„Das freundliche Gesicht der Gemeinde“

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Ausgabe Nr. 2372
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Achte Walburga-Preisträgerin der Heltauer Kirchengemeinde ist Ingrid Buertmes

 

Wir leben nicht in der Vergangenheit, unsere Gegenwart und unsere Zukunft ist Jesus Christus!” Mit diesen Worten schloss die diesjährige, die achte Walburga-Preisträgerin, Ingrid Buertmes, ihre Ansprache am Sonntag, den 2. März, in der evangelischen Kirche in Heltau.

 Die Mathematiklehrerin und engagierte Christin habe zunächst auf den Preis verzichten wollen, erzählte Stadtpfarrer Zorán Kezdi in der Einführung seiner Laudatio, habe dann doch akzeptiert, geehrt zu werden. Schließlich gehöre sie zu jenen Persönlichkeiten, die darum bestrebt seien „Licht in der Finsternis zu sein”, für welche dieser Preis 2006 bei der Wiederaufnahme des Walburgafestes, des Kirchweihfestes der Heltauer evangelischen Kirche, aus Initiative des damaligen Stadtpfarrers Stefan Cosoroabă gestiftet wurde.

Es ist wohl kein Zufall, dass nach einem Jahr Pause, bei der neuerlichen Walburgapreis-Verleihung zum Namensfest der Schutzpatronin der ursprünglich römisch-katholischen jetzt evangelischen Heltauer Kirche, erneut von Zukunft die Rede war. Als das Presbyterium der evangelischen Kirchengemeinde Heltau 2012 erstmalig den Preis einer Einrichtung, der Heimatortsgemeinschaft Heltau, zugedacht hatte, sagte deren Vorsitzender Heinz Hermann, als er das Preisgeld der Heltauer Jugendarbeit stiftete: „Wir investieren damit in unsere Zukunft. Das ist die einzig lohnende Investition.”

Die am 23. Mai 1943 in Heltau geborene Ingrid Buertmes hat als Lehrerin für Mathematik viel Kraft und Mühe in die Kinder und Jugendlichen „investiert”, sie gibt auch heute Nachhilfeunterricht. Dabei kam sie eher durch ein Versehen zum Mathematik-Studium: Ihr Mathematiklehrer wollte sie dazu überzeugen, Mathematik zu studieren, doch sie habe absichtlich bei der Abitur-Prüfung eine ihrer Meinung nach schwere Aufgabe gewählt, um ihm zu beweisen, dass sie nicht so gut sei, wie er dachte. Sie täuschte sich. Die Aufgabe erwies sich als leicht und so erhielt sie die Höchstnote bei dem Abitur und studierte dann in Kronstadt für das Lehramt Mathematik. Nach vier Jahren an der Schule in Weidenbach, musste sie näher nach Heltau ziehen, da ihre Mutter sie brauchte. So unterrichtete sie von 1968-1997 in Hermannstadt an den Schulen Nr. 12, Nr. 18, Nr. 2 und zuletzt an der Brukenthalschule. 1997 ging sie in Rente, unterrichtete aber weiter. Seit 2003 befindet sie sich nach eigener Aussage in der „Totalrente”. Neben dem Lehramt steht die Musik an zweiter Stelle. Ingrid Buertmes singt seit 1968 im Hermannstädter Bachchor, seit geraumer Zeit im Heltauer Kirchenchor und seit kurzem auch in der Singgruppe „Sälwerfäddem” des Hermannstädter Deutschen Forums. An erster Stelle in ihrem Leben und Wirken steht aber der christliche Glauben, und auch Stadtpfarrer Zoran Kezdi sagte, sie sei ein lebendiges Vorbild dafür, wie man Glaubensleben und Alltag verbinden kann, dafür, „was es bedeutet, aus dem Wort Gottes zu leben.” Als eingefleischte Mathematikerin rechnete Ingrid Buertmes den im Festgottesdienst am Sonntag Anwesenden vor, was es bedeuten würde, auch nur eineinhalb Stunden pro Tag dem Bibelstudium zu widmen. Pro Monat wären das ca. 45 Stunden!

