„Am Anfang war das Wort und nicht das Geschwätz“

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Streiflichter von den Medientagen der Deutschen Gesellschaft in Berlin
Ausgabe Nr. 2499
 

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„Am Anfang war das Wort und nicht das Geschwätz, und am Ende wird nicht die Propaganda sein, sondern wieder das Wort.“ Dieses Zitat von Gottfried Benn kann durchaus als Motto der kurzen aber inhaltsreichen Medientagung gelten, die von dem Verein Deutsche Gesellschaft e. V. für Journalisten aus dem östlichen Europa am 7. und 8. September in Berlin organisiert worden war. In seiner Begrüßung erwähnte der Beauftragte für Auswärtige Kulturpolitik, Michael Reiffenstuel, dass 130 Projekte – für im Ausland erscheinende deutschsprachige Medien – vom Auswärtigen Amt gefördert werden, um nicht nur Mut zur Verantwortung in der Berichterstattung zu stärken, sondern damit auch die unterschiedliche Definition zahlreicher Schlagwörter, wie z. B. Propaganda, erörtert und diskutiert würden.

 

 

Auch der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk, MdB, unterstrich die Bedeutung der Unterstützung deutschsprachiger Medien, zumal diese ein Sprachrohr der dort lebenden Minderheiten seien, und somit auch eine Brückenfunktion zu der Mehrheitsgesellschaft des jeweiligen Landes inne haben.

In seinem Einführungsreferat „Osteuropa im Blick: Strukturen, Prinzipien und Elemente der medialen Wahrnehmung und Vermittlungˮ, skizzierte Dr. Manfred Sapper die Entstehung der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde, die 1913 in Berlin gegründet wurde um durch Vorträge und Veröffentlichungen das Wissen über Osteuropa, insbesondere über Russland, auf allen Gebieten zu erweitern. Die Zeitschrift Osteuropa wurde 1925 von dem Historiker und Publizisten Otto Hoetzsch (1876-1946), gegründet. Die Zeitschrift versucht einen Transfer von der Wissenschaft in die Öffentlichkeit zu erreichen. Aber, so Sapper, „die Wissenschaft nimmt uns nicht ernst, denn wir sitzen zwischen allen Stühlen, da wir weder wissenschaftlich, noch politisch geschweige denn operativ sind!“ Die Zeitschrift erfülle eine Multiplikatorenfunktion da sie sich mit aktuellen Themen zu Kultur, Religion, aber auch mit Themen der Vergangenheit auseinandersetze. Als ein Beispiel nannte er Gedenktage, die von Journalisten stets intelligent genutzt würden.

In der sich anschließenden Podiumsdiskussion ‚Osteuropa – und wie ich darüber berichte‘, diskutierten die Journalisten Dr. Gerhard Gnauck (Die Welt), Claudia von Salzen, (Tages- spiegel), Robert C. Schwartz, (Deutsche Welle), und Karl-Peter Schwarz, (Frankfurter Allgemeine Zeitung). Ein Beispiel der Diskussion war die Annexion der Krim, und wie in der Berichterstattung damit umgangen wurde.

Zum Abschluss des ersten Programmteils folgte ein Vorstellungsreigen der deutschsprachigen Zeitungen aus Georgien, Kroatien, Polen, Rumänien, Russland, der Tschechischen Republik, der Ukraine, Ungarn und dem Baltikum. Einige der genannten Zeitung-
en möchte ich den Lesern vorstellen.

Die Budapester Zeitung, ein 1999 gegründetes Wochenmagazin, versteht sich nicht als Minderheiten-Blatt, sondern hat als Zielgruppe deutsch- und englischsprachige Investoren und Diplomaten. Das englischsprachige Magazin erscheint seit 2003 unter dem Titel The Budapest Times.

Die Neue Zeitung, Budapest, als Wochenzeitung für die in Ungarn lebende deutsche Minderheit 1957 gegründet, enthält 20 Seiten im DIN-A4 Format, davon 4 Seiten für Kinder und Jugendliche.

Das Landesecho, Prag, früher: Landeszeitung, ist ein Monatsmagazin von 30 Seiten für die deutsche Minderheit, mit einer Auflage von 1.700 Exemplaren. Allerdings ist die Publikation nur im Abonnement erhältlich. Finanziert wird sie vom tschechischen Kulturministerium und sie wird vom IfA für einzelne Projekte unterstützt.

Das Wochenblatt Prager Zeitung – Die Wochenzeitung aus der Mitte Europas, gegründet im Dezember 1991, ist keine Minderheitenzeitung; sie berichtet auf 16 Seiten über aktuelle Themen aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur. Die Prager Zeitung sieht sich als Nachfolgepublikation des berühmten Prager Tageblatt, für das u. a. der legendäre Journalist Egon Erwin Kisch schrieb.

