„Ein guter Musiker ist auch ein guter Kammermusiker“

Teile diesen Artikel

Interview mit der Musikerin und Festivalleiterin Alina Azario nach dem letzten Konzert
Ausgabe Nr. 2507
 

5-alina-azario

Ein Festival lebt von der künstlerischen Leitung, sie ist „Herz und Hirn“ eines Projektes. Ihre künstlerische Vita scheint das Festival zu beeinflussen, gleichzeitig aber auch ihr Bezug zum Land…

Ich bin Pianistin und habe mit 15 Jahren angefangen, in Paris zu studieren; mit 22 Jahren bin ich in Hamburg gelandet, wo ich an der Hochschule für Musik und Theater bei Evgeni Koroliov studiert habe. Ich war lange aus Rumänien weg, seelisch dem Land aber doch immer sehr verbunden. So wollte ich hier etwas aufbauen und auf diese Weise für eine kurze Zeit, für ein Projekt zurückkehren.

Drei Auflagen „Festival Clara Haskil“ – Wie lautet ihr Resümee?

Heute geht das dritte Festival zu Ende und damit ist viel Emotion verbunden. Die letzten zwei Jahre sind so schnell vergangen. Ich kann kaum glauben, dass nun bereits das dritte Festival vorbei ist. Es ist eine Freude, einen vollen Saal bei einem Solo-Abend zu sehen (Anm. der Redaktion: gemeint ist das Konzert mit Mauro Lo Conte). Viele Musiker haben mir gesagt, in Hermannstadt wird es schwierig sein mit Kammermusik. Es ist tatsächlich nicht einfach, das stimmt. Wichtig ist aber, dass die Qualität stimmt. Es gibt heute einen Kampf zwischen Inhalt/Produkt und dem Image. Es gibt so viele Festivals. Man sollte nicht nur ein Festival machen, um noch ein Festival mehr zu machen. Es muss immer ein bestimmtes Ideal dabei sein, es muss Sinn machen. Ich denke, dass wir Musiker als Festivalleiter eine ganz andere Sensibilität für ein Programm haben als ein reiner Organisator. Unsere musikalische Erziehung, die mit 5-7 Jahren beginnt, unser gesamter künstlerischer Hintergrund ist Teil des Festivals. Wir hören die Musik anders. Viele Festivals bauen nur auf den großen Namen auf. Ich denke, dass „die Namen“ zwar da sein müssen, aber es muss mehr dahinter sein. Die Idee ist auch, dass wir eine Brücke zwischen rumänischen Musikern und Musikern aus dem Ausland schaffen. Musik ist eine internationale Sprache, man kommt hier zusammen, spielt gemeinsam.

Neben vielen jungen Menschen im Publikum fällt auch auf, dass viele Musiker auf dem Podium noch in der ersten Phase ihrer Karriere stehen. Spielt das Thema Förderung von Nachwuchskarrieren eine Rolle in der Programmierung?

Nicht unbedingt. Es handelt sich dabei nicht um ein Ziel, sondern es hat sich so ergeben. Ich empfinde es einerseits als etwas Schönes, viel Energie in die Kooperation mit jungen Leuten zu stecken. Andererseits würde ich mir auch sehr wünschen, dass einmal ein Abend stattfindet, an dem junge Musiker mit großen Meistern zusammentreffen und gemeinsam spielen.

Kammermusik scheint in der Öffentlichkeit oft unterrepräsentiert oder minderbewertet. Wie ist ihr persönlicher Zugang zu dieser ursprünglichen Art des Musizierens und was könnte der Unterschied für den Rezipienten sein?

Ich finde, dass Kammermusik das Schönste ist, was man als Musiker erleben kann. Als Pianistin ist man oft allein. Für Soloabende sowieso – man reist mit seinem Koffer und den Noten und man ist allein. Wenn man mit dem Orchester spielt, ist das etwa das Gleiche. Man ist zwar auf der Bühne mit 60 Leuten, aber im Endeffekt bereitet man sich allein vor, probt zwei Mal mit dem Orchester und dann kommt das Konzert. Eigentlich wäre es auch ein Ziel, mit dem Orchester Kammermusik zu machen, d. h. nicht alleine zu spielen. Beim Musizieren mit tollen Musikern und Menschen, mit denen man sich sehr gut versteht – musikalisch, aber auch menschlich – kommt es zu einem tiefen Austausch. Es fällt mir schwer, das zu beschreiben. Es ist das Schönste, was man bei Musik machen kann. Denn es bedeutet, den anderen zuzuhören, sie frei lassen, reagieren auf das, was die anderen machen, sich frei fühlen… . Ich glaube, dass ein guter Musiker auch ein guter Kammermusiker ist und dass das Publikum sehr genau spürt, ob die Musiker gut zusammenpassen oder nicht. Man spielt als Musiker natürlich auch für das Publikum und man bekommt als Musiker vom Publikum wiederum sehr viel Energie zurück. Da passiert auch etwas zwischen der Bühne und dem Publikum.

Wird das Festival auch im nächsten Jahr stattfinden?

Das ist alles mit der Frage nach der Finanzierung verbunden – ein ganz sensibles Thema bei einem noch jungen Festival. Deshalb bin ich auch so dankbar, dass man an dieses Projekt geglaubt hat und es unterstützt wird. Ich hoffe, dass es weiter geht und dass wir schaffen, noch mehr Förderer zu bekommen. Damit – und das ist ein ganz wichtiger Punkt für mich – das Festival wächst. Alle Mitarbeiter im Team haben auch heuer das Maximum gegeben. Wenn ich die Zahl der verkauften Karten anschaue, dann ist klar, dass es immer besser läuft. Das Festival ist genau das: Publikum, Künstler und Organisatoren und Financiers, Familie und Freunde… es ist ein großes Fest.

Danke für das Gespräch.

Teresa LEONHARD

 

Die Pianistin Alina Azario (Bildmitte), und die beiden aus Frankreich angereisten Musiker Adrien Boisseau (Bratsche) und Pierre Genisson (Klarinette) bedanken sich bei dem Publikum.

Foto: Tudor PLATON

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Musik.