Aus dem Beitrag ,,Lebensgang des Freiherrn Samuel Brekner von Brukenthal“
Ausgabe Nr. 2730
Georg Adolf Schuller (1862-1939), u. a. Schriftleiter der Kirchlichen Blätter veröffentlichte 1921 in drei aufeinanderfolgenden Ausgaben den Beitrag ,,Lebensgang des Freiherrn Samuel Brekner von Brukenthal“, ein Abriss aus Schullers zweibändiger Biographie des Museumsschöpfers und langjährigen Gouverneurs von Siebenbürgen, Samuel von Brukenthal (1721-1803), die erst fast dreißig Jahre nach seinem Tod, 1967/1969, in den Bänden 18 und 19 der Buchreihe der Südostdeutschen Historischen Kommission in München (Verlag R. Oldenbourg) erschienen ist.
Im Folgenden lesen Sie einen Ausschnitt aus der ersten Folge, die in der Ausgabe Nr. 31 der Kirchlichen Blätter am 30. Juli 1921 erschienen ist.
Da es nicht jedem Obmann der Ortsausschüsse für die Bruken-
thalfeier möglich sein wird, sich die Literatur über Brukenthal in zureichender Weise zu beschaffen, glauben wir einem mehrfach empfundenen Bedürfnis zu entsprechen, wenn wir im Folgenden die Hauptdaten für ein Lebensbild dieses großen Sohnes unseres Volkes zusammenstellen, um für die Einzelausführung damit eine sichere Grundlage zu bieten. Wir bemerken dazu nur noch, daß die hie und da sich zeigenden Abweichungen von älteren Darstellungen seines Lebensganges auf neueren Feststellungen beruhen, also als verläßlichere Angaben gelten können.
Das Geschlecht der Brekner von Brukenthal ist ein bodenständig sächsisches Geschlecht. Im Leschkircher Stuhle heimsäßig, hat es, soweit man zurückblicken kann, diesem besonderen Rechts- und Verwaltungskreise des Sachsenbodens wiederholt die führenden Männer gegeben. Komes Michael von Brukenthal leitet die Geschlechtsreihe auf einen Michael Brekner von Alzen zurück, der 1580 stellvertretend das Königsrichteramt bekleidete. Zusammenhänge mit einer Familie Brekner in Kastenholz, die heute noch besteht, hatten die Meinung entstehen lassen, daß das Geschlecht ursprünglich dort ansäßig gewesen und dann nach Leschkirch übersiedelt sei. Nach dem im Familienarchiv verwahrten Stammbaum liegt die Sache umgekehrt: der Sproß einer Seitenlinie, auch wieder Michael genannt, heiratete im Anfang des 18. Jahrhunderts nach Kastenholz hinüber und wurde so der Stammvater der dortigen Familie Brekner. Die Kastenholzer Matrikel bestätigt diese Überlieferung insoweit, als sie im Jahre 1731 einen Michael Brekner als Vater eines Täuflings nennt, während vor dieser Zeit der Name Brekner in ihren Aufzeichnungen, die bis 1652 zurückgehen, nicht zu finden ist, der Genannte also als ein Zusiedler erscheint.
Die Leschkircher Matrikel (…) setzt mit ihren Aufzeichnungen leider erst im Jahre 1666 ein und ist auch von da an nicht lückenlos geführt worden. Sie führt zwei Vorfahren des Gubernators an, beide als Träger der höchsten Ämter in Stuhl und Markt: den früh verstorbenen Großvater Michael Brekner (gest. 1678) und den Vater Michael Brekner (gest. 1736), der für seine im Kuruzzenkrieg bewährte treue Anhänglichkeit an das Haus Habsburg 1724 den Adelsbrief und damit das Prädikat von Brukenthal erhielt. Er hatte als zweite Gattin die Tochter des Mediascher Bürgermeisters und Gubernialrates Samuel v. Heydendorff namens Susanna, geheiratet. Sie ist die Mutter des nachmaligen Gubernators geworden, der als zweiter Sohn den Namen des mütterlichen Großvaters erhielt, während sein älterer Bruder den Stammnamen Michael führte.
