Regionale Konferenz des Vereins Salvați Copiii
Ausgabe Nr. 2700
Am 6. November fand im Sitz des Kreisrates, eine regionale Konferenz, zum Teil Videokonferenz, zum Thema „Der Schutz der Kinder deren Eltern im Ausland arbeiten. Gesetzliche Aspekte und gute Interventionspraktiken“, statt. Hervorgehoben wurde während der Konferenz vor allem das Problem der Nichtübereinstimmung der Zahlen, die von den Sozialdiensten kommen mit den Zahlen von den Schulinpektoraten überein. Besprochen wurde die Notwendigkeit der engeren Zusammenarbeit zwischen Institutionen, aber auch die Notwendigkeit der emotionalen Unterstützung von betroffenen Kindern. Zugeschaltet waren u. a. die Vizepremierministerin Raluca Turcan, die Staatsberaterin im Präsidialamt Sandra Pralong, Maria Mădălina Turza, Leiterin der Behörde für Rechte für Personen mit Behinderungen, Kinder und Adoptionen aber auch Vertreter aus der ganzen Region Mitte, die sich mit diesem Thema befassen. Veranstaltet wurde die Konferenz von der Organisation Salvați Copiii in Zusammenarbeit mit dem Kreisrat Hermannstadt.
Die einleitenden Worte sprach die Kreisratsvorsitzende Daniela Cîmpean. Die Fälle von Kindern, deren Eltern ins Ausland gegangen sind, um zu arbeiten, soll in den letzten Jahren gestiegen sein, vor allem in den letzten 10 Jahren, wobei die daheimgebliebenen Kinder davon emotional tief betroffen sind. „Der Schutz dieser Kinder erfordert unser aller Einsatz“, unterstrich Daniela Cîmpean.
Für den Schutz der Kinder, deren Eltern im Ausland arbeiten, setzte sich die Organisation „Salvați Copiii“ in den letzten 13 Jahren ein, angefangen mit der Studie, die 2007 durchgeführt wurde, nachdem Rumänien Teil der Europäischen Union geworden ist und nachdem sich diese Fälle vermehrt haben. „Aufgrund dieser Studie haben wir begonnen, direkte Dienstleistungen zu entwickeln, um diese Kinder zu schützen, anwaltschaftliche Aktivitäten anzubieten, Verbesserung für soziale Politiken und Gesetze vorzuschlagen, Kampagnen zur Bewusstmachung zu starten betreffend was diese Kinder durchmachen und der emotionalen Auswirkung, die sie verspüren“, sagte Gabriela Alexandrescu, Geschäftsführerin von Salvați Copiii. Die Pandemie soll übrigens die Zustände der Kinder nur noch verschlimmert haben, die gegenwärtig ein zusätzliches Trauma erleben.
Die Vizepremierministerin Raluca Turcan ging auf das Problem der uneinheitlichen Daten ein. Laut den Informationen, die von der nationalen Behörde für den Schutz der Rechte für Kinder und Adoption stammen, sind etwa 79.000 Fälle von Kindern, deren Eltern ins Ausland gegangen sind, registriert worden. Zur gleichen Zeit zeigt ein Studium das auf Daten von den Schulinspektoraten basiert, dass es etwa 150.000 Kindern geben soll, deren Eltern ins Ausland gegangen sind. „Ich glaube, dass die Lösung durch eine enge Partnerschaft zwischen den staatlichen Institutionen und Nichtregierungsorganisationen gelöst werden kann“, unterstrich Turcan.
Weiterhin gehe es um die Identifizierung der Anzahl der Kinder, die sich in dieser Situation befinden und die Vorbereitung und Unterstützung derjenigen, die sie beaufsichtigen. Zwischen Februar und Juni 2020 konnte man ein Pilotprogramm starten, das Kinder, deren Eltern ins Ausland gegangen sind, zur Bildung stimulieren soll. Insgesamt wurden rund 30 Millionen Euro für solche Zwecke gedacht, wobei damit etwa 3.000 Kinder und deren Eltern oder Betreuer unterstützt werden sollen.
Es handelt sich dabei um Programme wie Nachschulbetreuung, warmes Essen, Werkstätten u. a.. Bislang wurden 205 Projekte für dieses Programm eingereicht. Die Bewertungen werden im Dezember 2020 abgeschlossen und die Implementierung dieser wird bis zum 31. Dezember 2023 erfolgen.
