Zur Ausstellung ,,Brukenthal 300. Ideen für ein Denkmal. Collagen und Modelle“
Ausgabe Nr. 2720
Schon seit geraumer Zeit setzt sich der international bekannte Bildhauer Peter Jacobi mit Formen der Erinnerungskultur auseinander: Vor einigen Jahren hat er auch in Rumänien Meilensteine – u. a. mit dem Holocaust-Memorial für Juden und Roma in Bukarest – seiner Memorialkunst geschaffen. Seit über dreißig Jahren beschäftigt ihn auch die Gestaltung eines Denkmals für Samuel von Brukenthal. Zum 300. Geburtstag des Barons zeigt nun der vielseitige Künstler in einer Ausstellung des Landeskirchlichen Museums im Terrassensaal des Friedrich Teutsch-Kultur- und Begegnungszentrums in Hermannstadt mehrere seiner 3D-Konstruktionen und Modelle sowie eine Reihe von Collagen.
Einige seiner älteren Denkmalprojekte, seine Pavillons, wurden der Öffentlichkeit bereits in vergangenen Jahren präsentiert, u. a. in einer Sonderausstellung im Foyer im Erdgeschoss des Rathauses am Großen Ring in Hermannstadt: Für mehrere Standorte wurden abstrakte Kompositionen imaginiert, zugleich tradierte Formen der Memorialkultur – zuweilen in Kombination mit symbolischen Figuren und Objekten.
In der Ausstellung findet sich auch der Beitrag des Künstlers zu dem Anfang 2021 ausgeschriebenen Wettbewerb für eine Statue Brukenthals vor dem Brukenthal-Palast auf dem Großen Ring zu Hermannstadt.
Die geplante Jubiläums-Ausstellung bot dem Künstler Anlass, sich mit der Persönlichkeit Brukenthals in neuen Formen der Erinnerungskultur auseinanderzusetzen. Seine Hommage an den großen Kunstpatron überwindet diesmal die Grenzen der abstrakten Monumentalkunst – die Brukenthal indirekt vorgegeben hatte, indem er ein figürliches Denkmal für seine Person ablehnte: In der Collage nutzt der Künstler die gestalterische Freiheit der Gegenwartskunst.
Jacobis Collagen, davon die ersten als „Bilder zu einem unveröffentlichten Text“ entstanden, setzen auf visuelle Gegenwartskultur: So versteht sich die Collage hier nicht nur als Technik, sondern auch als Stilmittel eines Bild-Narrativs.
In Jacobis Collagen finden sich ikonische Elemente der Pop Art. Darauf angesprochen, erklärt Peter Jacobi: ,,Die Collagen /Assemblagen sind eine viel ältere Erfindung: Zu allererst hat Picasso ca. 1910-1912 in seinem frühen kubistischen Werk Zeitungen als Collagen eingefügt, und dieses immer wieder variiert; in den 1920 und 30er Jahren kamen die Dadaisten und die Surrealisten.“
Er nennt einige Namen: Kurt Schwitters, John Hartfield mit den vielen Collagen (Fotomontagen) im politischen antifaschistischen Bereich, Man Ray, Marcel Duchamp, Hannah Höch. Was die Pop Art gemacht hat, ist nur ein erneuter, sicher sehr lockerer, neuer Aufguss…
Den Wahrnehmungsfilter der Pop Art – das Bruchstückhafte der Erlebniswelt, das Zusammenfügen von disparaten ,,Wirklichkeiten“ – hat die Kunst des digitalen Zeitalters jedenfalls beibehalten, oder noch nicht abgelegt, noch nicht überwunden. Die Brukenthal-Collagen reflektieren bewusst den Zeithorizont des Künstlers und sind ihrerseits ein Zeitdokument.
Unter den Collagen finden sich zunächst mit der akademischen Pilgerschaft Bruken-
thals verknüpfte „hypostatische“ Momente, die Tugenden der Aufklärung oder Ideale des Humanismus anklingen lassen, und die zugleich die Lebenspotenzialität eines noch Unfertigen, Strebenden, festhalten. Im Verlauf der Wandlungsreise nimmt diese Gestalt zunehmend Kontur und Substanz an, nämlich jene des Barock.
Im Verlauf dieses Weges lassen sich biographische Topoi und Lebensstationen Bruken-
thals ausmachen, jedoch schlägt das Narrativ Purzelbäume der Phantasie und nutzt das bewährte Ausdrucksmittel der Gegenwartskunst – die Collage – um verbürgte und frei assoziierte Lebensbilder Brukenthals quasi als Medien-Auftritt zu inszenieren. Die Rückenansichten enthalten auch hier eine subtile Einladung zur Identifikation. Unter den kaleidoskopisch auftretenden Figuren findet sich auch jene des Künstlers – ein Usus, der entlang der Kunstepochen immer wieder aufgegriffen wurde.
Die Bruchstückhaftigkeit dieses künstlerischen Unterfangens ist jener der heutigen Daseinswahrnehmung entlehnt und ist zugleich das künstlerische Medium, das die Menschen unserer Tage anregen soll, über dieser spielerischen Assoziation mit Brukenthals Lebensbildern die Collage des eigenen Lebens zu reflektieren und in Einheit zu bringen.
Heidrun KÖNIG