Samuel war nach einer – von späterer Hand eingetragenen – Matrikelnotiz, die aber auch durch die gleichlautenden Angaben anderer Quellen bestätigt wird, am 26. Juli 1721 geboren, als das jüngste von sechs Kindern der zweiten Ehe seines Vaters. Mit 13 Jahren verlor er die Mutter und mit 15 Jahren den Vater. Seine Erziehung leitete dann sein Schwager, der gelehrte Georg Soterius, Gymnasialdirektor in Hermannstadt, dann Pfarrer in Schellenberg und Stolzenburg. Er studierte wie Bruder und Vater am Hermannstädter Gymnasium und an einer ungarischen Anstalt, einigen Andeutungen zufolge am unitarischen Kollegium in Klausenburg; die dortige Matrikel nennt jedoch seinen Namen ebensowenig, wie die Hermannstädter Gymnasialmatrikel. Zu Anfang des Jahres 1741 trat Brukenthal in den Kanzleidienst des Guberniums in Hermannstadt ein, um in die Landesverwaltung und Rechtspflege Siebenbürgens praktisch eingeführt zu werden. Im Frühling 1743 bezog er die Hochschule in Halle a. S., wo er anderthalb Jahre hindurch mit Eifer juridischen und philosophischen Studien oblag, zugleich aber auch am geselligen Leben der Hochschüler teilnahm. Er spielte in diesem eine führende Rolle, wurde unter anderem einer der Gründer der Hallenser Freimaurerloge ,,Zu den drei Degen“ und gleich auch deren erster Großmeister.
Der Ausbruch des zweiten schlesischen Krieges (Anmerkung der Redaktion: Der Zweite Schlesische Krieg (1744-1745) kann sowohl als Teil des Österreichischen Erbfolgekrieges als auch als Einzelkonflikt um die Vorherrschaft in Schlesien zwischen Preußen und Österreich betrachtet werden. Das Bündnis zwischen Frankreich und Preußen stand dabei der österreichischen Allianz mit Sachsen, Großbritannien und den Niederlanden gegenüber.) nötigte Brukenthal, der wie sein Vater treu monarchisch-habsburgisch gesinnt war, die preußische Hochschule zu verlassen und mit andern Landsleuten nach dem Sachsen-Weimarischen Jena zu übersiedeln. Dort weilte er noch ein halbes Jahr und kehrte dann in die Heimat zurück, um seine Kenntnisse und Fähigkeiten in den Dienst seines Volkes zu stellen.
Da sein älterer Bruder inzwischen die Laufbahn der Vorfahren in Leschkirch erfolgreich betreten und auch den elterlichen Stammsitz übernommen hatte, wandte sich Brukenthal einem anderen Arbeitsfelde zu. Er fand es in Hermannstadt, wo er schon im Sommer des Jahres 1745 als Judizialsekretärs-Adjunkt Anstellung fand. Wichtiger als dies kleine Ämtchen war für ihn, daß er die Hand der zweiten Tochter des angesehenen Hermannstädter Provinzial-Bürgermeisters Daniel v. Klocknern, der Katharina Sofia v. Klocknern, erhielt und dadurch in die engsten Beziehungen zu den führenden Hermannstädter Familien kam.
