Sirenen und Vogelgezwitscher

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Vorpremiere von ,,Macbeth“ an der deutschen Abteilung des RST Hermannstadt

Ausgabe Nr. 2763

Deutsche Premiere: Mit „Macbeth“ nach William Shakespeare und unter der Regie von Botond Nagy feierten die Schauspieler der deutschen Abteilung des Radu Stanca-Nationaltheaters in Hermannstadt die zweite Premiere des Jahres. Unser Bild: Emőke Boldizsár als Lady Macbeth (links) und Daniel Plier als Macbeth.                                                                 Foto: Sebastian MARCOVICI

Es war etwas Anderes. Darüber waren sich die Besucherinnen und Besucher einig, die der Vorpremiere von „Macbeth“ nach William Shakespeare beigewohnt haben, die am Donnerstag, dem 17. März, im Theatersaal des „Radu Stanca“-Theaters in Hermannstadt stattgefunden hat. Regie führte Botond Nagy, auf die Bühne traten die Schauspieler der deutschen Abteilung Daniel Plier, Emőke Boldizsár, Benedikt Haefner und Ioana Cosma.

Die Handlung von „Macbeth“ ist vielen bekannt: Der machthungrige Edelmann Macbeth begeht aufgrund einer Prophezeiung gemeinsam mit seiner Frau einen Königsmord, um selbst König von Schottland zu werden. Die beiden verfallen dem Wahnsinn und bezahlen für die grausame Tat schließlich mit ihren Leben.

Shakespeare hat das Werk vermutlich um das Jahr 1606 fertiggestellt. Der Autor verknüpfte in seinem Drama geschichtliche Fakten über den historischen Schottenkönig Macbeth und den zeitgenössischen englischen König Jakob I. mit Aberglauben, Mythologie und Fiktion. Die erste Erwähnung einer Aufführung datiert vermutlich auf den 20. April 1611. Das Stück „Macbeth“ wurde zur Vorlage zahlreicher Kompositionen und Verfilmungen. Zu nennen sind etwa Giuseppe Verdis Oper „Macbeth“ (1865) sowie die Tondichtung von Richard Strauss (1886), außerdem die Verfilmungen von Orson Welles aus dem Jahr 1948 und von Roman Polanski aus dem Jahr 1971.

Szenenfoto mit Daniel Plier, Benedikt Haefner und Emőke Boldizsár (v. l. n. r.). Foto: Sebastian MARCOVICI

In Hermannstadt lockte die Tragödie zahlreiche Besucher/innen, darunter sehr viele Schülerinnen und Schüler der deutschen Schulen an. Was sie zu sehen bekamen, war alles andere als eine klassische Theatervorführung. Das fast leere Bühnenbild – das nur aus einer riesigen Leinwand und einem ebenfalls großen Kreuz bestand – deutete schon darauf, dass eine moderne Variante des Stücks zu sehen sein wird. Macbeth, gespielt von Daniel Plier und Lady Macbeth, gespielt von Emőke Boldizsár, traten auf die Bühne, ganz unterschiedlich gekleidet: er sehr sportlich in kurzer Hose und Trainingsjacke und sie im Damenhosenanzug. Und dann erschien Benedikt Haefner als Macduff im Schottenrock und mit nacktem Oberkörper. Fast immer mit auf der Bühne war eine ganz in schwarz gekleidete Frau, die wortlos einfach nur dastand und vielleicht als Verkörperung des Todes interpretiert werden könnte. Inhaltlich wurde „Macbeth“ sehr verkürzt präsentiert, so dass man – hatte man das Stück nicht gelesen – nur wenig von der Handlung auf der Bühne verstand. Überhaupt gab es nur wenige Interaktionen zwischen den Darstellern und die Dialoge führten sie nicht miteinander sondern dem Publikum zugewendet, was ein sehr statisches distanziertes Gesamtbild hergab. Das Stück erinnerte teilweise an ein Sprechtheater. Sehr irritierend war die Kostümauswahl, die teilweise aus der Sportwelt importiert wurde: Macduff im Fechtanzug und Macbeth im Karateanzug. Warum Macbeth symbolisch mit einem Golfschläger ermordet wurde, bleibt ebenfalls ein Rätsel und für Interpretationen offen.

Emotional wirkten die Bilder aus dem Ukrainekrieg, die auf der großen Leinwand projiziert wurden. Der Regisseur baute eine sehr passende Parallele zwischen der Schlacht in Shakespeares Tragödie und dem Krieg in der Ukraine. Passend dazu aber auch sehr überraschend kam die Interpretation des Liedes „Skyfall“ von Emőke Boldizsár.

Mit Sirenenalarm gefolgt von Vogelgezwitscher endete das anderthalbstündige Theaterstück. Die Schauspieler wurden vom Publikum mit minutenlangem Stehapplaus gewürdigt.

Cynthia PINTER

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Theater.