„Die Welt mit anderen Augen schauen”

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Autor Johannes Groschupf las im Deutschen Kulturzentrum Hermannstadt

Ausgabe Nr. 2649

 

Der Autor Johannes Groschupf im DKH.    Foto: Ruxandra STĂNESCU

Der Autor Johannes Groschupf las aus Lost Places für Jugendliche, auf Einladung des Deutschen Kulturzentrums Hermannstadt. Nominiert für mehrere Preise wurde er nicht nur für seine Jugendbücher, sondern auch für die Bücher für Erwachsene. Der 1963 in Braunschweig geborene Autor lebt in Berlin – viele seiner Bücher haben da auch ihren Handlungsort. Über sein Werk und Leben sprach Johannes Groschupf mit der HZ-Redakteurin Ruxandra S t ă n e s c u.

 

Sie schreiben sowohl Bücher für Erwachsene, als auch für Jugendliche. Womit haben Sie begonnen?

Schriftsteller wollte ich werden seit ich 13 Jahre alt war, aber da war mein Vater dagegen, „nein, das machst du nicht, damit verdienst du kein Geld…“. Dann bin ich erst mal Journalist geworden und habe für Zeitungen geschrieben. Ich habe viele Reisereportagen gemacht. Als ich schon 30 war, habe ich meinen ersten Roman geschrieben, für Erwachsene, „Zu weit draußen“. Nach einigen Jahren habe ich begonnen, auch für Jugendliche zu schreiben, für 15-16-Jährige, einfach weil ich das Alter und diese Lebensphase total interessant finde. Da gibt es große Gefühle und es ist ein sehr intensives Leben. Deswegen schreibe ich sehr gerne für Jugendliche.

Was schreiben Sie lieber?

Ich habe nach fünf Jugendbücher jetzt wieder einen Thriller für Erwachsene geschrieben. Es war schon gut, dass ich manche Sachen aussprechen konnte, die einfach für Jugendliche noch nicht so geeignet sind. Beides ist mir lieb.

Haben Sie überlegt, auch für jüngere Kinder zu schreiben?

Ja, ich habe das auch überlegt,  gerade für kleine Kinder bekommt man auch mehr Lesungen an Schulen, was ich auch so schön finde. Ich habe aber jetzt noch kein festes Buch vor Augen. Ich habe auch als Kind sehr gerne gelesen. Vor allem als Kind beginnt man, die Welt mit anderen Augen zu schauen.

Woher kommen Ihre Ideen?

Meine Ideen stammen sehr viel aus meinem persönlichen Erleben, was ich Autobiografisches geschrieben habe, aber auch was ich von meinen Kindern so mitbekommen habe oder mit ihnen geteilt habe. Ich habe auch jetzt eine Jugendgruppe in Berlin für kreatives Schreiben, da bekomme ich auch Ideen für diese Altersgruppe. Auch wenn ich durch die Straßen von Hermannstadt oder so gehe, kommen neue Ideen, auch in Momenten, wo man nicht unbedingt daran denkt.

Bereits Ihre ersten Bücher wurden für mehrere Preise nominiert, wie finden Sie das?

Es ist ja schön, wenn ein Buch ein Preis bekommt oder nominiert wird, aber es ist nicht so, dass ich beim Schreiben daran denke. Das ist so ein Extra, denn es gibt sehr viele gute Bücher und es ist auch eine Glückssache.

Haben Sie von Ihren Werken ein Lieblingsbuch oder eine Lieblingsserie?

Mein liebstes Jugendbuch ist sicherlich „Lost Places“, weil das so stark die Stimme meines Sohnes hat, und viele Erlebnisse mich in dieser Zeit daran erinnern. Es ist auch sehr erfolgreich, bis jetzt wird es noch sehr gerne gelesen. Für Erwachsene ist mein liebstes Buch auch mein erstes, weil das ein sehr persönliches Erlebnis schildert, den Absturz mit einem Hubschrauber in der Wüste Sahara.

Darin schildere ich meinen Weg zurück ins Leben und auch meine Beziehung zu meinen Kindern, das ist sehr intensiv.

Sie haben jetzt in Hermannstadt aus „Lost Places“ gelesen. Ist das eine Serie?

