Boromir verteilte „Eugenia“ beim 27. Sachsentreffen
Ausgabe Nr. 2542
Das diesjährige Sachsentreffen ist das größte seiner Art nach der Wende in Rumänien gewesen und hat viel Mühe und Arbeit sowohl den Organisatoren aus Rumänien als auch jenen aus Deutschland bereitet. Laut Aussagen des Vorsitzenden des Siebenbürgenforums, Martin Bottesch, sollte es vor allem die jungen Sachsen aus Deutschland ansprechen, ihnen somit das Potential Siebenbürgens sichtbar machen und eine gute Alternative für ihre Zukunft zeigen.
Vor und nach dem Großen Sachsentreffen in Hermannstadt fanden auch viele Heimattreffen in verschiedenen Ortschaften statt, deren Programm verschiedene Kulturveranstaltungen mit ortsgebundenen Traditionen, mit siebenbürgischem Essen und Tanzveranstaltungen enthielten. Ein besonderes, darauffolgendes Ereignis stellte die „Haferland Kulturwoche“ mit den für die Region zwischen Schäßburg und Kronstadt typischen Kulturveranstaltungen dar.
Als ich von diesem großen Sachsentreffen erfuhr, beschloss ich, dem Aufruf der Organisatoren zur Bereitstellung der notwendigen Lebensmittel zu folgen und die Sachsen mit einem bekannten Leckerbissen zu begrüßen.
Dieses Ereignis weckte in mir viele Erinnerungen aus jener Zeit, in der ich mit den Sachsen zusammen gelernt und gearbeitet habe.
Mein erstes richtiges Erlebnis war jenes mit meinem Bankkollegen aus dem Lyzeum. Er war ein großer und starker Sachse, ich ein kleiner und eher schwacher Oltener. Obwohl wir beide vom Dorf kamen, war er besser erzogen, und ich konnte so manches von ihm lernen. Während unserer gemeinsamen Schulzeit an der Fachschule für Lebensmittelindustrie mussten wir Berufspraktika von jeweils 30 Tagen in Klausenburg, Kronstadt und Jassy machen. Da wir mehr Oltener als Sachsen in der Klasse waren, konnten wir auch viel Unfug treiben. Aber Martin sahen wir nur morgens aus dem bewachten Abteil kommen, in dem besondere Süßigkeiten aus Butter, Zucker und Schokolade hergestellt wurden. Er hatte ein imposantes Aussehen im weißen Kittel, aus dessen Tasche er manchmal kleine Leckerbissen für mich herausholte. Er lernte fleißig, wir aber machten dauernd Witze und dachten nicht viel an die Schule. Während wir die leichte Arbeit suchten oder schwänzten, erledigte Martin gewissenhaft jede noch so schwere Aufgabe. Nach wenigen Tagen wurde er zu unserem Chef, da er die meiste Arbeiten erledigte und wir ihn alle dafür schätzten.
Meine zweite Erinnerung ist auch mit einem Kollegen verbunden, und zwar aus der Militärzeit. Er war nachher auch mein Zimmerkollege während des Hochschulstudiums. Anfangs war er sehr schüchtern, in der ersten Woche hat er nichts gesagt. Aber während der Hochschule hat er dann immer wieder verlauten lassen, dass er nach Abschluss des Studiums auswandern wolle, obwohl zu der Zeit die Einschränkungen und Regeln immer strenger wurden. Deshalb besuchte uns wöchentlich ein Securitate-Mitarbeiter im Zimmer. Mit dem schwer erarbeiteten Abschlussdiplom in der Hand wanderte er dann tatsächlich aus. In Deutschland machte er noch eine Fortbildung und wollte sich in leitender Position bei einer Bierbrauerei anstellen, wurde jedoch abgelehnt. Deshalb stellte er sich als unqualifizierte Arbeitskraft an. Da er fleißig war und Ausdauer hatte, schritt er innerhalb eines Jahres aufwärts in den Funktionen, bis er zum Direktor ernannt wurde. Er stärkte meinen Glauben daran, dass fleißige Menschen, die keine Aufgabe scheuen und tatkräftig auch minderwertige Aufgaben erledigen, sich hocharbeiten und den gewünschten Erfolg erreichen können.
Zu meiner dritten Erinnerung gehört eine Geschichte, die mir ein Siebenbürger einst nach einem Streitgespräch erzählte. Es ist die Lehre von zwei benachbarten fleißigen Bauern. Der eine, ein Rumäne, ging jeden morgen früh auf sein Feld hinaus und kehrte erst abends spät müde und nervös nach Hause. Der Sachse jedoch ging etwas später aufs Feld, kehrte zu Mittag nach Hause, fütterte seine Tiere und kehrte erst nach dem Absenken der Hitze wieder aufs Feld. Der Siebenbürger sagte mir damals, dass in keinem Jahr die Ernte des Rumänen größer gewesen ist als jene des Sachsen.
Nachdem die Sachsen ausgewandert sind, musste jemand ihre Plätze einnehmen. Die Einwohner aus dem Nachbarkreis Vâlcea, bei denen die Sachsen früher gerne Wein eingekauft hatten, waren am nächsten. Ob gerne oder notgedrungen, die Oltener nahmen den Platz der Sachsen ein. Überzeugt davon, das die Wiederkehr der Sachsen allen guttut, habe ich mich entschlossen, selber einen Beitrag zu dieser Aktion zu leisten und sie mit einer bekannten Süßigkeit von Boromir – mit der „Eugenia“ von einst – zu begrüßen.
Mircea URECHE
Geschäftsführer von Boromir Hermannstadt
Deutsche Fassung: Stefan KEZDI
Eine Gruppe Teilnehmer am Sachsentreffen 2017 freut sich über die „Eugenia“-Spende. Foto: Boromir