Ausgabe Nr. 2457
10. Auflage des Ars Hungarica Festivals gefeiert
Das Festival sei in den zehn Jahren ein „kultureller Brand“ in der Region geworden. Darauf deuteten Bürgermeisterin ad interim Astrid Fodor bei der Vernissage der Retrospektive-Ausstellung „Druckgrafik aus den 70ern“ von Stefan Orth im Rathaus als auch Serfőző Levente, Hauptveranstalter und Vorsitzender von HID, dem Verein der Hermannstädter Ungarn später im Rahmen der offiziellen Erföffnung hin. Wie jedes Jahr gab es auch dieses Mal zahlreiche kulturelle Veranstaltungen für jedes Alter und jeden Geschmack.
Den künstlerischen Teil der offiziellen Eröffnung bestritt die Kinderphilharmonie aus Wlachendorf/Vlăhiţa, die auch schon vor 10 Jahren im Rahmen des Ars Hungarica Festivals, damals auf dem Groβen Ring, die Zuschauer begeisterte. Einige der Jugendlichen sollen auch damals dabei gewesen sein.
Vernissagen fanden außer im Rathaus auch im Ratturm und im Studiosaal im Franz-Binder-Museum statt, wo nun die Ausstellungen „Memento“ bzw. „Betyárkártyak“ von Vargyas Ildikó zu sehen sind. In der Ausstellung „Betyárkártyak“ sind Aquarellen, unter anderem von 12 ungarischen Betyáren zu sehen. Die Idee kam vom Lebenspartner der Künsterin, der leidenschaftlicher Kartenspieler ist und sie einmal fragte, ob sie für ihn ungarische Spielkarten machen wolle, die ungarische Figuren enthalten. Die ungarischen Spielkarten enthalten bekanntlich Figuren aus der Schweizer Wilhelm-Tell-Sage, die symbolisch für die Auflehnung gegen die Habsburgerherrschaft stehen. Betyáren sind ehemalige Verbrecher, die später zu Legenden wurden und als Volkshelden angesehen wurden und, so die Künstlerin, die „Freiheit in der ungarischen Kultur verkörpern“. Die Künstlerin stammt aus Untersdorf/Joseni/Gyergyóalfalu, kam aber durch ihr Studium nach Pécs/Fünfkirchen, wo sie seit 13 Jahren wohnt.
Im Rahmen des Vortrags „Das ungarische Hermannstadt“, beschrieb Benjámin Józsa, ehemaliger Ungarischlehrer, das ungarische Leben in Hermannstadt, wobei er u. a. alle ungarischen Persönlichkeiten, Publikationen, Einrichtungen, Geschehnisse, die mit Hermannstadt in irgendeiner Weise zusammenhängen, aufzählte. Die urspüngliche Wandmalerei in der evangelischen Stadtpfarrkirche soll übrigens ein Künstler, angeblich ungarischer Herkunft, namens Rozsnyói Janos um 1444 gemalt haben, der inschriftlich als Iohannes de Rozenaw (Johannes von Rosenau) bezeichnet wird.
19 Malereien in denen das „Millieu“ Hermannstadts, Schäßburgs und Kronstadts zu sehen sind, stellte der ungarndeutsche Künstler Forster Jakab im Haus des Deutschen Forums aus. „Von Ungarn aus kann man Siebenbürgen nicht kennen lernen, so bin ich hergekommen“, sagte Forster. 2013 war er das erste Mal in Hermannstadt, lernte zufällig auf dem Großen Ring Serfőző kennen, den er ungarisch sprechen hörte. Sowohl Vater, als auch Mutter von Forster sind deutscher Abstammung, wobei mit den Kindern „Schwäbisch“ gesprochen wurde. „Unsere Mutter sprach im Dialekt mit uns, wir Kinder antworteten auf Ungarisch“, sagte Forster „Ich habe nie ein Wort des Dialektes in den Mund genommen. Das Umfeld war damals so, dass ich mich schämte“. Hochdeutsch lernte er in der Schule nicht und für privaten Deutschunterricht war die Familie zu arm. Forster bezeichnet sich als ein Zugehöriger der „Zwischengeneration“. „In mir steckt Identität, leider kann ich Hochdeutsch nicht“, sagte Forster. „Die Jugendlichen können heutzutage sehr gut Deutsch, allerdings fehlt ihnen die Identität.“
Eine der erfolgreichsten Veranstaltungen war das Orgelkonzert in der evangelischen Stadtpfarrkirche des berühmten Organisten Varnus Xavérs aus Ungarn. Etwa 200 gespannte Zuhörer kamen zum Konzert. „Ich habe verstanden, dass es um eine siebenbürgisch-sächsische Stadt geht, dass die Hermannstädter damals so tief in die Tasche griffen, um den bekanntesten Orgelbauer der Welt herzubringen, das ist außergewöhnlich“, antwortete Varnus Xavér auf die Frage, wie es war, auf der Sauer-Orgel in der Hermannstädter Stadtpfarrkirche zu spielen. Varnus kannte bereits die Sauer-Orgeln vom Berliner Dom oder von der Thomaskirche in Leipzig. Zum Hermanstädter Repertoire wählte er das Adagio von Tomaso Albinoni, fünf Werke von Johann Sebastian Bach aber auch einen Madrigál und „Faunok tánca“ von Antalffy-Zsiross Dezső. Diese beiden Werke wählte Varnus weil Antalffy-Zsiross Dezső sie zur Einweihung der Sauer-Orgel 1905 im Berliner Dom schrieb. Varnus Xavérs spielte nicht zum ersten Mal in Siebenbürgen. 2009 weihte er die neue Orgel in der katholischen Kirche in Sankt Georgen ein und spielte dann am nächsten Tag auch in Kronstadt. Die Orgel in „Ozsdola“, in Ojdula, einem kleinen Ort im Kreis Covasna, weihte er ebenfalls ein. In Großwardein war er schon mehrmals Gast und im Dezember im letzten Jahr in Temeswar.
Foto 1: Bei der offiziellen Eröffnung des Festivals trat die Kinderphilharmonie aus Wlachendorf/Vlăhița im Thaliasaal unter der Leitung von Sándor Haáz auf.
Foto: Werner FINK
Foto 2: Bei der Vernissage der Stefan Orth-Retrospektive im Foyer des Rathauses (v. l. n. r.): die Kunstkritikerin Maria Olimpia Ciungan, der Künstler Stefan Orth, die Bürgermeisterin ad interim Astrid Fodor und Hauptorganisator Levente Serfözö.
Foto: Beatrice UNGAR
Foto 3: Eine der erfolgreichsten Veranstaltungen war das Konzert des berühmten Organisten Varnus Xavérs (im Bild am Spieltisch der Sauer-Orgel) aus Ungarn, in der evangelischen Stadtpfarrkirche, zum Abschluss der Ungarischen Kulturtage am Mittwoch der Vorwoche.
Foto: Werner FINK