Mediascher evangelisches Gemeindeleben in Zeiten der Corona-Krise
Ausgabe Nr. 2667
Die Mediascher evangelische Margarethengemeinde reagiert auf die weltweite Corona-Pandemie und schränkt das Gemeindeleben signifikant ein. Gottesdienste und Veranstaltungen finden bis auf Weiteres nicht statt. Auf diese Weise kommt die Gemeindeleitung dem betreffenden Beschluss des Innenministeriums vom 14. März 2020, zur Verhinderung der Verbreitung des Corona-Virus, vollumfänglich nach.
Wie das Gemeindeleben in Mediasch auch in diesem Ausnahmezustand stattfindet, erläutert Stadtpfarrer Gerhard Servatius-Depner in einem Interview mit Moni S c h n e i d e r – M i l d.
Gottesdienste, Veranstaltungen sowie regelmäßige Treffen und Termine, sind derzeit auf Eis gelegt. Wie geht ihr mit dieser schwierigen Situation um? Welche Herausforderungen seht ihr?
Die größte Herausforderung für mich und uns, als Seelsorger dieser Gemeinde, ist diese erzwungene, überhaupt nicht gewollte oder geplante Isolation und Distanz zu den Menschen! Diese Situation hat uns fast unvorbereitet überrascht. Dabei helfen uns sicher – und noch vielmehr als vorher – die modernen Medien, und zwar, um mit vielen Menschen in Verbindung zu bleiben. Doch die Nähe und das direkte Gespräch fehlen mir sehr. Da wären jetzt in der Passionszeit mehrere Besuche mit Feier des Hausabendmahls geplant. Leider müssen auch diese ausfallen. Gottesdienste und Andachten können in der bisher gewohnten und so selbstverständlichen Weise eine Zeit zwar nicht mehr gefeiert werden. Trotzdem erreichen wir viele. Ich war positiv überrascht, dass nicht wenige Senioren unserer Kirchengemeinde außer WhatsApp auch Facebook nutzen. Wir haben zügig eine neue Facebook-Seite für unsere Kirchengemeinde erstellt und schon begonnen, schriftliche und Video-Andachten zu veröffentlichen. Auch für die kommenden Sonntage wollen wir das tun, möglichst zweisprachig, wie auch in der Kirche aufgenommene, musikalische Andachten. Auch die Konfirmanden werden durch die Medien erreicht, mehr als bisher, ebenfalls erhalten die Schulkinder auf diesem Weg Aufgaben von ihren Lehrern.
Wie erreicht ihr Gemeindemitglieder, die keinen Zugang zu den Online-Medien haben?
In diesen Fällen sind wir weiterhin immer noch auf das Telefon angewiesen. Dabei rufen wir die Gemeindemitglieder entweder direkt an, um uns nach ihrem Wohlergehen zu erkundigen, oder wir rufen bei deren Nachbarn an. Außerdem stehen wir (Jüngere), und auch andere, die mobiler sind, für verschiedene Hilfsdienste zur Verfügung, wie etwa Einkäufe von Grundnahrungsmitteln. Es ist sehr erfreulich zu erfahren, dass das Netzwerk der Nachbarschaft hier in Mediasch und auf den Dörfern rundherum recht gut funktioniert: Menschen kaufen für andere ein, man erkundigt sich, man hilft sich nach eigenen Möglichkeiten. Das ist sehr tröstlich – nicht nur in dieser Zeit!
Wie nehmen die Gemeindemitglieder, die über die neuen Medien verfügen, euer Online-Angebot an? Gibt es Rückmeldungen?
