Eine Brücke zu Ungarn

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Erste ungarische Tourismuskonferenz in Hermannstadt
Ausgabe Nr. 2504
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Vergangene Woche organisierte das Ungarische Kulturbüro zum ersten Mal eine ungarische Tourismuskonferenz in Hermannstadt. Im Rahmen der zweitägigen Konferenz wurden am ersten Tag die touristischen Attraktionen Hermannstadts und Umgebung vorgestellt und am zweiten Tag stellten die Gäste die touristischen Attraktionen in Ungarn vor, wobei vor allem kleinere Städte an der Grenze zu Rumänien präsentiert wurden. Dabei waren u. a. Hermannstadts Vizebürgermeister Răzvan Pop sowie Soós Júlia von der touristischen Vertretung Ungarns in Klausenburg. Austragungsort war der Multikulturelle Pavillon im Freilichtmuseum.

„Nach der Ars Hungarica und den Hungarikum-Tagen rufen wir nun eine dritte Veranstaltung ins Leben und zwar eine Fachveranstaltung im Bereich Tourismus. Ich hoffe, diese Veranstaltung in den nächsten Jahren weiterhin regelmäßig organisieren zu können und dass Hermannstadt zu einer Brücke zwischen Ungarn und Siebenbürgen wird”, sagte Serfőző Levente, Leiter des Ungarischen Kulturbüros in Hermannstadt und Initiator der Konferenz. Takács Gyöngyi, ehemalige Mitarbeiterin des ungarischen Kulturbüros in Hermannstadt sowie Mitarbeiterin des Tourismusvereins des Kreises Hermannstadt soll dabei die treibende Kraft bei der Veranstaltung gewesen sein. Organisiert wurde die Tourismuskonferenz in Partnerschaft mit der touristischen Vertretung Ungarns Magyar Turizmus Zrt., dem Astra-Museum, dem Tourismusverein des Kreises Hermannstadt (AJTS).

Am ersten Tag der Konferenz stellten sich die Gastgeber vor. Vizebürgermeister Răzvan Pop führte als Historiker die Teilnehmer kurz durch die Geschichte Hermannstadts von der ersten Erwähnung bis zum heutigen Tag und wies darauf hin, dass die Erfolgsgeschichte Hermannstadts als Kulturhauptstadt, damals unter Bürgermeister Klaus Johannis, dem heutigen Präsidenten Rumäniens, heute Fortsetzung findet. So habe der Guide Michelin (Hotel- und Reiseführer) 2012 Hermannstadt mit 3 Sternen gewürdigt. Das Lonely Planet-Buch „Best in Travel 2016” gab Siebenbürgen als touristisches Hauptziel an. Hermannstadt sei schließlich auch einer der dynamischsten rumänischen Teilnehmer an Tourismusmessen. Wenn in 2004-2005 Hermannstadt etwa über 2.500 Übernachtungsplätze verfügte, sei gegenwärtig die Zahl auf 6.000 angestiegen. Pop erwähnte auch, dass die Region Hermannstadt sowie die griechische Südägäis im Jahr 2019 den Titel „Gastronomische Region Europas” tragen werden.

Dazu beigetragen haben auch die Initiativen des Vereins My Transylvania, die Cristian Cismaru vorstellte. So z. B. die Transylvanian Brunches, eine Veranstaltung, die jedes Mal in einem anderen Dorf stattfindet und wo lokale Gastronomie und Kultur verbunden werden. Aus dieser hervorgegangen seien weitere Veranstaltungen wie Flavours and Sounds of Transylvania, Picnic în Cindrel, Cină în natură, Electric Camping/Fool Moon Picnic, CulinART oder COOLinar u. a.

Alexandru Sonoc stellte das Brukenthalmuseum vor, das im nächsten Jahr sein 200. Jubiläum feiert und in diesem Jahr allein eine Million Gäste zählte bei 250 Veranstaltungen. Das Astra-Museum stellte der stellvertretende Direktor Ovidiu Baron vor. Die sächsische Minderheit sei gerade mit einer Gruppe von drei Gehöften vertreten, die ungarische mit fünf.

Alin Chipăilă, AJTS-Vorsitzender, unterstrich die starken Punkte des Kreises Hermannstadt, u. a. die 77 Kirchenburgen, von denen zwei zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören. Fast 50 Prozent des Kreises befänden sich in geschützen Naturzonen. Der Verein verfolge gegenwärtig drei Strategien und zwar das Voranbringen von fünf thematischen Routen zur Entdeckung des Kreises Hermannstadt. Levente Serfözö gab bekannt, dass die Webseite des AJTS auch ins Ungarische übersetzt worden sei.

Die Winter- und Sommeraktivitäten in den Arena Platoș Mountain Resorts stellte Ioana Chitea vor. Die Internetseite www.arenaplatos.ro gibt es übrigens auch in ungarischer Fassung. Alexandru Ujupan stellte die Aktivitäten des Carpathian Travel Center vor, das übrigens auch Stadtführungen auf Ungarisch anbiete.

