Tadellos organisiert: tolle Bands, reichhaltiges Programm und viel Metal
Ausgabe Nr. 2635
,,Dream Theater“ und ,,Opeth“ in Hermannstadt zu erleben war für viele Artmania-Fans ein Traum, der bei der diesjährigen 14. Auflage in Erfüllung ging. Am Großen Ring fanden die Konzerte statt, die Artmania-Organisatoren haben allerdings ein volles Wochenende mit Vinyl-Messe, Workshops und Museumsbesuche vorbereitet. Und ab dem nächsten Jahr wollen sich die Organisatoren auch sozial implizieren: Ab 2020 gibt es keine kostenlose Einladungen mehr, auch für diese soll mindestens ein Bruchteil einer Karte bezahlt werden, allerdings ist das Geld für den Bau des ersten onkologischen Kinderkrankenhauses des Vereins „Asociația Dăruiește Viață” (Schenke Leben) bestimmt.
So voll war es seit vielen Jahren nicht mehr am Großen Ring während des Artmania-Festivals, rund 10.000 Zuschauer pro Abend kamen, um die Rockbands aus aller Welt – allerdings keine aus Rumänien – zu erleben. Die Fans zahlten 260 Lei pro Abend, ein Abo kostete 360 Lei. Dafür gab es ein reichhaltiges Angebot, u. a. war der Eintritt ins Freilichtmuseum, bei Filmvorführungen und bei mehreren Ausstellungen frei. Außerdem gab es auch viele kostenlose Konzerte am Kleinen Ring, wo auch gemütliche Kissen vorbereitet waren, so dass man sowohl tanzen, auch als auch entspannen konnte. „Blue Velvet”, „Gramofone”, „Marú”, „JazzyBIT”, „Am Fost La Munte Și Mi-a Plăcut” und ,,Coma“ haben auf der Bühne konzertiert, unter den Zuschauern waren auch viele Teilnehmer der Konferenz „East European Music Conference & Showcase Festival” (EEMC), die zum dritten Mal von „Artmania Events” zeitgleich mit dem Rockfestival organisiert wurde. Zum ersten Mal gab es auch eine Vinyl-Messe, bei dem die älteren und auch jüngeren Musikfans Platten kaufen oder tauschen konnten. Das Angebot war sehr reichhaltig, von Jazz und Funk bis Hip-Hop und Heavy Metal.
Tadellos organisiert war das Festival auch dieses Jahr, von der sehr guten Qualität des Sounds bis zur Pünktlichkeit gab es auch für den härtesten Kritiker nichts zu sagen.
Das Festival begann dieses Jahr mit der Truppe aus Aachen „Fjørt”, mit Post-Hardcore-Sound und deutschen Texten – eine schöne Überraschung für die Szene, wo englisch Hauptsprache ist. „Nordische Spiritualität und Weisheit“ gab es seitens der Neo-Dark-Folk-Band „Wardruna”. Auch wenn sie zum ersten Mal in Rumänien aufgetreten sind, waren sie bereits bekannt, insbesondere durch die TV-Serie „Vikings”.
Gutturalen Gesang und Klargesang alternierten die Engländer von „Architects”, eine 2004 in Brighton gegründete Band. Ihr Metalcore mit Einflüssen aus Post-Hardcore und Mathcore waren bis etwa Mitte der Heltauergasse zu hören. Nicht nur die Musik begeistert die Fans weltweit, sondern auch ihre Texte – Gesellschaftskritik, Umweltprobleme und die zerstörerische Natur der Menschen stehen im Mittelpunkt.