Bei der Überfüllung Hermannstadts, das der Vorort des Sachsenlandes und die Hauptstadt des Landes war, mit Amtsanwärtern, erschien für Brukenthal ein rascheres Aufsteigen in der eingeschlagenen Laufbahn ausgeschlossen. Trotz Fleiß, Kenntnissen, Fähigkeit und guten Verbindungen war er in 8 Jahren nur bis zum Vizenotär aufgerückt. So trat er dann 1753 als Sekretär in die in jenem Jahre errichtete königliche Kommission zur Regelung der sächsischen Verwaltung ein, die nach ihrem Vorsitzer, dem Konvertiten Martin Zach. Wankel v. Seeberg, die Seebergische Kommission genannt wird. Es war jedoch eine bloß vorübergehende Tätigkeit für ihn, aus innern und äußern Gründen; aus innern, weil ihm das Wirken des kern- und ziellosen Pläneschmiedes Seeberg, der zudem ein ausgesprochener Feind der sächsischen Selbstverwaltung war, nicht zusagte, und aus äußern, weil er schon vorher um eine Wiederanstellung im Gubernialdienste bei Hofe angesucht hatte, die ihm dann tatsächlich im Anfang des Jahres 1754 zuteil ward. Er erhielt die Stelle eines Gubernialsekretärs, die vorher immer nur an ungarische Bewerber verliehen worden war. (…)
Im selben Jahre 1754 war Brukenthals Schwiegervater gestorben. Brukenthal kam dadurch in den Besitz reicherer Mittel. Er verwandte sie u. a. auch zur Erwerbung eines Landbesitzes im Hermannstädter Stuhldorfe Freck und zum Ankauf eines größeren Fiskalgutes im Fogarascher Distrikt. Die Güter dieses Distrikts hatte die Königin Maria Theresia, deren Staatsschatz während des siebenjährigen Krieges außerordentlicher Zuflüsse bedurfte, an den Hofkanzler Grafen Gabriel Bethlen auf 99 Jahre für 140.000 Gulden verkauft. Bethlen, selbst geldbedürftig, verkaufte einzelne Güter des großen Dominiums auf dieselbe Zeit weiter. Eines davon, das schöne große, im offenen Alttal gelegene Gut Alsoßombotfalva (Anmerkung der Redaktion: es handelt sich um Alsószombatfalva/Sâmbată de Jos), erwarb Samuel v. Brukenthal.
G. A. SCHULLER
Die Ausstellung ,,Samuel von Brukenthal – ein früher Europäer“ ist ab Montag, den 26. Juli, im Innenhof des Brukenthalpalais am Großen Ring in Hermannstadt, ab Dienstag, den 27. Juli, im Schlossgarten des Brukenthalschen Sommersitzes in Freck und nur am Sonntag, den 1. August, in der Kirchenburg in Deutschkreuz im Rahmen der Haferland-Kulturwoche zu sehen, gibt das Deutsche Kulturforum östliches Europa bekannt. In der diesbezüglichen Pressemitteilung heißt es u. a.: ,,An Samuel von Brukenthal (1721-1803) muss man eigentlich nicht erinnern, weil sein Name nicht nur in Hermannstadt, sondern auch sonst in Siebenbürgen bis heute präsent ist – durch das Brukenthalmuseum, die Brukenthalschule, die Brukenthalstiftung, durch vielerlei Veröffentlichungen und manch andere nach ihm benannte Einrichtung. Aber was ihn zu einer solcherart nachwirkenden Persönlichkeit macht, das wissen wohl doch die wenigsten. Der 300. Geburtstag ist daher Anlass, an das Außergewöhnliche am Wirken Brukenthals zu erinnern: Auch wenn dieser Name heute vor allem mit Kunst, Kultur, Bildung und Wissenschaft in Verbindung gebracht wird, so war Brukenthal doch in erster Linie ein hervorragender Administrator, ein exzellenter Kenner der komplizierten juristischen Grundlagen dieser fernen Provinz des Hauses Österreich, für das er als einziger Gouverneur siebenbürgisch-sächsischer Herkunft, protestantischer Konfession und bürgerlichen Hintergrunds wirkte und dadurch in vielfältiger Weise europäischen Standards den Weg bereitete.“
Die dreisprachige Tafelausstellung – deutsch, rumänisch, englisch – wird sowohl fest verankert als auch als Wanderausstellung präsentiert. Weitere Informationen unter https://www.kulturforum.info/de/wanderausstellungen/8441-samuel-von-brukenthal-ein-frueher-europaeer
Die Ausstellung des Deutschen Kulturforums östliches Europa, Potsdam, wurde in Zusammenarbeit mit dem Departement für Interethnische Beziehungen im Generalsekretariat der Regierung Rumäniens, dem Nationalen Brukenthalmuseum Hermannstadt, dem Siebenbürgenforum und der Samuel-von-Brukenthal-Stiftung erstellt.