Japanisches Tanzensemble „Noism“ zu Besuch in Hermannstadt
Ausgabe Nr. 2525
Sushi, Kirschbäume, Kimonos, Origami, Ikebana, Manga und Kabuki. Wenn man an Japan denkt, kommen einem automatisch diese Begriffe in den Sinn, die für viele Europäer sehr exotisch klingen.
Seit Mittwoch und Donnerstag vergangener Woche ist auch der zeitgenössische japanische Tanz ein Begriff für viele Hermannstädter, die der Tanzvorstellung der japanischen Kompanie „Noism 1“ beigewohnt haben.
Ausverkauft waren beide Vorstellungen des wichtigsten zeitgenössischen Tanzensembles Japans. Zur vorangehenden Pressekonferenz war auch der Choreograf Jo Kanamori eingeladen.
Laut Kanamori kommt der Name des Ensembles „Noism“ aus dem Englischen „No isms“ also „keine ismen“ oder keine Grenzen und Einschränkungen. Gegründet wurde das Ensemble im Jahr 2004 von Jo Kanamori, der selber ein begabter Tänzer ist. Mit 17 verließ Kanamori seine Heimatstadt Yokohama, um in der Schweiz die Kunst des europäischen Tanzes mit Maurice Béjart zu erlernen. Es folgte eine zehnjährige Karriere beim „Nederlands Dans Theater“ in Den Haag unter der Leitung von Jiri Kylian. Inzwischen leitet Jo Kanamori selber zwei Ensembles, „Noism 1“ und „Noism 2“, letzteres ist eine Jugendakademie, die 2009 gegründet wurde.
Die kleine Rumänientournee des Ensembles „Noism 1“ begann am 30. März in Bukarest mit der Vorstellung „La Bayadère – Das Land der Illusionen“.
Es folgten zwei Auftritte – am 5. und am 6. April – auf der Bühne des Radu Stanca-Nationaltheaters in Hermannstadt. Finanziert wurde die Tournee von der „Japan Foundation“, der Japanischen Botschaft in Rumänien und „JTI“.
In Hermannstadt zeigten die zehn japanischen Tänzerinnen und Tänzer eine Show, die aus zwei Teilen bestand: „Die Geschichte der Streichholzverkäuferin“, inspiriert aus Hans Christian Andersens Märchen vom „Mädchen mit den Schwefelhölzern“ und einem Theaterstück von Minoru Betsuyaku, zur Musik von David Lang in der Bearbeitung von Shigeru Umebayashi, und „Passacaglia“, eine Tanzvorstellung, die von Jo Kanamori in Szene gesetzt wurde. Die Musik stammte aus Heinrich Bibers „Passacaglia für Solo-Violine in g-Moll“, bearbeitet von Satoshi Fukushima.
Das Hermannstädter Publikum war am Mittwochabend fasziniert von den Bewegungen und Verrenkungen, die so in keinem europäischen Tanz zu sehen sind.
Die Bewegungen sind viel abgehackter, als man es hierzulande kennt, aber trotzdem grazil anzusehen. Im ersten Teil, in dem ganz klar Andersens Märchen zu erkennen war, trugen alle Künstler Masken, die zur Traurigkeit der Geschichte vom vor Kälte sterbenden Mädchens noch mehr beitrugen. Das Stück forderte auch schauspielerisches Talent von den Tänzerinnen und Tänzern. Im zweiten Teil konnten die Zuschauer in die aussagekräftigen Gesichter der Tänzer schauen. Alle waren weiß gekleidet und tanzten einen dramatischen Tanz, während es weiße Papierkonfetti auf sie niederschneite. Das Hermannstädter Publikum war begeistert und gab mehrere Standing Ovations.
Den Unterschied zum europäischen Tanz erklärte der Choreograf Jo Kanamori bei der Pressekonferenz: „Der europäische Tanz verläuft sehr vertikal, dem Himmel zu. In Japan sind die Menschen der Erde näher als dem Himmel. Deswegen verläuft auch der tänzerische Akt mehr in Bodennähe, also eher horizontal.“
Tatsächlich konnte man diesen Tanzstil am Mittwochabend ganz genau beobachten und untersuchen. Was alle Zuschauer erkennen konnten, war die Anstrengung und körperliche Kraft, die die Tänzerinnen und Tänzer einsetzten, um eine gelungene Vorstellung zu bieten. Es war ein einmaliges und unglaublich unterhaltsames Tanzspektakel.
Cynthia PINTER
Foto 1: Theatralischer und eher dem traditionellen Tanz verpflichtet war der erste Teil des ersten Gast-Auftritts eines japanischen Ensembles für zeitgenössischen Tanz auf der Bühne des Radu Stanca-Nationaltheaters. Der Saal war bis auf den letzten Platz besetzt. Unser Bild: Szene aus dem ersten Teil, der aus Hans Christian Andersens „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“ inspiriert wurde.
Foto 2: Zwei der insgesamt zehn japanischen Tänzer des Ensembles „Noism 1“ begeisterten die Zuschauer im Theatersaal mit ihren Bewegungen.
Fotos: Dragoș DUMITRU