Konzertreise des Kammerchores „Cantores vivaces“ zu seinem 40. Jubiläum
Ausgabe Nr. 2638
„Ich hätte auch mitsingen können, ich habe auch im Kurt-Scheiner-Chor gesungen, wie der Kammerchor der Brukenthalschule auch genannt wurde, bevor er unter der Leitung von Hans-Günther Seiwerth den Namen ‚Cantores juvenes‘ angenommen hat“, sagte mir eine Zuhörerin nach dem Konzert in Hermannstadt. In Schäßburg äußerte sich ein achtzigjähriger Zuhörer, dass unser Konzert in ihm viele Erinnerungen aus seiner Jugend wachgerufen habe. Sicher hatten auch andere Konzertbesucher ähnliche Empfindungen.
Wie konnte es zu diesen Effekten kommen? Die deutschen Studenten der 70-er Jahre in Klausenburg waren geprägt und beseelt von ihren Musiklehrern und Kammerchorleitern (Ernst Irtel in Mediasch, Kurt Scheiner in Hermannstadt, Kurt Philippi in Kronstadt) und spürten neben ihren verschiedenen Studiengängen in der vielsprachigen Stadt, die für die meisten noch neu und fremd war, das Bedürfnis, den Chorgesang fortzusetzen und das Liedgut weiter zu pflegen.
Die zündende Idee, einen deutschen Studentenchor zu bilden, kam von Marianne Boltres und ihren Freunden. So wurde 1979 der Klausenburger Studentenchor „Cantores vivaces“ gegründet, den die Hermannstädterin Marianne Galbács-Seiwerth, die als Musikschülerin auch im Kurt-Scheiner-Chor der Brukenthalschule mitgewirkt hatte und inzwischen Studentin an der Musikhochschule war, anfangs geleitet hatte. Auf Marianne Galbács-Seiwerth folgten die Chorleiter Simon Acker und Walther Philippi. Letzterer brachte neue Impulse und trug wesentlich zum Erhalt dieses einzigartigen „Chorhäufleins“ in schweren Zeiten bei. 1998 musste die Choraktivität infolge der massiven Auswanderung der Deutschen aus Rumänien eingestellt werden.
Zurück zu der Geschichte dieses Chores: Gemeinsames Singen wie auch die gemeinsam verbrachte Freizeit bindet und verbindet. Die „lebhaften Sänger“ hatten sich nicht aus den Augen verloren. Kurze Zeit nach der Wende lebten dann praktisch alle Chormitglieder in der Bundesrepublik Deutschland oder in Österreich und folgten dem Aufruf des langjährigen Mitglieds Stefan Koch, sich zu treffen.
Überrrascht von diesem Zusammenhalt, hatte Stefan die Idee, den Chor wieder aufleben zu lassen. Für die Cantores-vivaces-Renaissance wurde Vertrautes aufgefrischt, doch auch manches Neue hinzugenommen. So kommt es, dass viele Besucherinnen und Besucher verschiedener Altersklassen, einen Teil der Lieder hätten mitsingen können.
Auch nach 40 Jahren haben die ehemaligen Studenten nichts von ihrer Begeisterung, in dieser Chorgemeinschaft zu singen, verloren. Mit einem Repertoire aus mehreren Jahrhunderten in acht Sprachen und zwei Dialekten (Siebenbürgisch-Sächsisch und Landlerisch) machten sie sich Mitte August d. J. auf den Weg in die Städte ihrer Jugend, um mit einer Tournee durch Siebenbürgen das 40. Jubiläum ihres Chores zu feiern.
Die erste Station war natürlich Klausenburg, dort wo vor 40 Jahren alles angefangen hatte. Viele gemütsbewegende Momente des Wiedersehens mit Freunden, Sängern, gewesenen Lehrern, Straßen und Plätzen ließen die Spannung bis zum Konzert steigen. Der voll besetzte Tonitza-Saal im Klausenburger Kunstmuseum bewirkte bei uns Sängern Freude und höchste Konzentration. Die professionelle Moderation durch die gewiefte Dolmetscherin und Übersetzerin Eva László-Herberth in drei Sprachen als auch der Auftritt des Trompeters Johann Konnerth (einst Schüler am Musiklyzeum in Klausenburg, heute Solotrompeter des Philharmonischen Orchesters Ulm, er reiste anschließend weiter), begleitet am Klavier von Marianne Galbács-Seiwerth, beeindruckte alle Zuhörer.
Besonders froh waren wir, als wir im Auditorium die bekannte Cellistin Prof. Ilse László-Herberth und den Komponisten Prof. Dr. Hans Peter Türk entdeckten.
So startete unsere Rundreise gleich mit einem Höhepunkt, der uns dann auch über die weniger gut besuchten Konzertabende in Bistritz und Schäßburg hinwegtröstete. Ab Bistritz führte das inspirierte Ansager-Duo Anne Kis-Schuller und Siegfried Kolck-Thudt durch das Programm.
Für unsere Chorleiterin Marianne Galbács-Seiwerth schloss sich in Hermannstadt ein Kreis, als sie freudig bewegt ihre Klavierlehrerin Inge Wittstock und ihren Chorleiter aus der Musikschule Jenö Erzse im Konzert am Samstag in der Johanniskirche begrüßte. Untypisch aber beeindruckend war die Urauffürung zweier Klezmer-Stücke mit Trompete (Johann Lauer) und Orgel (Marianne Galbács- Seiwerth). Wie hätte das Konzert eines Chores ehemaliger Hochschüler besser ausklingen können, als mit dem berühmtesten tradtionellen Studentenlied „Gaudeamus igitur“, in welches das Auditorium fröhlich, ehrsinnig und aus vollem Herzen mit einstimmte!
Gemeinsames Singen macht mit so einer ausgezeichneten Chorleiterin unheimliche Freude, es bindet und verbindet. Kein Wunder, dass sich die vor Jahrzehnten erlernten Chorlieder und Stimmen so gut eingeprägt haben, dass sie jederzeit wieder im Gedächtnis auftauchen.
Dass diese Chorreise so einwandfrei funktioniert hat, verdanken wir vor allem unserem organisatorischen Leiter Stefan Koch. Danke für eure Offenheit und Harmonie, liebe Mitwirkenden und Begleiter, Danke für eure Gastfreundschaft, Dr. Wilfried Schreiber (Gründungsmitglied des Chores) im Deutschen Forum Klausenburg, Eva und Ilse Lázsló-Herberth in Klausenburg und Christian „Pumi“ Copony mit Melanie in Liban/Suseni im Szeklerland, danke für alles, liebe Marianne!
Weitere Infos zum Chor unter www.cantores-vivaces.ro
Angelika MELTZER