Beim zweiten Pilotprogramm, das gestartet wurde, geht es um ein Nachschulprogramm für Kinder aus benachteiligten Verhältnissen. „Es repräsentiert einen Anfang für die Verallgemeinerung des Nachschulprogramms“, unterstrich Turcan. Dafür konnten allerdings in diesem Jahr keine Haushaltsressourcen zur Verfügung gestellt werden. Im Rahmen dieses Programms sollen die Kinder je 200 Lei bekommen, in Form von Gutscheinen, die ihnen ermöglichen, an Nachschulprogrammen teilzunehmen.
Weiterhin wurde das Programm für 150 Schulen aus Rumänien gestartet, im Rahmen dessen die Schüler ein warmes Essen nach der Schule erhalten. Leider kann es gegenwärtig wegen der Pandemie nicht richtig fortgeführt werden. Weiterhin gibt es die Sozialgutscheine für Bildung im Wert von je 500 Lei für Kinder aus benachteiligtem Umfeld. Etwa 300.000 Nutznießer bekamen das Geld am Anfang des Jahres, das für Dinge gedacht ist wie Schulzubehör u. a.
Turcan machte aufmerksam auf Opportunitäten, die sich im Hinblick auf europäische Fonds ergeben. Für die kommende Zeitspanne sollen für die benachteiligten Kategorien über das Programm „Bildung und Beschäftigung” 3,8 Milliarden zur Verfügung stehen und über das Programm „Soziale Eingliederung und Würde” etwa 3,4 Milliarden Euro.
Geplant wird auch die Unterstützung der dualen Berufsausbildung durch den Bau von regionalen Campus über ein weiteres Programm. Weiterhin sind Zentren für Kinder und Jugendliche, die Verhaltensstörungen aufweisen geplant und die Unterstützung des Zugangs von Kindern aus benachteiligtem Umfeld zu Integrationsprogrammen wie Kreativlager oder Sportaktivitäten.
Sandra Pralong wies darauf hin, dass die Kinder, deren Eltern im Ausland arbeiten, nicht nur ein Thema in Rumänien seien, sondern ein europa- und weltweites, wegen der großen Mobilität der Menschen und dem freien Verkehr. Was die unterschiedlichen Statistiken betrifft, so lautete ein Vorschlag, eine engere Zusammenarbeit zwischen den öffentlichen Sozialassistenzdiensten SPAS und Bildungseinrichtung auf lokaler Ebene und dann auf zentraler Ebene zu pflegen. „Wir müssen die Mentalität ändern, uns weniger auf Zahlen fokussieren und mehr auf Namen, auf die individuelle Fällen, wobei das Lösen des Einzelfalles zur einer Lösung auf Ebene des Systems führen kann“, meinte Pralong. „Wir haben es mit Namen zu tun, nicht nur mit Zahlen.“ Ein weiterer Vorschlag war, die Ressourcen nach der Notwendigkeit zuzuweisen und nicht nach festgenagelten Kriterien, vor allem wenn es um Fonds der Regierung geht.
Bereits 2016 wurde übrigens im Rahmen eines Arbeitskreises bestehend aus 72 Personen von sechs Ministerien, 15 Behörden, 14 Non-Profit-Organisationen und zwei internationalen Organisationen ein Bericht erarbeitet zum Thema „Kinder, deren Eltern im Ausland arbeiten” erarbeitet. Dieses ist auf der Seite des Präsidentenamtes zu finden und beinhaltet eine detaillierte Analyse der Situation mit Vorschlägen für Lösungen.
Maria Mădălina Turza von der Nationalen Behörde für die Rechte der Personen mit Behinderungen, Kinder und Adoptionen ANDPDCA wies darauf hin, dass über den Regierungsbeschluss 691/2015 bereits eine Vorgehensweise festgelegt wurde, wie diese Daten gesammelt werden sollten, so dass man ein reales Bild die Zahlen betreffend entsteht. „Solange dieser Mechanismus, obwohl es ihn seit einiger Zeit gibt, nicht gehörig implementiert wird, werden wir Daten haben, die über separate Wege gesammelt werden, die uns zu verschiedenen Zahlen führen werden“, sagte Turza. Die Schlussfolgerung lautete, wie auch bei den vorherigen Rednerinnen: „Es muss Kooperation geben auf unterstem Niveau“.
