Die Welt der Erinnerung

Teile diesen Artikel

Ausgabe Nr. 2578
Ein lesenswerter Briefroman über die Kindheit in Rumänien

Peter Rosenthal im Erasmus-Büchercafé. Foto: Cynthia PINTER

Arad und das Südbanat sind für den Autor Peter Rosenthal die Schauplätze seiner Kindheit, mit der er sich in seinem Debütroman „Entlang der Venloer Straße“ auseinandersetzt. Der Briefroman erschien 2003 im „Kiepenheuer & Witsch Verlag“ Köln und wurde vor Kurzem auch in rumänischer Sprache (Übersetzung von Hava Oren) unter dem Titel „De-a lungul strazii Venlo“ im Hasefer-Verlag herausgegeben. Peter Rosenthal machte auf seiner Reise durch Rumänien am Dienstagnachmittag (15. Mai) im Hermannstädter Erasmus/Büchercafé halt und las aus den Büchern „Entlang der Venloer Straße“ und „In die Zeit fallen“ vor.

Peter Rosenthal wurde 1960 in Arad geboren, mit dreizehn Jahren zog er nach Köln, wo er seit 1973 mit seiner Familie lebt und als Arzt tätig ist. Da er jeden Tag mit dem Fahrrad zu seiner Praxis in Ehrenfeld fährt, hat er über Jahre hinweg seine Eindrücke von der Hauptschlagader des Kölner Westens, der Venloer Straße, in tagebuchartiger Form festgehalten. Er schreibt seinem rumänischen Jugendfreund René, den es zum Thora-Studium nach Jerusalem gezogen hat, und dem er die Lebensumstände im Westen beschreiben möchte. Im Vordergrund des Briefromans stehen Rosenthals Kindheitserinnerungen im kommunistischen Rumänien. Dabei beschreibt er ausdrucksstark das Leben und die Menschen in Arad: „Diese Welt ist mir Erinnerung, und deshalb fahre ich auch nie zu Besuch dorthin, um sie so, wie sie in mir ist, nicht zu stören – soviel ich weiß, bist Du auch nie dorthin zurückgekehrt. Die Welt der Erinnerung ist bevölkert von Lebenden und Toten, von Erlebtem und Gehörtem oder Gelesenem. Sie ist mir ein unsichtbarer Boden.“ So wie die lebendige Erinnerung an Hanna Neni, der Mărășești rauchenden Kunstgeschichtslehrerin, die von den Motiven und Farben in Rembrandts Gemälde erzählen konnte.

Peter Rosenthal: Entlang der Venloer Straße. Briefroman. 1. Auflage 2003, Verlag Kiepenhauer & Witsch, Köln – Lizenzgeber Labonté Köhler Osnowski Verlagsgesellschaft mbH, Köln, 123 Seiten, ISBN 3-462-03536-3

Über die Venloer Straße radelt der Arzt auch heute noch täglich in seine Praxis im Ehrenfeld Viertel von Köln. Der „verwirrende Alltag dieser Straße“ lässt den Autor die Bilder seiner Kindheit „wie kleine Steine auf einen Faden gereiht“ aufleben.

In seinem Debütroman setzt sich Peter Rosenthal damit auseinander „als Rumäne und Jude in Deutschland zu sein“, wie er im Gespräch mit dem Hermannstädter Publikum bekanntgab. Die Mischung zwischen verschiedenen Orten, Zeiten und Kulturen macht das Buch lesenswert.                  Cynthia PINTER

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Bücher, Gesellschaft.