Stadtpfarrer Kezdi hob auch hervor, wie freundlich die Preisträgerin „mit den Schwächsten unserer Gesellschaft” umgehe und mit wieviel Liebe und Bescheidenheit sie sich der Pflege des Friedhofs und des Kirchhofs widme. Wenn sie Touristen durch die Kirchenburg führt, zeige sie immer „das freundliche Gesicht der Gemeinde”. Zu ihrem Leben passe, so Kezdi, der Spruch von Albert Schweitzer: „Lasst uns so leben, dass wir haben, zu geben.” Im Gespräch mit Ingrid Buertmes dürfe man schließlich erleben und lernen „wie reich und fröhlich der Glauben einen Menschen macht”, schloss Stadtpfarrer Kezdi seine Laudatio.

Erwartungsgemäß stiftete Ingrid Buertmes das Preisgeld in Höhe von 2.000 Lei zur Hälfte der Friedhofspflege und dem Hermannstädter Bachchor für die Aufführung der Johannespassion am 8. April 2014.

Nachdem 2010 mit Ortrun Binder als Gemeindevertreterin  und seit 1990 Vorstandsmitglied des Heltauer Deutschen Forums erstmals eine Frau den Walburga-Preis erhielt, ist nun Frau Buertmes die zweite im Bunde, stellte Stadtpfarrer Kezdi noch fest.

Im Festgottesdienst hatte der frühere Stadtpfarrer Stefan Cosoroabă zu Jesaja 58, 1-9 gepredigt, wobei er sich vor allem dem Thema Enttäuschung widmete, das hier besonders angesprochen werde. Auf den ersten Blick passe dieses Thema nicht unbedingt zu einem Festtag, doch könne man Enttäuschung auch positiv werten, als Punkt von dem aus das Wesentliche erneut ins Blickfeld rückt.  So wünsche er allen „eine heilsame Enttäuschung” in dem Sinne, dass wir „dankbar sein sollten, dass wir geführt und geleitet werden, durch die Enttäuschung hin zur richtigen Sicht der Welt”.

Bei dem Altar-Umgang konnten Heltauer und Gäste an der Einfassung des mittleren Fensters hinter dem Altar eine Abbildung der Heiligen Walburga erkennen. Walburga war 710 in Wessex geboren und ging mit ihren Brüdern als Missionarin ins Kloster Tauberbischofsheim. Zuletzt war sie Vorsteherin des Doppelklosters Heidenheim, wo sie 779 starb. Sie gilt als Patronin der Wöchnerinnen, der Seeleute, der Bauern und der Haustiere und soll u. a. hilfreich sein gegen Hundebiss, Tollwut, Pest, Augenleiden, Sturm. Die Heltauer Kirche sei, so Stadtpfarrer Zoran Kezdi, „das einzige und östlichste Gotteshaus, das die damaligen Kolonisten Walburga geweiht haben. Von ihrem und unserem Engagement lebt unsere Kirche auch heute.ˮ

Nicht zuletzt sei die Anwesenheit der Deutschen Konsulin von Hermannstadt, Judith Urban, erwähnt, die der Heltauer Kirchengemeinde dankte für die stets freundliche Aufnahme bei Besuchen privater oder offizieller Art. Frau Konsul Urban hat sich am 6. März ausführlich mit Stadtpfarrer Kezdi und dem Presbyterium ausgesprochen.

Nach dem Festgottesdienst gab es im Kirchhof trotz Wind und Wolken eine von den Jugendlichen betreute Kaffee- und Kuchentheke, für die Frauen aus der Gemeinde wunderbare Kuchen gebacken hatten so dass die Anwesenden ins Gespräch miteinander aber auch mit der Preisträgerin und auch früheren Preisträgern kommen konnten.

Beatrice UNGAR

Foto 1: Kurator und Vizebürgermeister Johann Krech, Ingrid Buertmes und Stadtpfarrer Zoran Kezdi bei der Übergabe der Insignien und des Gutscheins mit dem Preisgeld (v. l. n. r.).                      

Foto 2: Der Kinderchor unter der Leitung von Grundschullehrerin Mihaela Fülöp gestaltete den Festgottesdienst mit.                         

Fotos: Beatrice UNGAR

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Gesellschaft.