Auch die Moskauer Deutsche Zeitung ist keine Minderheitenzeitung. Sie wurde 1870 gegründet und erschien bis 1914 nur in deutscher Sprache. Kriegsbedingt musste sie ihr Erscheinen einstellen, und wurde erst 1998 wieder gegründet. Sie nennt sich im Untertitel: Unabhängige Zeitung für Politik, Wirtschaft und Kultur. Die Auflage beträgt 25.000 Exemplare; sie liegt in Hotels, Cafes und an den Flughäfen aus.

Rumänien war durch zwei Zeitungen vertreten: Die Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien (ADZ), Bukarest, gegründet 1949 als Tageszeitung Neuer Weg, die seit 1993 unter dem Namen ADZ erscheint, mit der Banater Zeitung und der Karpatenrundschau einmal die Woche im Mantel der ADZ. Herausgeber ist das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien.

Die Hermannstädter Zeitung stellte Chefredakteurin Beatrice Ungar am zweiten Programmtag ausführlich vor: Gegründet 1968 als Hermannstädter Zeitung, musste sie sich 1971, während der Ceaușescu-Ära in Die Woche umbenennen. Im Dezember 1989 erhielt sie wieder ihren ursprünglichen Namen. Bei einer Auflage von ca. 2.100 Exemplaren, werden 41 Prozent an Abonnenten ins Ausland verschickt.

Die Kaukasische Post, Tiflis/Georgien, war ein weiterer Programmpunkt des zweiten Tages. Gegründet wurde sie 1906 vom Baron Kurt von Kutschenbach als Tageszeitung für die Kaukasien-Deutschen im Nordkaukasus, in Georgien, Aserbaidschan und Armenien. Im Ersten Weltkrieg stellte sie das Erscheinen ein, und ebenso nach Gründung der Georgischen Sozialistischen Sowjetrepublik 1922. Ab 1994 konnte sie erneut erscheinen. Seit 2011 nun als Monatszeitung für Wirtschaft und Politik. Eine deutsche Minderheit gibt es kaum noch, berichtete Redakteur Rainer Kaufmann.

Die wöchentlich erscheinende Zeitung Wochenblatt, Opole/Oppeln, – früher Schlesisches Wochenblatt – , wurde 1990 gegründet, und erscheint zweisprachig. Berichtet wird darin aus Politik, Kultur und Wirtschaft, früher schwerpunktmäßig aus der Region Oppeln, heute über Ereignisse im ganzen Land. Die Auflage beträgt ca. 5.800, und unterstützt wird die Zeitung hin und wieder vom IfA.

Die Deutsche Gesellschaft hatte auch Vertreter der deutschsprachigen Presse aus Westeuropa eingeladen, aber nur die Tageszeitung Der Nordschleswiger reagierte positiv, und Chefredakteur Gwyn Nissen nahm an der Tagung teil.

Gegründet wurde sie 1946, als erste deutschsprachige Wochenzeitung in Westeuropa! Seit 1951 erscheint Der Nordschleswiger als Tageszeitung, und ist aufgrund der Berichterstattung über Ereignisse innerhalb der deutschsprachigen Minderheit in Dänemark, und aus Deutschland, bei den Kollegen der dänischsprachigen Presse sehr geschätzt. Seit 2008 besteht eine enge Kooperation zu der in Flensburg erscheinenden dänischsprachigen Tageszeitung Flensborg Avis.

Zum Abschluss wurden noch zwei Workshops durchgeführt: „Was tun? Gegen Propaganda und ihre Wirkung“, sowie: „Junge Leser gewinnen – Wie erreiche ich mehr Schüler und Studenten mit meiner Publikation und über das Internet?“ Den ersten Workshop gestaltete die Journalistin Gemma Pörzgen, Vorstandsmitglied von „Reporter ohne Grenzen“, und Björn Akstinat, Leiter der Internationalen Medienhilfe den zweiten. Die Zeit war einfach zu kurz, um die in den Workshops anstehenden Fragen auszudiskutieren.

Abschließend sei noch auf die Internationale Medienhilfe verwiesen: eine unabhängige und praxisnahe Organisation, gegründet in den 90-er Jahren in Berlin. Sie vermittelt u. a. Praktikanten für die Redaktionen der deutschsprachigen Zeitungen im Ausland, und ist Kooperationspartner der Deutschen Gesellschaft e.V. als auch des IfA.

Die Tagung diente auch dazu, Kontakte zwischen den Teilnehmern zu knüpfen, und/oder diese zu vertiefen. Ebenfalls ein wichtiger Verdienst der Deutschen Gesellschaft!

Elke SABIEL

 

Gruppenbild mit Veranstaltern, Referenten, Moderatoren und Teilnehmern im Europa-Saal der Deutschen Gesellschaft e. V.

Foto: Deutsche Gesellschaft e. V.

 

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Bildung.