Es sind eigentlich nur zwei Bücher, die zusammen gehören, weil sie von dem gleichen Jungen erzählt werden, „Lost Places“ und „Lost Boys“. Dann ist noch „Lost Girl“, das wird auch von einem Jungen erzählt, das ist aber nicht so ganz wirklich eine Trilogie.

Sie führen also die Geschichte nicht weiter?

Nein.

Erscheint bald wieder ein neues Buch?

Im Frühjahr erscheint das Jugendbuch „Evolve“, das spielt ein bisschen in der Zukunft, in Hamburg – mein erstes Buch mit der Handlung in Hamburg – und beschäftigt sich mit diesem dauernden Leistungsdruck, dem die Jugendlichen unterworfen sind. Da wird ein Medikament entwickelt, das sie noch zu höheren Leistungen bringt, aber natürlich müssen sie einen Preis bezahlen…

Woran arbeiten Sie gerade?

Ich will einen Berlin-Roman für Erwachsene schreiben, wo ich über das heutige Berlin berichte. Ich liebe Berlin, ich lebe seit über 30 Jahren da, aber das ist eine sehr aggressive Stadt geworden. Es wird immer anstrengender, in Berlin zu leben, ich muss einfach aufschreiben, was mir zu viel ist. Gerade wenn ich in einer Stadt wie Hermannstadt bin, wo das Leben ein bisschen langsamer läuft und die Straßen ein bisschen stiller sind, merke ich, wie gut das für die Seele ist.

Sind Sie zum ersten Mal in Rumänien?

Ja, ich wollte immer nach Hermannstadt und auch nach Bukarest und Konstanza – was ich leider aber jetzt nicht schaffe.

Wie fanden Sie die Lesung in Rumänien?

Es war sehr schön, hier zu lesen, weil ich bemerkt habe, dass die Jugendlichen sehr gut Deutsch sprechen. Ich war vor drei Wochen in Weißrussland, die Jugendlichen hatten sehr große Schwierigkeiten, das Gelesene zu verstehen und auch zu sprechen, sie waren sehr schüchtern. Die Jugendlichen in Hermannstadt waren sehr offen und freundlich und das hat mir sehr viel Spaß gemacht.

Gehen Sie oft auf Lesereise? Sind Lesungen wichtig?

Ja, Lesungen sind ganz wichtig für mich. Ich mache das sehr gerne in Berlin und in Deutschland, aber ich finde es sehr interessant auch in anderen Ländern, die Jugendlichen da kennen zu lernen. Es scheint, dass sie sich ganz ähnlich sind, sie haben ihre kleinen Geheimnisse und ihre  großen Freuden, Ärger mit Eltern und Lehrern, die bisher nicht so richtig wie sie ins Leben kommen und brauchen alle viel Vertrauen. Es sind auch keine einfache Zeiten, ich glaube, die Jugendlichen heute haben mehr wirtschaftlichen Druck, sie wollen gleich einen Beruf haben, das sah bei uns ein bisschen anders aus.

Kann man vom Schreiben leben?

Ich denke, in Deutschland können vielleicht fünf Prozent der Schriftsteller vom Schreiben leben, das sind so die Stars, bei denen jedes Buch zu einem Bestseller wird. Ich habe manchmal sehr gute Jahre, wo ich auch gutes Geld verdiene, aber ich brauche auch einen stabilen Job. Ich lese Korrektur für Zeitungen und ich mache das auch gerne. Ich finde es schön, Kollegen zu haben und ins Büro zu gehen. Wenn ich schreibe, bin ich viel alleine, da sind meine Zweifel da und meine Ablenkungen, ich muss alles mit mir selber ausmachen… Dieser Job als Korrekturleser in der Redaktion ist mir sehr wichtig.

Vermissen Sie den Journalistenjob?

In den neunziger Jahren bin ich viel auf Reisen gegangen, das war eine unheimlich interessante Zeit, da gingen vor 30 Jahren die ganzen Grenzen auf und ich bin in die Ukraine gegangen, nach Russland, Polen und in ganz viele Länder – leider nicht nach Rumänien – das war eine unglaublich intensive Zeit.  Ich habe damals eher frei gearbeitet. Leider ist  es in meinem Beruf sehr schwierig geworden, für Zeitungen zu schreiben und davon zu leben…

Vielen Dank für das Gespräch.

 

 

 

 

Veröffentlicht in Literatur, Aktuelle Ausgabe.