Seit die neue Facebook-Seite besteht, gab es schon mehrere Rückmeldungen aus der Gemeinde. Diese waren alle sehr positiv. Auch weniger aktive Kirchgänger erhalten nun auf diesem Weg Zugang zur Videoandacht, was uns zur Überlegung gebracht hat, das auch in Zukunft zu ermöglichen. Wer allerdings kein Facebook besitzt, erhält die Texte und Videos über E-Mail, WhatsApp oder YouTube. Auch aus dem Ausland kamen mehrere Rückmeldungen, nicht nur aus Deutschland. Dabei wurde der Wunsch geäußert, weiterhin Andachten und Gottesdienste aus der Margarethenkirche zu veröffentlichen, und zwar auch, nachdem die Krise vorbei sein wird! Nun wissen wir, dass dadurch mehr Menschen, als nur die Zahl der traditionellen Kirchgänger, erreicht werden können. Es bleibt zu überlegen, wie wir in dieser Zeit mit den Menschen in Verbindung bleiben, die unsere treuen Kirchgänger sind, aber eben keine modernen Medien nutzen. Nicht nur Mediascher, die im Ausland leben, freuten sich sowohl über die Bilder, als auch und noch vielmehr über Videos aus der Heimat und der Heimatkirche.
Wie finden Interessierte euer digitales Angebot in den unterschiedlichen Kanälen?
Man kann uns auf YouTube über den Suchbegriff „Evang. Kirche Mediasch – Biserica Sf Margareta Medias“ finden – das gilt auch für Facebook. Noch einfacher geht es über die Internetseite der Margarethenkirche: www.evkm.ro unter „Gemeinde“ und dort bei „Aktuelles und Nachrichten“. Hier haben wir die beiden Links mit dem Zugang zu YouTube und Facebook eingestellt.
Nun die letzte Frage: Was liegt dir persönlich am Herzen?
Ich denke derzeit viel über diese Krise nach und versuche, meine Gedanken dazu zu ordnen… In Krisensituationen sollen die Kirchen offen und gastfreundlich sein, aber wir mussten unsere Kirche leider schließen. Es ist schwierig, sich damit abzufinden. Wenn keine außergewöhnliche Situation herrscht, wünschen sich Eltern, dass ihre Kinder möglichst weg vom Computer kommen und mit anderen Kindern in frischer Luft, bei gemeinsamen Sporttätigkeiten ein Miteinander haben. Jetzt müssen die Kinder mit den Eltern im Haus zurechtkommen und per Computer ihre Schulaufgaben erhalten und schreiben… Ich verfolge die Nachrichten über bis zur Erschöpfung arbeitenden Ärztinnen und Ärzte in vielen Ländern. Darum kann ich nicht genug dankbar sein für alle Menschen, die in dieser Zeit haupt- und ehrenamtlich tatkräftig helfen! Ich beobachte auch, wie Menschen in dieser Zeit miteinander umgehen und entdecke jetzt viel Offenheit, Hilfsbereitschaft und ausdrückliche Freundlichkeit. Das ist zwar in Notzeiten für den Anfang normal, soweit kein Futterneid aufkommt – Gott bewahre uns vor noch Schlimmerem! Auch denke ich darüber nach, worauf man sich in dieser Zeit besinnt – bewusst oder auch unbewusst. Worauf ist man bereit, zu verzichten? Letztendlich: was macht das LEBEN, was macht die GEMEINSCHAFT aus? Es ist nichts anderes, als das, was wir so oft gepredigt haben, wie: Durchhalten in Not, Nächstenliebe, Gottvertrauen und feste Zuversicht, um nur einiges zu nennen. Das zeigt sich nun ganz konkret im Alltag!
Noch ist vieles sonderbar, wir stehen quasi unter Schock und schauen etwas undeutlich, vieles bewegt unser Herz. Trotz allem sehe ich in dieser wie in jeder Krisenzeit auch eine Chance: Dass wir alle lernen, unsere Gesundheit und die zwischenmenschlichen Beziehungen mehr zu schätzen und besonders zu pflegen, dabei dem Schöpfer des Lebens viel mehr Raum in unserem Leben zu lassen. Allerdings heißt es für uns alle in dieser Isolationszeit, die Ruhe zu bewahren, aber nicht untätig zu sein, sich und andere Menschen zu schützen und sich auch gegenseitig zu stärken. Dabei nicht ablassen zu beten, zu singen und weiterhin auf Gott und seine Führung zu vertrauen.
Herzlichen Dank für das Interview und alles Gute!
Ich wünsche von Herzen viel Gesundheit und Gottes Segen!