Verhaltener Stehapplaus

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Gastspiel des Deutschen Staatstheaters Temeswar
Ausgabe Nr. 2477
 
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Lange mussten die Hermannstädter und Temeswarer Theaterfans darauf warten. In diesem Jahr war es soweit. Auf Initiative von Constantin Chiriac, Intendant des Radu Stanca-Nationaltheaters Hermannstadt und mit Unterstützung des Demokratischen Forums der Deutschen in Hermannstadt fand ein Gastspiel-Austausch zwischen der deutschen Abteilung des Hermannstädter Theaters und dem Deutschen Staatstheater Temeswar statt. Am 24. März gastierten die Hermannstädter mit dem Stück Panik. Männer am Rande des Wahnsinns“ in Temeswar und am Dienstag zeigte das Deutsche Staatstheater Temeswar in Hermannstadt „Das Missverständnis“ von Albert Camus unter der Regie von Bocsardi Laszlo. Im beinahe vollen Theatersaal saß ein gespanntes und neugieriges, aber auch theatererprobtes Publikum.

 Zum Inhalt: Von Unruhe getrieben, kehrt Jan (Georg Peetz) zurück in seine Heimat, die er vor zwanzig Jahren verlassen hatte. Unter falschem Namen mietet er sich in dem von Mutter (Ida Jarcsek-Gaza) und Schwester Martha (Enikö Blennesy) geführten verlassenen Gasthof ein. Er hat sich, trotz der Warnungen seiner Frau Maria (Ioana Iacob), nicht zu erkennen gegeben, das Schicksal nimmt seinen Lauf. Die Mutter und ihre Tochter Martha sind eiskalte Mörderinnen. Sie bringen in ihrer kleinen Pension in Böhmen Gäste um, die sie für reich halten, um ihrem Wunsch näher zu kommen, ein Leben am Meer zu führen. Letztendlich bringen sie auch den unerkannten Heimkehrer aus Übersee um, der es dort zu Vermögen gebracht hat und seine Verwandten daran teilhaben lassen will. Er scheitert am „Missverständnis“, das dann auch die Mutter in den Selbstmord treibt.

Das Drama in drei Akten wurde von dem französischen Nobelpreisträger Albert Camus (1913–1960) in Paris unter deutscher Besatzung 1943 geschrieben und 1944 uraufgeführt. In Temeswar feierte das Stück am 7. Juni 2012 Premiere.1-dstt

Zu den Schauspielern: Man kann leider nicht sagen, dass alle Schauspieler gleich gut gespielt haben. Das kann man wohl selten, trotzdem war die schauspielerische Leistung von Georg Peetz den anderen weit überlegen. Von Ida Jarcsek-Gaza kam kein Gefühl auf den Zuschauer rüber. Vielleicht war das die Absicht des Regisseurs, dann sei diese Kritik entschuldigt. Aber zu erfahren, dass man gerade seinen eigenen Sohn aus Versehen umgebracht hat und keine Gefühlregung zu zeigen, ist etwas sonderbar. Enikö Blennessys Dialog war teilweise akustisch nicht erfassbar; zum Teil lag das daran, dass sie zu leise sprach, dazu kam noch ein gewöhnungsbedürftiger ungarischer Akzent, der das Verstehen erschwerte. Zum Glück wurde die Vorstellung Rumänisch übertitelt.

Ioana Iacob hatte nur zwei Auftritte, die zu kurz waren, um sich einen Eindruck über ihre schauspielerischen Fähigkeiten machen zu können, für ihre Rolle war sie aber überzeugend genug.

Und dann gab es noch eine bizarre, stumme Clownsfigur (oder war es ein Zimmermädchen?) gespielt von Sorin Leoveanu, die, so absurd und komisch sie auch war, es schaffte, das Publikum zu erheitern.

Das Hermannstädter Publikum war etwas verhalten beim Stehapplaus. Das spricht für sich.

Cynthia PINTER

Foto 1: Szenenbild mit Ioana Iacob und Georg Peetz.

Foto 2: Die fünf Darsteller – Georg Peetz, Ida Jarczek-Gaza, Enikö Blennessy, Ioana Iacob und Sorin Leoveanu (v. l. n. r.) bedanken sich für den Applaus. 

Fotos: Cynthia PINTER

 

 

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Theater.