischen Landeskirche in Württemberg in Stuttgart, der zurzeit sein Ökumenesemester in Hermannstadt absolviert, nahm im Festtagsgottesdienst am vergangenen Sonntag Bezug auf die Gründer der EAS, Dorothea Koch-Möckel und Gerhard Möckel, die die EAS 1991 ins Leben riefen. Das Wirken des Ehepaars beschrieb Janus als „unvergessen, segensreich und eindrücklich“.
Gelungen ist der EAS in den letzten drei Jahrzehnten einiges, wie sich die zahlreichen Redner während der Jubiläumsveranstaltung zurückbesannen. Doch auch zahlreiche Herausforderungen, die gemeistert wurden oder zukünftig anstehen, wurden thematisiert. EAS-Programmleiter Roger Pârvu führte als Moderator durch die Jubiläumsfeierlichkeiten.

Gruppenbild mit den fünf Protagonisten des literarischen Teils der Jubiläumstagung vor dem Eingang des Hans Bernd von Haeften-Tagungshauses: Elise Wilk, Carmen E. Puchianu, Christel Ungar-Țopescu, Thomas Perle und Claudiu M. Florian (v. l. n. r.). Foto: Beatrice UNGAR
An die allererste Veranstaltung erinnerte sich am ersten Tag Dr. Hermann Pitters, dessen Vortrag ,,Von der Idee zur Wirklichkeit. Die Gründerjahre der Evangelischen Akademie Siebenbürgen“ nach den Grußworten des Vorstandsvorsitzenden Pfarrer Dietrich Galter, des Bischofs Reinhart Guib, des DFDR-Vorsitzenden Dr. Paul-Jürgen Porr, des Unterstaatssekretärs im Departement für Interethnische Beziehungen im Generalsekretariat der Regierung Rumäniens, Thomas Șindilariu, der Deutschen Konsulin Kerstin Ursula Jahn und des Abteilungsleiters Kunst und Kultur im Land Kärnten, Igor Pucker, die Tagung am Freitag eröffnete.
„Es war zu dieser Zeit etwas ganz Neues, Schwervorstellbares, dass mitten im Zusammen- und Umbruch etwas ins Leben tritt, das gegen den Strom schwimmt“, meinte Pitters zur Gründung der EAS. Er blickte auf die Gründungssitzung im April vor 31 Jahren mit 38 Teilnehmenden zurück. Der erste Anlass im Mai des Gründungsjahres beschäftigte sich mit Umweltschutz und Altlastenentsorgung und fand in Zusammenarbeit mit der Ökologischen Bewegung und der Friedrich-Ebert-Stiftung statt, wie Pitters dem Publikum beschrieb. 1997 wurde der Grundstein für das „Hans Bernd von Haeften”- Tagungs- und Konferenzzentrum gelegt und 2001 konnte das Gebäude eingeweiht werden, wo die EAS seither zahlreiche Veranstaltungen austragen konnte.
Im Anschluss referierte Dr. Christoph Picker zum Thema „Herausforderungen und Chancen für Evangelische Akademien in der postpandemischen Gesellschaft. Eine deutsche Perspektive.“ über die Zukunft der Organisation. Online aus München zugeschaltet hielt Dr. Florian Kührer-Wielach seinen Vortrag unter dem Namen „Die Deutschen in Rumänien und ihre vielen Wirs“. Beim darauffolgenden Festempfang konnten die Gäste Anekdoten aus der Vereinsvergangenheit austauschen und Ideen für die Zukunft der EAS besprechen.

Programmleiter Roger Pârvu. Foto: Beatrice UNGAR
Unter der übergreifenden Thematik ,,Von Minderheit zu Minderheit. Rumäniendeutsche Literatur zwischen Ost und West“ konnte sich das auch am zweiten Tagungstag zahlreich erschienene Publikum die Perspektiven verschiedener Autorinnen und Autoren anhören.
Christel Ungar-Ţopescu eröffnete mit ihrem Referat „Mein dichterisches Ich und seine Sprachen“. Sie erklärte: „Die Sprache der Dichtung entsteht, wächst und entwickelt sich durch äußeren Einfluss aber vor allem durch inneres Erleben aus einer Sprache des Unterbewussten und die ist für mich zweifellos Deutsch, die Sprache meiner Träume.“
Claudiu M. Florian besprach in seinem Vortrag „Zu Hause in zwei Sprachwelten. Die fließenden Grenzen des schriftstellerischen Ichs“ unter anderem, warum er die Übersetzung seiner Werke ins Rumänische nicht aus der Hand geben würde. Unter dem Titel ,,Mein sächsisches und mein literarisches Ich in meinen rumänischsprachigen Theaterstücken“ erklärte Elise Wilk auch, warum sie auf Deutsch ein komplett anderes Stück verfassen würde als in der rumänischen Sprache oder wie ihr die Mehrsprachigkeit hilft.
Über „Meine rumänischen Geschichten – rumäniendeutsche Literatur im Ausland?“ sprach Thomas Perle mitunter darüber, warum er kein Vaterland, sondern eine Vatersprache und keine Heimat, sondern einen Wurzelort hat. Im letzten Referat vor der gemeinsamen Mittagspause nahm Dr. Carmen Elisabeth Puchianu das Thema „Schreiben zwischen Nachruf und Neubeginn. Zur leidigen Frage um das Sein und Nicht-Sein rumäniendeutscher Literatur“ in Angriff. Zum Abschluss stellte sie fest: „Man bleibt lebendig, solange man schreibt und, um noch einmal das Thomas-Mann-Wort zu paraphrasieren: Wo man ist, ist rumäniendeutsche Literatur.“
Gestärkt durch das von der EAS offerierte Mittagessen durften die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung am Nachmittag Lesungen der Autorinnen und Autoren lauschen und wie bereits am Vormittag Fragen zum Gehörten stellen. Beim gemeinsamen Abendessen gingen die Diskussionen weiter.
Am Sonntag trafen sich die Tagungsteilnehmenden zum Festgottesdienst in der Neppendorfer evangelischen Kirche nahe dem Konferenzzentrum. Die Predigt hielt Pfarrer Lothar Schullerus, der vor 40 Jahren Vikar in der Neppendorfer evangelischen Kirchengemeinde war und kurz vor seiner Pensionierung steht. Im Grußwort endete Hans-Joachim Janus: „Im Namen des Evangelischen Freundeskreis Siebenbürgen gratuliere ich sehr herzlich zu diesem Jubiläum, wünsche allen Verantwortlichen weiterhin gutes Gelingen, um die Visionen, Ideen und Impulse aus diesem Haus hinauszutragen in die vielfältigen Welten von Kirchen und Gesellschaften.“
Sämtliche Grußworte, Referate und Fragerunden sowie der Festgottesdienst wurden live übertragen und sind unter den folgenden Links zum Nachschauen verfügbar. Erster Abend der Jubiläumstagung: https://www.youtube.com/watch?v=V8WQ_9xWTSo Zweiter Tag: https://www.youtube.com/watch?v=NDusOzGnuXQ Gottesdienst: https://www.youtube.com/watch?v=pGBVAbY-YH0
Gefördert wurde der Anlass durch das Departement für interethnische Beziehungen im Generalsekretariat der rumänischen Regierung, dem Konsulat der Bundesrepublik Deutschland Hermannstadt und dem Land Kärnten.
Carla HONOLD