Seit einem Jahr, nachdem ANDPDCA die Problematik verstanden hatte, wird eine Partnerschaft mit dem Bildungsministerium für besonders wichtig gehalten. Neben anderen Maßnahmen im Hinblick auf verschiedene Kategorien von benachteiligten Kindern wurden auch die Verstärkung der Zusammenarbeit im Hinblick der Datensammlung, aber auch die gegenseitige Unterstützung zwischen den Generaldirektionen für Sozialassistenz und Kinderschutz DCASPC, Schulinspektoraten und Bildungseinrichtungen in Augenschein genommen. Eine bessere Datensammlung auf nationaler Ebene wird aber auch über das nationale integrierte System für Adoptionen SINA zusammen gestellt, das nun im Rahmen eines großangelegten Projektes erstellt wird und über das direkt Daten und Informationen von den SPAS gesammelt werden.
Hervorgehoben wurde mehrmals die Bedeutung von Nichtregierungsorganisationen, über die man eine Reihe von Probleme in benachteiligten Gesellschaften lösen konnte, wo andere Versuche keine Wirkung hatten.
Im Rahmen der Vorstellung von Best Practice-Beispielen stellte Anca Stamin, Programmkoordinatorin bei Salvati Copiii, die verschiedenen Schritte vor, die während den 13 Jahren unternommen wurden. Infolge der Studie von 2007 wurde damit angefangen, spezialisierte Dienstleistungen anzubieten für Tageszentren, wo die Teams von ,,Salvați Copiii“, bestehend aus Sozialassistenten, Psychologen und Erzieher sowohl die Kinder als auch diejenige Personen in deren Obhut sich die Kinder befinden, betreuen. Weiterhin gelang es auf Ebene eines jeden Kreises, in dem die Organisation tätig ist, zwischeninstitutionelle Netzwerke zu aktivieren. Ab 2010 ist es gelungen 9.500 Kindern zu helfen und 6.600 Vertretern dieser in 17 lokalen Zentren aus 13 Kreisen und Bukarest. „Das Resultat der Auswertungen war immer erfreulich“, freute sich Stamin. „In der letzten Auswertung ist zu sehen, dass 74 Prozent der Kinder bessere Ergebnisse in der Schule aufwiesen und 85 Prozent ihre sozialen und emotionalen Fähigkeiten verbessert haben“.
Wert gelegt wurde aber auch auf die Informierung der Personen, in deren Obhut die Kinder bleiben, bezüglich den gesetzlichen Verpflichtungen die sie erfüllen müssen. Infolge der Änderung des Gesetzes zum Schutz der Kinder, als 2013 eine separater Absatz eingefügt wurde zum Schutz der Kinder deren Eltern im Ausland arbeiten, wurden 2015 eine Reihe von Informierungskampagnen gemacht. Zwischen 2017 und 2018 veranstaltete Salvați Copiii sieben regionale Debatten im Rahmen derer sich über 1.500 Spezialisten an einem Tisch versammelten.
2015 wurde eine Helpline ins Leben gerufen, die Telefonnummer 0800.07.00.40, wo die Betroffenen kostenlos für Beratung anrufen können. Aus dem Ausland sind die Dienstleistungen unter Tel. 0314-05.30.72 zu den üblichen Gebühren erreichbar.
Was die unterschiedlichen Statistiken betrifft, lautete die Schlussfolgerung von Stamin, dass eine Kooperation zwischen den öffentlichen Sozialdiensten SPAS und Schulen, der Schlüssel zur Gewährung des erforderlichen Schutzes für die Kinder sei. Nötig sei die Erhöhung der Kapazität der öffentlichen Sozialdienste durch Erweiterung des Personals und Informierung dessen, sowie die Konsolidierung des Nachschulprogramms für benachteiligte Kinder und für Kinder deren Eltern im Ausland leben.
Auch Generalschulinspektor Alexandru Dumbravă, der inzwischen zum Vizebürgermeister gewählt worden ist und sein Amt abgegeben hat, wies auf die Ungenauigkeit der Zahlen hin. Laut den Angaben, die ihm zur Verfügung stehen, gab es im Kreis Hermannstadt 2022 Fälle von Kindern, deren ein Elternteil ins Ausland gegangen ist, und 312, bei denen sich beide Eltern im Ausland befinden. Die meisten Kinder mit Eltern im Ausland gibt es beim Technischen Kolleg „August Treboniu Laurian” in Agnetheln, dann folgt die Schule in Jina, und weiter die „Nationale Gasschule Mediasch”, „Automecanica Mediasch”, und die „Timotei Cipariu Schule” in Elisabethstadt. Laut Angaben sind 2019/2020 247 Kinder aus dem Ausland zurückgekommen.
Die Hermannstädter Regionalveranstaltung zum Thema Schutz der Kinder, deren Eltern im Ausland arbeiten, ist übrigens die erste aus einer Veranstaltungsreihe, die „Salvați Copiii“ 2020-2021 geplant hat.
Werner FINK