Martin Häner ist Co-Kapitän der Feldhockey-Auswahl Deutschlands
Ausgabe Nr. 2492
Martin Häner aus der deutschen Hauptstadt Berlin war 14 Jahre alt, als er von einer Zeitung gefragt wurde, warum er so gerne Hockey spielt. Da hatte er gerade seine erste Deutsche (Jugend-) Meisterschaft gewonnen. „Um Titel zu gewinnen“ war die spontane Antwort des Youngsters. Inzwischen ist Martin ein internationaler Hockeystar geworden. 184 cm groß und 83 kg schwer. Titel hat der inzwischen 27-Jährige fleißig gesammelt. So den Olympiasieg 2012 in London. Und nun steht er in Rio de Janeiro wieder in der deutschen Stammelf, ist Co-Kapitän. Was aber noch nie erwähnt wurde: Martin Häner hat Wurzeln in Siebenbürgen. Sein 2005 verstorbener Großvater Michael Häner war ein Siebenbürger Sachse, geboren 1916 in Jakobsdorf/Iacobeni, eine Gemeinde im Oberen Harbachtal. Im Folgenden lesen Sie dazu einen Bericht, den Vater Jürgen Häner der Hermannstädter Zeitung zugeschickt hat:
Inzwischen wohnen die noch lebenden Verwandten alle in der Bundesrepublik Deutschland. Einer davon, Georg Philp aus Jakobsdorf, ist sein Patenonkel. Doch Martin kennt auch weitere sächsische Cousins seines in Deutschland geborenen Vaters Jürgen Häner, der 1973 erstmals die Heimat seines Vaters Michael besuchte.
Zehn Jahre später besuchte Martins Vater mit seiner Berliner Frau Marlies nochmals das Land seiner väterlichen Vorfahren. Dabei durchstreiften die Eltern die Nordkarpaten, besuchten viele Moldauklöster, um dann durch den „Höllenschlund“ Siebenbürgen zu durchkreuzen bis ins Harbachtal – sie lernten dabei wunderschöne Landstriche kennen, die Großvater Michael nie gesehen hatte. Und in Jakobsdorf gab es das erste vernünftige Essen, u.a. unvergessliches Auberginenmus.
Diese enge Beziehung zur Heimat seines Großvaters hat sich auf Martin übertragen. Als er in der Schule eine Arbeit über ein Land schreiben musste, wählte er Rumänien – wie schon vorher sein zwei Jahre älterer Bruder Johannes, der auch Hockeyspieler wurde und mehrere Jahre Kapitän einer anderen deutschen Bundesligamannschaft war, als der, in der Martin spielte. Sie lieferten sich manches Bruderduell in packenden Derbys.
Die Schulzeit liegt längst hinter Martin Häner. Um sein Englisch zu verbessern, ging er zunächst für ein Jahr nach England. Natürlich spielte er auch dort Hockey. Mit seiner Unterstützung schaffte es der East Grinsteadt HC erstmals in seiner Geschichte, sowohl den nationalen Hallen- als auch den Feldhockeytitel zu gewinnen.
Zurück in Deutschland, ging die Titeljagd weiter: 2009 Juniorenweltmeister und Kapitän des Teams, 2011 Europameister mit den Herren, 2012 Deutscher Meister mit seinem Verein, dem Berliner Hockeyclub, und Olympiasieger, 2013 erneut Europameister. Und nun steht die Titelverteidigung in Rio auf der Agenda. Doch Martin Häner ist realistisch: „Das Viertelfinale ist Pflicht, und wenn wir das gewinnen, ist alles drin“. Deutschland war schon 2008 Olympiasieger. Ein Sieg 2016 wäre also das Triple in Folge.
Die Rolle, die Martin Häner im deutschen Hockey spielt, ist ihm auf den Leib geschneidert. Als „Boateng auf dem Hockeyplatz“ hat ihn kürzlich eine Berliner Lokalzeitung bezeichnet. Das soll besagen: „Häner plant die Angriffe und baut sie aus der Defensive auf.“ Er ist der Denker und Lenker des Spiels und daneben einer der weltbesten Verteidiger, als solcher ausgezeichnet bereits bei der Weltmeisterschaft in Indien 2010.
Ein weiterer Titel besonderer Art ziert die Trophäenwand von Martin Häner. Hockey ist in Deutschland kein Profisport. Jeder Spieler muss nach seiner Hockeykarriere sehen, wovon er seinen Lebensunterhalt bestreitet. Für Martin Häner wird das der Beruf als Arzt sein. Nach der Olympiade in Rio beginnt er sein praktisches Ausbildungsjahr, die ersten Monate in der Schweiz. Eine solche duale Karriere, die sich auszeichnet durch sportliche Spitzenleistung und vorbildliche akademische Leistungen, zeichnete die Deutsche Bank im Jahr 2013 erstmals mit einem Stipendium aus. Martin Häner war der erste Gewinner.
Wie aber kommt ein Junge in Deutschland überhaupt zum Hockey? Fußball läge doch viel näher. Bei Martin Häner lag der Fußballplatz in Berlin in der Tat nur fünf Minuten zu Fuß entfernt. Doch die Leiterin seines evangelischen Kindergartens war eine Hockeytrainerin. Und so ließ sich der damals Fünfjährige von seinen Eltern quer durch die Stadt zum Hockeytraining fahren – und blieb dabei. Natürlich spielte er auch Fußball in der Schule, Handball, und bis heute Beachvolleyball oder Basketball – als Ausgleichssport mit Freunden. In der Schweiz freut er sich aufs Skifahren, das er in seiner Kindheit lernte, als Hockey-Nationalspieler aber aus Sicherheitsgründen lange nicht mehr betreiben konnte.
In seinen Hockeysport investiert der Nationalspieler mit seiner Bundesligamannschaft vier bis fünf Trainingseinheiten in der Woche und am Wochenende meist zwei Meisterschaftsspiele. Für das Nationalteam kommen noch drei bis vier Einheiten in der Woche für Athletikeinheiten hinzu (Springen/Kraft/Ausdauer). Vor den Olympischen Spielen 2016 kamen weitere rund 100 Lehrgangstage im In- und Ausland hinzu.
Martin Häner ist auch Athletensprecher der deutschen Nationalmannschaft und wirbt für Hockey: „Hockey ist ein optimaler Sport für Kinder, denn hier werden so gut wie alle für das Leben wichtige Eigenschaften geschult: Neben Teamfähigkeit vor allem Disziplin, Organisation, Belastbarkeit und auch der soziale Aspekt. Das sind Eigenschaften, die Hockeyspieler auch nach ihrer sportlichen Karriere für die Wirtschaft attraktiv macht“.
Martin Häner.
Foto: DHB/Deutsche Hockey-Agentur