Das Hetzeldorfer Altenheim in einem einzigartigen Dokumentarfilm
Ausgabe Nr. 2479
Kamera ab. Eine Blaskapelle spielt das Volkslied „Waldeslust“. Zwei alte Männer sitzen an einem Tisch und sprechen über die Bedingungen in den Altenheimen, in denen sie wohnen. Sie befinden sich im Hof des Altenheims in Scholten, wo gerade das Peter und Paul Fest stattfindet. „Arbeit macht das Leben süß, Faulheit stärkt die Glieder“, sagt der 75-jährige Lorenz Auner zu seiner neu gewonnenen Bekanntschaft. Dieser Spruch wurde zum Titel des Dokumentarfilms von Claudia Funk, der vor kurzem auf DVD erschienen ist.
„Der etwas andere Film über das Älterwerden“ entstand, nachdem Claudia Funk 2007 mit ihrer Familie im Urlaub Siebenbürgen bereiste. In Malmkrog hatte sie beim Kronenfest die Bewohner des Altenheims Hetzeldorf kennengelernt, die – wie sie in einem Interview, das ebenfalls auf der DVD zu sehen ist, erklärt – „so viel Würde ausstrahlten und eine sehr große Eigenständigkeit noch im Alter hatten.“ Diese Begegnung hat dazu geführt, dass sie ein paar Jahre später mit der Kamerafrau Julia Weingarten zurückkehrte, um die Bewohner des Hetzeldorfer Altenheims zu filmen.
In dem 89-minütigen Film lernt der Zuschauer durch die Gespräche der Altenheimbewohner den Ort und die Lebensweise der Seniorinnen und Senioren kennen. Jeder hat seinen Platz in der kleinen Gemeinschaft und jeder hat eine Beschäftigung. Anna Stirner (79 Jahre) hilft im Garten, Johann Klatt (83 Jahre) hütet die Schafe und führt Touristen in die Hetzeldorfer evangelische Kirche, Georg Weber (57 Jahre) versorgt zusammen mit Lorenz Auner die Kühe. Es wird auf spannende und humorvolle Weise gezeigt, wie in Hetzeldorf erfolgreich das Modell eines gemeinsamen, würdevollen Lebens im Alter praktiziert wird.
Die Regisseurin greift gar nicht in die Bildsprache ein, es ist, als würden die Altenheimbewohner direkt mit dem Zuschauer sprechen. „Die Kamera sah aus wie ein Fotoapparat, das ließ die Protagonisten vergessen, dass wir da sind, dass die Kamera läuft. Die Intimität der Szenen ist auch dadurch entstanden, dass die Kamera-frau sehr geduldig war“, erklärt Claudia Funk in dem Interview. Letztere empfand die bisherige Reaktion auf den Film als sehr positiv. „Viele Leute haben sich davon berührt gefühlt, wie man mit wenig Mitteln eine sehr große Herzlichkeit erzeugen kann und mit wie viel Liebe und Zuwendung die Menschen dort gepflegt und begleitet werden. Das ist ein allgemeines Bedürfnis, was viele in Deutschland nicht bedient sehen“, fügte Funk hinzu, die sich ein ähnliches Modell des Altenheims in Hetzeldorf für Deutschland wünschen würde.
„Arbeit macht das Leben süß, Faulheit stärkt die Glieder“ ist ein fesselnder und rührender Dokumentarfilm, der durch das besondere Thema aber auch durch die besondere Perspektive punktet und absolut sehenswert ist.
Cynthia PINTER
Arbeit macht das Leben süß/Faulheit stärkt die Glieder. Ein Dokumentarfilm von Claudia Funk. DVD 9, 2015. www.good movies.de