Tiefsinniges über die Welt und das Leben

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Das Astra Film Festival feiert die 19. Auflage und 25-jähriges Bestehen

Ausgabe Nr. 2598

Besonders beliebt bei Kindern sind auch die Vorstellungen im „Full Dome“ auf dem Großen Ring. Hier werden in zwei runden Zelten (im Bild das große vor dem römisch-katholischen Stadtpfarramt) die Filme drinnen auf die Kuppel projiziert, so dass ein 360 Grad weites Bild entsteht.  Foto: Fred NUSS

25 Jahre sind vergangen seit Dumitru Budrala 1993 das erste Astra Film Festival organisiert hat. Damals noch im kleinen Kreise in nur einem Raum und die Filme wurden auf einem Fernseher verfolgt. Im nächsten Jahr waren es zwei Fernseher und Schritt für Schritt wuchs die Veranstaltung – die erst alle zwei Jahre und dann, wie heute, jährlich stattfindet – zu dem, was sie heute ist: das größte internationale Dokumentarfilmfestival Rumäniens.

 

(V. l .n. r .) Adina Marin, Ally Derks und Dumitru Budrala bei der offiziellen Eröffnung der Jubiläumsausgabe des Astra Film Festivals.
Foto: Cynthia PINTER

Über die anfänglichen Anstrengungen und Kämpfe des Festivaldirektors, um das Festival am Leben zu erhalten, konnten die Zuschauer am Eröffnungstag, dem 15. Oktober einen kurzen sehr aufschlussreichen Film sehen. Das Astra Film Festival wird zum 19. Mal veranstaltet und dauert bis Sonntag.

„Ich blicke zurück und sehe 25 Jahre mit Filmen über tiefsinnige Wirklichkeiten, über die Welt und das Leben – Filme, die unser Leben bereichert und uns selber verändert haben“, sagte Festivalleiter Dumitru Budrala in seiner Eröffnungsrede am Montag auf der Bühne des Thaliasaals. Das Wort ergriffen außerdem Ciprian Ștefan, der Leiter des ASTRA-Museums, Jan Achtereekte, Mitbegründer und Leiter der Stiftung „NetSib“ und Ally Derks, Gründerin und Leiterin des Internationalen Dokumentarfilmfestivals Amsterdam (IDFA). Letztere freute sich in ihrer Ansprache zum ersten Mal als Jurorin beim Astra Film Festival dabei zu sein und beglückwünschte die rumänischen Organisatoren für die Hingabe, mit der sie Jahr für Jahr zehntausende Kinder jeder Alterskategorie zum Dokumentarfilm Ansehen erziehen. „Es ist lebenswichtig einen offenen Dialog zu pflegen, um Brücken zwischen verschiedenen Ansichten zu schlagen. Mehr Dialog heißt weniger Kriege“, fügte die Holländerin hinzu, die seit 30 Jahren eines der ältesten Dokumentarfilmfestivals Europas organisiert.

Der Höhepunkt des Eröffnungsabends war die Vorstellung von Dumitru Budralas neuestem Dokumentarfilm „Transalpina – Drumul Regilor“ („Transalpina – Der Königsweg“). Der 41-minütige Film veranschaulicht in wunderschönen Landschaftsbildern die Hochstraße Transalpina, die sich durch die Karpaten schlängelt und Siebenbürgen mit der Walachei verbindet. Dabei erfährt der Zuschauer einiges über die zahlreichen Legenden, die mit den Orten verbunden sind, die die Straße durchquert, u. a. wie die Namen des Cindrel-Gebirges und des Frumoasa-Tals entstanden sind.

Das britische Trio „The Tiger Lillies“ begeisterte das Publikum. Unser Bild (v. l. n. r.): Adrian Stout und Martyn Jacques.       
Foto: Cynthia PINTER

Im Anschluss zu der Filmvorstellung freuten sich die Musikliebhaber über das Konzert des britischen Trios „The Tiger Lillies“. Mit Clownsmaske und Falsettgesang prägt Martyn Jacques mit Akkordeon, Klavier, Ukulele oder Banjo begleitet, den schräg-makabren, tragisch-komödiantischen Stil der Band. Das Publikum in Hermannstadt war von dem Auftritt der skurril aussehenden und klingenden Musiker begeistert.