Der zweite Tag der Veranstaltung war der Vorstellung der Gäste aus Ungarn gewidmet. Soós Júlia von der touristischen Vertretung Ungarns in Klausenburg und Partnerin der Konferenz, ging auf die touristischen Regionen Ungarns ein, auf die Hauptstadt Budapest, aber auch auf Ungarn als Destination für Kur- und Gesundheitstourismus. Ungarn ist schließlich eines der reichsten Ländern in Sachen Thermalwasser. Hier befinden sich 1.298 Thermalwasserquellen, 385 Ortschaften mit Thermalwasserbädern, 21 Ortschaften mit Balneo- und Klimatherapie, 83 zertifizierte Thermalwasserbäder, 33 Hotels mit Balneotherapie-Angeboten, 160 Wellness-Hotels, 251 Mineralwasserquellen und 266 Heilwasserquellen, 5 Kurhöhlen, 5 Höhlen mit Kurschlamm und 2 Mofetten. Budapest sei die einzige Spa-Hauptstadt der Welt. In Miskolctapolca befinde sich das einzige Höhlenbad in Europa und der Hévizsee sei der einzige natürliche Thermalsee der Welt, wo man das ganze Jahr über baden kann. Das Einkommen aus dem Tourismus stelle 10 Prozent des Bruttoinlandsproduktes von Ungarn dar und etwa 9 Prozent der Bevölkerung arbeitet in diesem Bereich. Bemerkbar sei ein in den letzten Jahren klarer Anstieg der aus Rumänien kommenden Touristen.

Im weiteren stellten sich vor allem touristische Destinationen an der Grenze zu Rumänien vor, die bis jetzt hier weniger bekannt waren wie Mórahalom, Nyirbátor, Gyula, aber auch Szeged oder „Alföld Spa” als Europäische Thermalregion. Touristen aus Rumänien spielen weiterhin eine wichtige Rolle für diese Region. Schließlich verbrachten hier im südlichen Teil des Gebietes Touristen aus Rumänien die meisten Nächte im Jahr 2015 und in der ersten Hälfte des Jahres 2016 nach den deutschen Touristen.

„Diese Konferenz ist auf jeden Fall ein guter Start. Die Leute in Ungarn haben bereits einen sehr positiven Eindruck von Siebenbürgen, natürlich kennen sie das Szeklerland besser oder die Klausenburger Gegend, aber Nagyszeben, Sibiu oder Hermannstadt war immer auch unter den Ungarn ein Begriff”, sagte Tamás László, der gegenwärtig für die neuen Routen im Flughafen Debrecen zuständig ist, aber auch bei der touristischen Agentur der Stadt Gyula tätig ist. „Ich glaube, wenn Hermannstadt noch mehr PR, noch mehr Öffentlichkeitsarbeit in Ungarn machen würde, dann kämen Touristen auch aus der ungarischen Region. Die Stadtverwaltung könnte eine Möglichkeit suchen, sich auf der Utazás Kiálittás, eine der wichtigsten Tourismusmessen in Ungarn, vorzustellen.” Der Trend sei sowieso der, dass immer mehr Ungarn lieber mit dem Auto nur über die Grenze fahren würden, vor allem wegen den sehr vielen internationalen Problemen, oder touristischen Problemgebieten, wie der Türkei, Tunesien oder Ägypten. Mit dem Bau der Autobahnen seien die Abstände zwischen den Länder noch kürzer geworden. „Für ein verlängertes Wochenende würden Ungarn vor allem aus dem Alföld, aus der Tiefebene, aus Szeged oder Békéscsaba bestimmt ein Augenmerk auf Hermannstadt legen”, glaubt Tamás László, der übrigens im Rahmen der Veranstaltung den „historischen Badeort” Gyula vorstellte.

Mit dabei war übrigens auch eine der wichtigsten ungarischen PR-Agenturen, die Turismus Kft.

„Vor allem auf die Arena Platoș haben die Gäste ein Augenmerk gelegt”, meinte Hauptveranstalter Serfözö Levente in einem Gespräch. „Ich freue mich, dass bereits Kontakte geknüpft wurden. Eine der einschlägigen Agenturen in Hermannstadt hat sogar angeboten, touristische Pakete für ungarische Touristen zur Verfügung zu stellen”, sagte Serfözö.

„Ich finde, die Veranstaltung war gut organisiert”, sagte Virgil Nicula, von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften im Rahmen der Lucian Blaga-Universität. „In erster Reihe wurden die kleineren Ortschaften in Ungarn, nahe an der Grenze zu Rumänien, die sich in letzter Zeit entwickelt haben, als touristische Ziele hier vorgestellt. Hierzulande kannte man bisher eher nur Hajdúszoboszló oder Sárvár. Leider werden touristische Ziele wie Salzburg oder Baaßen nicht in Ungarn vorgestellt. Ich war mit einer polnischen Delegation in Salzburg und da gab es nicht einmal Broschüren. Nun stellt die Europäische Union zum ersten Mal Förderungen für Kurtourismus zur Verfügung und wir hoffen, dass sich in dieser Richtung was bewegen wird”, sagte Nicula. Außerdem sei vor allem im Vorfeld der Europäischen Gastronomischen Region 2019 und natürlich auch für Veranstaltungen, die in Ungarn organisiert werden, so eine Veranstaltung willkommen.

Eine erste Brücke ist nun geschlagen, das dürfen die Gastgeber und ihre Partner mit Recht behaupten. Die Brücke ist ausbaufähig, muss dazu gesagt werden, aber tragfähig ist sie schon jetzt. Davon zeugten die angeregten Gespräche zwischen Teilnehmern von hüben und drüben.

Werner FINK

 

Soós Júlia (am Rednerpult) von der touristischen Vertretung Ungarns in Klausenburg bei ihrer Präsentation. In der ersten Reihe zu sehen sind Vizebürgermeister Răzvan Pop (vorne) und Levente Serfözö.

Foto: der Verfasser

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Tourismus.