Ausgabe Nr. 2434
Zehnter Internationaler Kongress der Germanisten Rumäniens in Kronstadt
Vom 1.- 4. Juni d. J. fand in Kronstadt, von den Medien fast unbeachtet, der immerhin zehnte Internationale Kongress der Germanisten Rumäniens statt. Die Veranstaltung wird alle drei Jahre an jeweils wechselnden Hochschulen vom dortigen Germanistik-Fachbereich veranstaltet, was zeigt, dass die Germanistik in Rumänien an vielen Orten durch zum Teil kleine, aber aktive Lehrstühle vertreten ist.
Diesmal nun also Kronstadt, die Stadt unter der Zinne! Die sich extra für die vielen Besucher in ungewohnt hochsommerliche Temperaturen gehüllt hatte und trotz täglicher Gewitterwarnung unbeirrt blauen Himmel aufzeigte. Der dafür hervorragend geeignete Austragungsort war die Aula Magna der Transilvania-Universität. Wer sich darunter einfach einen großen Konferenzraum vorstellt, irrt. Es handelt sich um ein imposantes dreigeschossiges Gebäude mit parkähnlichem Vorplatz, das natürlich auch besagten großen Konferenzraum anzubieten hat, dazu aber auch eine größere Anzahl an Seminarräumen, alle mit moderster Technik und jeweils eigenem! drahtlosen Internetzugang versehen, so dass alle kongressgebundenen Veranstaltungen, seien es Plenum, Arbeit in Sektionen oder Lesungen dort ausgetragen werden konnten. Der großzügig geschnittene öffentliche Bereich erlaubte es, ihn sowohl für das täglich besetzte Tagungssekretariat als auch für die Kaffeepausen zu nutzen bzw. die Mahlzeiten dort einzunehmen, was bei knapp 160 Teilnehmern ein gewisses logistisches Geschick voraussetzte.
Am 1. Juni morgens um neun ging es mit einem ausgedehnten Plenum los, zu dem sowohl erlesene musikalische Einlagen (geboten von Elena und Paul Cristian), Grußworte der Gastgeberin Carmen Elisabeth Puchianu, des (abwesenden) Präsidenten der Gesellschaft der Germanisten Rumäniens, George Guțu, der Prorektorin Mihaela Gheorghiu, des österreichischen Botschafters Gerhard Reiweger, der Vertreter der Deutschen Botschaft (Uwe Koch), des Instituts für Kultur und Geschichte der Deutschen in Südosteuropa aus München (Enikö Dácz) und des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (Dieter Müller), als auch zwei Plenarvorträge gehörten.
Anschließend wurde bis abends in verschiedenen Sektionen getagt. Die Thematik der Sektionen war so präzise formuliert, dass in manchen von ihnen nur wenige Referenten antraten, was durchaus kein Nachteil war. So konnte man nach einem angeregten Fachgespräch im eigenen Forschungsbereich anschließend auch an den Treffen einer oder mehrerer anderer Sektionen teilnehmen. Im Bereich Sprache gab es die sehr gut besuchten Sektionen „Theoretische und angewandte Linguistik“ und „Varietäten- und Kontaktlinguistik“; im Bereich Literatur „Die Literatur und ihre mediale Vermittlung“, „Interkulturalität zwischen Hybridität und Interreferenzialität“, „Der Erste Weltkrieg in Wort und Bild“, „Die deutschsprachige Migrationsliteratur zwischen Eigenständigkeit und Globalisierung“, dazu die bereichübergreifende Sektion „Raumkonstruktionen in den deutschsprachigen Literaturen in und aus Ost-, Mittel- und Südosteuropa“, eine Sektion zur Didaktik des Deutschunterrichts, eine Sondersektion „Emanzipation und Manipulation. Mittel und Wege der deutschsprachigen Moderne und Postmoderne“, eine rumänischsprachige Sektion „Interculturalitate în acțiune. Interreferențialități literar-culturale” und eine Sektion Translationswissenschaften.
Es ist nicht nur so, wie eingangs gesagt, dass die Germanistik in Rumänien durch gute Leute und Fachbereiche präsent ist, sondern es ist auch für Nachwuchs gesorgt. Und damit Hänschen beizeiten lernt, wie der wissenschaftliche Betrieb läuft, gab es natürlich auch ein Nachwuchsforum für die zukünftigen Germanisten.
Der zweite Kongresstag wurde ebenfalls von zwei Plenarvorträgen eingeläutet, worauf bis abends in den Sektionen weitergearbeitet wurde.
Beide Abende wurden durch hochkarätige Lesungen abgerundet. Am ersten Abend lasen der aus Bulgarien stammende, in Österreich lebende Schriftsteller Dimitri Dinev und der aus dem Banat gebürtige, in Deutschland wohnhafte Horst Samson aus ihren Werken, wobei sie unter der fachkundigen Moderation von Olivia Spiridon (Tübingen) auch Einiges über ihren Werdegang erzählten. Der zweite Abend gehörte den in Rumänien wirkenden Schriftstellern Joachim Wittstock und Caius Dobrescu, deren Lesung von Carmen Puchianu und Robert Elekes moderiert wurde.
Damit das Landeskundliche bei so vielen in- und ausländischen Gästen nicht zu kurz komme, boten die Veranstalter am Mittwoch, dem 3. Juni, eine Exkursion zu den Kirchenburgen in Tartlau und Honigberg an, wobei es in letzterer auch ein Orgelkonzert gab. Anschließend wurde in Rosenau ein landesübliches Mittagessen geboten. Wer danach noch fit genug war, konnte auch die Rosenauer Burg besichtigen und dann ging es über die Schulerau zurück nach Kronstadt, wo die nimmermüde Carmen Elisabeth Puchianu zusammen mit Robert Elekes am Abend das Theaterstück „Pflegefall” darboten.
Nach einem abschließenden Plenum, während dem auch der Austragungsort des nächsten Kongresses festgelegt wurde, ging es ans Abschied nehmen, was gar nicht so leicht fiel. Die vier Tage haben nicht nur zum fachlichen Austausch Gelegenheit geboten, sondern auch zum Auffrischen älterer und neuerer Freundschaften, zum Schließen neuer Bekanntschaften, zum gegenseitigen Einladen zu lokalen Tagungen – kurzum zur Pflege eines globalen Germanistennetzwerks, waren da ja Teilnehmer nicht nur aus anderen europäischen Ländern, sondern sogar von anderen Kontinenten dabei.
So hieß es dann am Ende mit einem weinenden und einem lachenden Auge „Auf Wiedersehen 2018 in Großwardein!”
Sunhild GALTER
Aus Hermannstadt dabei waren (v. l. n. r.): Sigrid Haldenwang, Gudrun Ittu, Sunhild Galter, Doris Sava und Maria Sass.
Foto: Beatrice UNGAR