Am Dienstag begann das Programm für Kinder in der Früh um 8.30 Uhr. In Scharen sah man sie in Begleitung ihrer Lehrerinnen zum Thaliasaal wandern. Es ist inzwischen Tradition in den Hermannstädter Schulen sowohl bei deutschen als auch rumänischen Abteilungen, dass die Kinder mindestens einen Film innerhalb des Festivals sehen. Im vergangenen Jahr besuchten über 20.000 Kinder und Jugendliche Astra Film Junior. Besonders beliebt bei Kindern sind auch die Vorstellungen im „Full Dome“ auf dem Großen Ring. Hier werden in einer Art von rundem Zelt die Filme drinnen auf die Kuppel projiziert, so dass ein 360 Grad weites Bild entsteht. Dabei wird das gesamte Gesichtsfeld ausgefüllt, so dass der Betrachter wirklich das Gefühl bekommt, in die dargestellte Szenerie einzutauchen. Im „Fulldome“ können die Besucher entweder auf Pölstern sitzen, oder für ein maximales Erlebnis auf weichen Matratzen liegen. Unter anderem kann man erleben, wie sich ein Astronaut im Weltall fühlt (Astronaut“), wie die Augen, das Hirn und das Herz funktionieren und warum wir Sauerstoff zum Leben brauchen (Amigos – Inside the Human Body“) oder wie Erdbeben und Tsunamis entstehen (Our Violent Planet“).

Hauptveranstaltungsort ist der Thaliasaal.
Foto: Cynthia PINTER

Am Nachmittag füllten die erwachsenen Zuschauer die Säle. Dieses Jahr werden die Filme in sechs Sälen vorgeführt und das meistens parallel. Das heißt, man hat die Qual der Wahl. Vor allem in den kleineren Sälen, wie jenem im Parterre des Franz Binder- Völkerkundemuseums am Kleinen Ring, muss man mindestens 10 Minuten vor Filmbeginn da sein, um einen Platz zu finden. So geschehen bei der Vorstellung von „Dacii liberi“ (von Andrei Gorgan und Monica Lăzurean-Gorgan) am Dienstag, als die Organisatoren noch zusätzliche Stühle in den kleinen Saal bringen mussten. Der Film zeigte die neue nationalistische Bewegung in Rumänien, bei der sich die Mitglieder auf ihre dakischen Wurzeln berufen. Selten hat man so viele Zuschauer laut lachen hören, wie bei diesem Film. Zum Beispiel, als Gheorghe Funar, der gewesene Bürgermeister von Klausenburg, allen Ernstes behauptet, dass das Wort „Deutschland“ etymologisch auf „das Land der Daker“ zurückzuführen ist. Daraus ginge laut Funar hervor, dass die Daker die ersten Siedler Deutschlands gewesen sein müssen.

Gelacht wurde auch beim Film „Lots of Kids, a Monkey And a Castle“ von Gustavo Salmerón. Es handelt sich um ein charmantes Portrait, das der Filmemacher seiner exzentrischen Mutter Julia macht und wie genau sich ihre drei Wünsche aus der Kindheit erfüllt haben und sie zu vielen Kindern, einem Affen und einem Schloss kam. Die Finanzkrise in Spanien konnte der zahlreichen Familie zwar das Schloss wegnehmen, aber nicht den Sinn für Humor und die Einigkeit der Familie. Der Film, der bereits den Titel „Bester Dokumentarfilm“ beim Karlovy Vary Film Festival 2017 gewonnen hat, eröffnete eine Diskussionsrunde im Thaliasaal zum Thema „Mamma Mia – Mutterschaft heute“, die die Psychologin Oana Vasiu einleitete. Zu dem Thema stehen mehrere Filme im Programmheft des Astra Film Festivals. Ein weiteres Thema ist „Rechtsradikalismus neben uns“, zu dem am Donnerstag (nach Redaktionsschluss) u. a. der Film „Meuthen’s Party“ (Meuthens Partei) von Marc Eberhardt gezeigt wurde.

Wie jedes Jahr wurden die Filme auf Kategorien eingeteilt. Die Jury bewertet dabei die besten internationalen Filme, die besten Filme aus Zentral- und Osteuropa, die besten rumänischen Filme, die besten Kurzfilme und die besten Studentenfilme. Die Preisverleihung findet am Samstag, dem 20. Oktober, um 19 Uhr, im Thaliasaal statt. Die Gewinnerfilme werden einen Tag darauf, am Sonntag, zwischen 12 und 16 Uhr, bzw. um 19 Uhr im Thaliasaal, zwischen 15 und 19 Uhr in der Aula Magna und zwischen 11 und 18 Uhr im sogenannten Astra Film Cinema Saal, im Franz Binder- Museum wiederholt.

Cynthia PINTER

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Film.