Hauptliner der diesjährigen Armania waren allerdings die Amerikaner von „Dream Theater”. Das war ihr letztes Konzert der etwa siebenwöchigen europäischen Tournee mit fast täglichen Konzerten, wie Leadsänger James LaBrie erklärte. Kein bisschen Müdigkeit zeigten die Bandmitglieder, auch LaBrie musste sich nicht entschuldigen – wie sein Kollege Jon Bon Jovi es vor knapp einer Woche in Bukarest getan hat, als er nach dem Konzert erklärte „er sei nicht in Form gewesen”. Voller Power legte in Hermannstadt „Dream Theater“ von Anfang an los und bewies noch einmal, warum sie eine der wichtigsten und auch komerziell erfolgreichste Progressive-Metal-Band ist. Zur Freude der Fans sangen sie sowohl bekannte Songs – bei dem das Publikum laut mitsang -, als auch einige Songs vom neusten Album „Distance over Time”. Übrigens für die Fans: Dream Theater hat in Rumänien sogar einen Fanclub, außerdem touren James LaBrie (Stimme), John Petrucci (Gitarre), Jordan Rudess (Keyboard), John Myung (Bass) und Mike Mangini (Schlagzeug) Anfang 2020 wieder in Europa.
„Möbius”, ein slowakisches Duo eröffnete den zweiten Abend mit Stoner Rock, Doom und Sludge Metal. Es folgten die Franzosen von „Alcest”, bekannt in der Szene als Begründer des neuen Genres „Blackgaze”.
Danach wurden am späten Abend gediegenere Töne angestimmt. „Madrugada“ aus Norwegen brachten Indie-Rock vom Feinsten unter die harten „Artmania“-Besucher. Der Frontman Sivert Høyem betrat schick gekleidet mit weißem Hemd,
schwarzem Sakko und roter Nelke in der Brusttasche die Bühne. Eine Stimme, die unter die Haut geht. So könnte man die tiefe Stimme Høyems beschreiben. Spätestens beim Lied „Majesty” waren auch die härtesten Rocker auf dem Großen Ring von seinem Gesang bezaubert. „Madrugada“ – was im Spanischen „Morgengrauen“ bedeutet – ging 1995 aus der Band „Abbey’s Adoption“ hervor. Nach anfänglichen Erfolgen in Norwegen erlangten sie mit ihrem ersten Album „Industrial Silence“ (veröffentlicht 2000) einen hohen Bekanntheitsgrad in ganz Europa und darüber hinaus. In Hermannstadt begeisterten die Norweger – die nach einer 10jährigen Pause wieder zusammen auftreten – mit ihren tiefen Tönen und langsamen Songs vor allem die weiblichen Fans.
Erst mit dem letzten Akt des Abends konnten die Rocker wieder ihre langen Mähnen so richtig schütteln. Das ließ der schnellere Heavy-Metal-Rhythmus der Band „Opeth“ zu. Die Schweden besuchten Hermannstadt jetzt schon zum zweiten Mal. Ein erstes Konzert boten sie vor genau 10 Jahren, als die bekannte Band „Nightwish“ Headliner war. Die Musik der Stockholmer von „Opeth“ ist eine Mischung aus Death Metal, Progressive Metal und Progressive Rock. Die Band wurde 1990 gegründet und schaffte den Durchbruch 2001-2004 mit der Veröffentlichung der Alben „Deliverance“ und „Damnation“. Platz eins in den deutschen Charts schaffte allerdings nur das 2016 erschienene Album „Sorceress“, das vier Wochen das Siegertreppchen besetzte. Mit dem gleichnamigen Lied eröffneten die Schweden auch in Hermannstadt ihr Konzert, ganz zur Freude vieler Fans. Für Gesang und gutturalem Gesang, Gitarre aber vor allem für Entertainment war der Frontman Mikael Åkerfeldt zuständig. Unter anderem nahm er das exzessive Proben der Headliner von „Dream Theater” und ihre vielen Gitarrensolos auf die Schippe.
Die Einladung, mit John Petrucci, dem Gitarrist von „Dream Theater“ zu jammen, verschob Åkerfeldt auf jenen Tag, an dem sie zusammen 100 Biere trinken, was natürlich nie passiert war. Außerdem verriet Åkerfeldt den Fans seine bedingungslose Liebe, die er für die Band „Judas Priest“ hegt: „Was für andere die Ehefrau, das Kind, der Hund bedeuten, das ist für mich Judas Priest. Bedingungslose Liebe“. Auf diese Worte folgte das Lied „Cusp of Eternity“. Die Schweden von „Opeth“ machten bis um Mitternacht weiter und mit ihnen endete die 14. Ausgabe von „Artmania“.
Ruxandra STĂNESCU
Cynthia PINTER